[ Wichtig ! ] Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo zusammen,
in der Blütezeit der Platten-Laufbodenkameras hat es neben den großen Herstellern diverse kleine Hersteller dieses Kameratyps gegeben. Es war damals nicht unüblich, keine oder nur wenige Hinweise auf den Hersteller an den Kameras anzubringen.
Darüber hinaus wurden auf den Kameras des selben Herstellers unterschiedliche Objektiv- und Verschlußkombinationen montiert. Einige Firmen bauten Objektive und Kameras, andere eben nur Objektive oder Kameras.
Es gab Firmen, die nur für eigene Markennamen (Brands) bauten, andere Firmen bauten daneben auch für andere Firmen und setzten deren Brands auf (oder auch nicht). Wiederum andere Hersteller bauten nur für Fremd-Brands. Dabei konnte sich diese Strategie über die Jahre auch ändern.
Einige Firmen waren über Jahrzehnte am Markt, andere schafften es nur für kurze Zeit (ein bis ein paar Jahre).
Nicht wenige dieser Kameras hatten KEINE oder nur leicht übersehbare Markierungen (Logos, Namen) auf dem Gehäuse angebracht. Typische "Versteckorte" waren Einpressungen in der Belederung. Hier gibt es (aus heutiger Sicht) das weitere Problem, dass diese Beschriftungen teilweise auf dem abnehmbaren Mattscheiben-Teil angebracht waren, diese aber im Laufe der Jahrzehnte nicht mehr an der eigentlichen Kamera angebracht sind, vielmehr vertauscht wurden.
Das bedeutet: Nicht immer passt heute eine Mattscheiben-Einheit zur Kamera. Viele Plattenkameras haben nicht mehr die Originalrückseiten, Stichwort Millionenfalz:
Nicht vergessen darf man die damalige Praxis, dass Verkaufsgeschäfte (Läden, Filialen, Versandhäuser) eigene Markennamen (Hausmarken) verwendeten, dabei sogar unter ihrem Markennamen Kameras verschiedener Hersteller anboten.
Schließlich tauchen immer mal wieder Kameras auf, die umgebaut wurden, also wo Objektiv-Verschluß- Kassettefalz-Kombinationen anderer Kameras eingesetzt wurden.
Für den Sammler bedeutet das alles: Nicht jede alte Platten / Laufboden - Kamera ist eindeutig bestimmbar oder nur mit großer Mühe und vorhandener Sammlerkompetenz.
Auch in diesem Unterforum belegen die Fachdiskussionen die Problematik der Kamera-Bestimmung. So manche unbekannte Kamera wird (wurde) vorgestellt und auch zugeordnet oder eben auch nicht.
Spezialisten beurteilen feinste Details, forschen in eigenen Unterlagen, untersuchen (wenn vorhanden, zumeist an Objektiven) Seriennummern, führen diese Erkenntnisse zusammen. So ist auch hier schon manche Kamera aus dem Zustand "unbekannt" entrissen worden.
p.s. Es gibt neben den Internetquellen auch Katalog-Literatur ( Abring, McKeown, Umstätter, Kadlubek, usw), die bei der Zuordnung helfen können, ABER: Bei den Platten / Laufboden - Kameras helfen diese Quellen oft nicht, weil die Katalogfotos oft nicht aussagekräftig sind oder nicht ausreichend auf die unterschiedlichen Objektiv / Verschluß / Falz--Kombinationen eingegangen wird.
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Aus Negativ wurde Positiv. Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts. Fotoapparate sind Zeitmaschinen, sie können die Vergangenheit erhalten.
Zur Bestimmung von Herstellern deutscher Laufboden-Plattenkameras (1 von 3)
Hallo allerseits,
Ich versuche mich dem obigen Thema anzunähern, es ist aber alles im Fluss, weil es laufend neue Erkenntnisse gibt.
Es gibt, zum Einen, Hersteller, die so gut wie immer ihren Namen auf dem Produkt hinterliessen wie z.B. Ica, Zeiss-Ikon, Voigtländer, Plaubel, Feinak, Perka=Silar bei Porst, Goerz, Agfa, Kodak, Nagel, Nettel, Contessa-Nettel, Ihagee, Zeh=Zeca=Rhaco, Golz+Breutmann = Mentor, Kenngott, Bentzin, Glunz und Sohn, KWD, Franke+Heidecke ...
Zum Zweiten gibt es Hersteller die meist ihre Produkte mit Herstellernamen versahen, da wo es Unmarkierte gibt, sind sie leicht zuzuordnen, z.B. Hüttig, Wünsche, Dr. Krügener, Ernemann, Spitzer=Espi, Drexler+Nagel, Contessa, Rietzschel, Sommer, Foth ...
Dann gibt es, zum Dritten, Kameras, die oft keinen Herstellernamen besitzen. Hier tummeln sich die vielen Unbekannten. Aber ein bisschen Licht ins Dunkel hat man u.a. hier im Forum schon entzünden können. Hier nun mein letzter Stand der Materie:
Über die Veraxe von Unger+Hoffmann haben wir hier schon gesprochen. Sie besitzen typische Spreizen und Griffaufhängungen:
Bei Welta kann man mindstens 2 Grundtypen unterscheiden:
Grundtyp 1: glatte Z-förmige Spreize ohne Durchbrüche:
Grundtyp 2: durchbrochene gebogene Spreize mit aussenliegender spiraliger Spreizenfeder:
Weltas haben auch meist von oben in das Gehäuse geschraubte oder genietet Kugelförmige Griffaufhängungen, wobei das Gelenk der Plattenverriegelung oft in einer der beiden Griffaufhängungen integriert ist:
Über Balda wurde hier auch schon gesprochen.
Es gibt mind. 3 Grundtypen.
Grundtyp Nr. 1 hat zwei kleine silberfarbene unbewegliche Knöpfe als Handhabe und dahinter das silberfarbene längliche Gelenk zwischen Schlitten und U-Standarte. Ausserdem haben die Spreizen charakteristische Formen und v.a. die Spreizenaufhängung am Laufboden:
Grundtyp Nr. 2 hat als Handhabe zwei Stiftartige Hebel-Griffe, die man gegen innen drückt um den Schlitten zu bewegen. Ausserdem befindet sich zwischen ihnen ein Blech mit einem ausgestanzten Pfeil, der die Mitte der Standarte markiert. Die Spreizenfeder geht in einem weiten Schwung vom Laufboden aus nach hinten-oben weg zur Spreize:
Grundtyp Nr. 2a sieht aus wie Nr. 2, nur haben die Handhabengriffe eine andere Form:
Bei vielen Balda Plattenkameras haben die Griffaufhängungen diese Form:
Die Rückteile der Baldas sehen oft so aus:
Freitaler Kreis: Zu den Freitaler Firmen gehören Thowe, Beier und Erko. Diese Kameras haben viele Gemeinsamkeiten (alle haben Handhaben als Blechhebelchen, die man zueinander drückt um den Schlitten zu bewegen - diese Handhaben sehen übrigens aus wie die von Welta). Offensichlich haben diese drei Firmen auch den gleichen Kameratischler und andere Zulieferer.
Bei Beier gibt es mindestens 4 Grundtypen.
Grundtyp 1 hat dünne S-förmige zierliche Spreizen, mit einer Spreizenfeder die als Dorn senkrecht nach oben zeigt (späte Bülter+Stammer und frühe Orion-Kameras haben ähnliche Spreizen und Federn, doch sich die Spreizen dort etwas massiger, und die Feder zeigt leicht nach hinten):
Grundtyp 2 hat durchbrochene Sesselförmige Spreizen, mit einer Feder die an der Gelenksaufhängung hinten liegt:
Grundtyp 3 hat halbrunde, anders geformte Spreizen. Ich habe hierzu kein eigenes Bild, aber in der Beier Literatur ist dieser Typ als Lotte 1 bezeichnet.
Grundtyp 4 undurchbrochene Spreizen, ebenso kein Bild, wird aber als Lotte 2 bezeichnet.
Thowe Kameras haben grosse Ähnlichkeit mit Beier-Kameras Typ 2. Die Spreizen und die Federn sind gleich. Der Schlitten der Thowe Kameras besteht aber nicht aus gebogenem Blech (wie bei Beier), sondern sind aus einem massiven Stück Metall gefräst:
Zur Bestimmung von Herstellern deutscher Laufboden-Plattenkameras (2 von 3)
Thowe und Beier Plattenkameras haben oft diese Griffaufhängung:
Erko Kameras besitzen eine komplett andere Spreize wie die anderen Freitaler, sowie eine Spreizenfeder im Gehäuseinneren.
Das Gelenk des Rückwandverriegelungsknopfes ist unter der Abdeckung des Riemenaufhängeknopfes:
Die Handhaben sind mit 24mm Höhe, höher wie die der anderen Firmen:
Bülter+Stammer Kameras gibt es in mind. 3 Grundtypen, wahrscheinlich aber noch mehr.
Grundtyp 1 Der kastenförmiger Schlitten wird von einer bügelförmigen Handhabe bewegt: (B+S, 9x12, Extra Rapid Aplanat, Bausch+Lomp Verschluss)
(B+S, 6,5x9, Knoll Rigonar 6,8/10,5cm, Compound)
(B+S, 6,5x9, Goerz Dagor, Compound)
Grundtyp 2 besitzt als Handhaben zwei Tellerförmige Knöpfe, die zueinander gedrückt werden um den Schlitten zu bewegen:
Grundtyp 3 besitzt als Handhabe zwei durchbrochene, flügelartige Griffe: (B+S 9x12, Tessar 6,3/13,5cm, Rad-Compur)
Hier die Spreize und Spreizenfeder der B+S, die wie gesagt, Ähnlichkeit hat, mit denjenigen von Beier Typ 1:
Hier eine frühe Orion (die Nachfolgefirma von Bülter+Stammer): (Orion 6,5x9, Tessar 6,3/12cm, Rad-Compur)
Sie besitzt die gleiche Griffaufhängung wie die anderen B+S Kameras:
Ganz anders sieht die Orion Tropen Rio aus:
Arndt+Löwengard bzw. Kameras der Nachfolgefirma Dr. Lüttke und Arndt und ihre Nachfolgefirma Leonar (Leo=Löwe / -ar=Arndt) sind wieder ein eigenes Kapitel an kompliziert zu bestimmenden Kameras.
Meine beiden Dr. Lüttke+Arndt Kameras sind auf der einen Seite sehr verschieden, haben aber auch Gemeinsamkeiten: (Rollfilmkamera mit Mattscheibe und Einschub für Platten 9x12, Dr. Lüttke und Arndt Universal Rapid Aplanat)
(Laufbodenkamera 9x12, Dr. Lüttke+Arndt Extra Rapid Aplanat Leonar S. 2 No. 0 7,5/140mm, Luftbremsen-Koilos)
Beide Kameras haben die gleiche Standarte und den selben Pilzförmigen Drehknopf zur Höhenverstellung:
Die Rückteile der Kameras sind ebenso identisch:
Die Mechanik, die Drehknöpfe und so weiter habe ich schon bei vielen L+A`s gesehen:
Dies ist eine frühe Leonar, die ich über einen Original-Werbeanzeige von Leonar identifiziert habe: (Leonar 9x12, Rodenstock`s Extra-Rapid-Aplanat 7,7/135mm in Bausch+Lomp-Verschluss)
Der Vollständigkeit halber hier noch eine spätere Leonar:
Kochmann Enolde Plattenkameras sind relativ leicht zu identifizieren, denn sie sind die Einzigen mit einer dornartig nach unten zeigenden Speizenfeder an der Spreize: (Enolde 6,5x9, Friedrich Corygon Anastigmat 6,3/12cm in Foth-Verschluss)
(Enolde 6,5x9, Rodenstock Eurynar 4,5/10,5cm in Rad-Compur)
Wirgin Plattenkameras haben auch Gemeinsamkeiten, an denen man sie erkennen kann.
Hier 2 unterschiedliche Wirgin Gewir Kameras: (Gewir 9x12 mit Alugehäuse und wunderbar ausgefräste Flächen für die Leder-Applikationen, Meyer Dop. Anast. 6,8/120mm in Compound)
(Gewir 9x12 Metallgehäuse, Wigin Zeranar 4,5 / 135mm in Ibsor)
Beide Gewirs haben identische Spreizenaufhängungen:
Das Gleiche Suchervisier:
Die gleichen Brilliantsucher und Rahmensucher-Aufhängungen:
Und die gleichen Rückwände:
Frühe Linhof Kameras waren oft nicht als solche markiert. Hier ist solch ein Beispiel:
Zur Bestimmung von Herstellern deutscher Laufboden-Plattenkameras (3 von 3)
Una Kameras von Leonhadt+Hofmann sehen so aus: (Una 9x12, Rodenstock Eurynar 4,5/13,5cm in Rad-Compur)
Die gerade stangenförmige Spreize mit der ovalen aussenliegenden Feder sieht so aus:
Merkel- Kameras haben meist massives Metall an den Gehäusekanten. Ausserdem gibt es oft pseudovergoldete Objektivbretter, Rückteile, Laufböden usw.: (Merkel 6,5x9, Laak Dialytar 4,5/105mm in Ibsor)
In seiner Frühzeit hat Glunz (Senior) eine Serie von Holz-Laufbodenkameras mit dem Namen "Zenit" auf den Markt gebracht die alle unbezeichnet sind, sich aber anhand typischer Merkmale und Vergleiche aus Katalogen und Werbeanzeigen identifizieren lassen: links: Zenit 9x12 Hochformat mit unbezeichnetem Objektiv in B+L Unicum Verschlus rechts: Zenit 9x12 Querformat mit Rapid Rectilinear in unbezeichneten Verschluss
Erkennungszeichen sind u.a. die federnd, rechts und links, im Kastenförmigen Schlitten gelagerten, tellerförmige Handhabe-Knöpfe:
und die im Holz eingelassenen doppelseitigen Triebknöpfe und die Form des Triebknopfblechs:
Hier der Vollständigkeit halber einer spätere Glunz+Sohn Kamera:
Viele Objektivhersteller haben auch Kameras gebaut (Zeiss Jena mit Palmos, Goerz, Leitz...) Zu dieser Gruppe gehört auch Busch und Steinheil.
Hier eine Emil Busch Laufbodenkamera / Nachtrag vom 1.1.18: Es hat sich herausgestellt, dass diese Kamera eine Glunz Modell 400 ist! (Glunz 400, 6,5x9, Busch Tiaranar 4,5/12cm in Rad-Compur)
Besondere Kennzeichen sind:
Die einzigartig geformte Handhaben:
Die Stangenförmigne Spreizen mit im Gehäuse liegender Feder
Und der Knopf zur Rückwandverriegelung, der sich ca. 2,5cm unter dem oberen Teil des Gehäuses auf der Seite befindet:
Ebenso interessant ist die Laufbodenkamera von Steinheil:
Besondere Kennzeichen sind: Die ergonomisch geformte Handhabe-Knöpfe mit einem silberfarbigen Pfeil als Mittenangabe der U-Standarte:
Die Höhen- und Seitenverstellungsknöpfe, die sich beide auf einer Seite befinden:
und die einzigartigen Balgenstrecker:
Certo- Plattenkameras sind nicht immer mit Herstellerangabe versehen, oder tauchen im Ausland mit anderem Namen auf (z.B. BeeBee).
Der Grossteil der Kamers lässt sich aber dennoch gut bestimmen. Die meisten Certos haben die typische, in dieser Form einzigartige Knickspreize: (Certotrop, 6,5x9, Xenar 2,9/10,5cm in Ring-Compur)
Knickspreize:
Modernere, hochwertigere Certos besitzen keinen Falz für die Rückwand, sondern ein "Einschnapp-Schnellwechselsystem":
Nicht alle Certos besitzen Knickspreizen. Hier ist eine Ausnahme von der Regel, die Certokunst: Sie lässt es nicht nur zu den Laufboden zu senken, sondern auch die Standarte ist kippbar.
Diese Kamera besitzt wiederum das Certo-typische Rückteil mit den in der Mitte waagrecht über das ganze Rückteil verlaufenden Zierstreifen:
Unter Mono-Werk Magdeburg wurden viele Fremdfabrikate verkauft. Es gab aber auch Eigenfabrikate wie diese z.B. (Mono 10x15, Doppel-Anastigmat Mono 6,3/165mm in Ibso-Verschluss)
Neben der massiv gegossenen Eisenstandarte sind die besonderen Kennzeichen die beiden stäbchenförmige Balgenstrecker rechts und links der Standarte:
Franka Plattenkameras gab es in vielen Variationen. Meistens besitzen sie als Handhabe ein an den unteren Teil der Standarte angeschraubtes Blech, das an seinen beiden Enden in Griffform eingepresst oder gebogen ist:
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hey Sacha
Ich wollte für deine Arbeit zur Bestimmungshilfe von den alten Plattenkameras Dank sagen. Ich selbst sammle zwar diese Kameras nicht, finde das Gebiet aber sehr interessant.
Es scheint nicht einfach zu sein gerade diese Kameras zuzuordnen. Das habe ich auf einer Foto-Börse erlebt wie sich Sammler richtig in die Haare gerieten. Jeder wollte Recht haben.
Du hast dich ganz schön in die Materie eingearbeitet. Dabei will ich aber auch nicht Nutzer Laufboden vergessen.
ich wollte noch vier Kuriositäten aus meiner Sammlung vorstellen.
Hier nun die Nr. 1
Goerz Autofok (im englischsprachigen Raum einfach Pocket-Tenax genannt). Das besondere der Kamera ist das automatische herausschnellen des Schlittens nach dem Öffnen der Kamera. Die technische Lösung ist kompliziert und störanfällig, hat sich ja auch nicht bewährt-wurde nicht weiterentwickelt. Vorne am Laufboden befindet sich ein Walze. In ihr befindet sich eine starke Feder. Auf der Walze aufgewickelt sind zwei Stahlbänder, die hin zu der Unterseite der U-Standarte führen. Beim Öffnen der Kamera wird der Schlitten entriegelt und mit einem "Wums" nach vorne in Aufnahmestellung befördert. Vor dem Einklappen des Laufbodens muss der Schlitten nach hinten ins Gehäuse geschoben werden und riegelt sich dort automatisch ein - die Feder in der Walze ist nun wieder für das nächste "Wums" gespannt. Das schönst an der Kamera sind aber die einzigartigen Knickspreizen - finde ich:
Goerz Autofok, 9x12, Dagor Serie III, 6,8/120mm in Compound-Verschluss
Die Nr. 2
Christian Tauber Laufbodenkamera im, für diesem Kameratyp gigantischen Format von 13x18cm! Tauber in Wiesbaden war kein Hersteller, sondern Photohändler. Es gibt aber einige von ihm getaufte Fremdkameras.
Tauber Laufbodenkamera 13x18, mit Tauber Doppel-Anastigmat 6,8
Die Nr. 3
Gazelle- Kamera mit exotischer Höhenverstellung des Objektivbretts. Mit "Gazelle" bezeichnete Plattenkameras gibt es einige. Der Hersteller ist (mir) nicht bekannt. Es sind handwerklich eher wackelige Kameras, kein Vergleich mit Präzisions-Werke vieler anderer Hersteller, entstammt wohl eine grössere Hinterhofwerkstatt. Die Kameras sind mit Gazelle im Tragegriff und im Laufboden bezeichnet, sowie mit "Gesetzlich geschützt" und in meinem Fall mit der Nr. 4058 bezeichnet. Das besondere der Kamera ist wie gesagt die Höhenverstellung des Objektivbretts mittels einer Scheren-Konstruktion. Das wirkt auf mich irgendwie unsinnig und ist sehr wackelig ausgeführt. Besonders ist noch der Brilliantsucher der nicht nur oben, sondern auch vorne eine grosse Linse besitzt, sowie der Lichtschachtdeckel aus massivem Holz.
Gazelle 9x12, Bromograph AG Spezial Anastigmat 6,8/135mm in Ibso-Verschluss
Und die Nr. 4
Padie-Kamera von Paul Dietrich mit eingebautem optischen Belichtungsmesser. Die Kamera selber ist eine Beyer Typ 2 Kamera. In diese hat Dietrich einen Practos Beli eingebaut und das ganze dann als Padie-Kamera verkauft.
Padie 9x12, Laak Pololyt 4,5/ 13,5cm in Rulex-Verschluss
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo miteinander,
und Dank für Freier-Sascha für seine Bestimmungsdetails, die sehr hilfreiche Tipps enthalten.
Ganz allgemein: Es gibt viele, viele Unterscheidungsmerkmale bzw. Unterscheidungskriterien, und ganz wenige davon erscheinen zwingend - zumindest, bis man wieder mal ein Gegenbeispiel findet. Ich sehe auf Anhieb mehrere wesentliche Klassen von Merkmalen:
Texte (von Modell- bzw. Herstellerbezeichnung - Nummer, Text, MIL-Code - über Kamera- oder Teilenummer bis Angabe wie "Hinterlinse")
Firmenzeichen
designorientierte (also das, was man auf Bildern -etwa im Web - erkennen kann)
Maße
konstruktionsorientierte (z.B. Falztyp)
Kompatibilität (Austauschbarkeit von Teilen). Z.B.: Falztyp+selbes Format sind nicht oder nicht voll ausreichend dafür.
Klar ist, daß die ersten, also die unmittelbar sichtbaren Merkmale, erstmal Vorrang haben. Zu allen anderen gibt es sehr spärliche bis keine Literatur.
Texte und Firmenzeichen sind immer wieder verlorengegangen, z.B. nicht erkennbare Lederprägung, Plättchen mit Hersteller- und Modelldaten verblichen oder abgefallen. Selbst bei denselben Modellen desselben Herstellers waren Modellbezeichnungen mal hier, mal da; z.B. ICA Trona 210 - am Tragegriff oder am Kameragehäuse. Ein signifikanter Umriß eines verlorenen Markenzeichens sichert allenfalls Firmenverwandtschaft. Ich gehe jetzt für das mal kurz fremd zum Bereich KB : Beispiel: Wollensak oder Revere? Revere nach Übernahme durch Wollensak deren "selbständige" Billigmarke, beide hatten viele Identteile. Beispiel: die optische Einheit einer Wollensak- oder einer Revere-Stereokamera. Das Amaton war mögliche Ausstattung beider Marken. In die Aussparung in der Mitte passen alternativ das Wollensak- und Revere-Logo:
Dieses Teil wurde offenbar gegen ein funktionierendes ausgetauscht und das Logo auf das Ersatzteil übertragen. Was war kaputt? Nach Einhängen zweier Federn ist es voll funktionsfähig ..
Einige Hersteller plazierten - von vorn gesehen - innen links oben im Kameragehäuse Plaketten entweder nur mit dem Firmennamen oder mit genauer Modellbezeichnung. Das kann in Frage kommende Hersteller auf einige reduzieren - wenn die Liste vollständig ist. Bei meinen Kameras fand ich nach möglicherweise zu kurzem Nachschauen folgende (ein: eingelassen; auf: aufgenietet bzw. angenagelt; Firma: Name, meist Logo):
Zum Teil fehlen diese Plaketten, zum Teil sind es nur noch weiße runde Plättchen.
Typische designorientierte Merkmale eines Herstellers ändern sich modebedingt im Lauf der Jahre, und sie treffen selten für jedes Modell zu. Maße können manchmal Auskunft geben, welche Firmenplakette verschwunden sein dürfte. Der Abstand zwischen zwei Bohrungen der Entfernungsskala und die Gewindemaße bestimmter Schräubchen können typisch für einen Hersteller sein. Erstaunlicherweise wird der Falztyp eines Modells fast nie in Kamerabeschreibungen angegeben. Umgekehrt kann man durch den Rada-Katalog z.T. Hersteller eingrenzen. Einschränkungen:
es gibt keine vollständige Liste der Hersteller, die irgendwann einen bestimmten Falztyp verwendet haben
fast jeder der ganz frühen Hersteller hat Millionfalz-Kameras angeboten
mancher Hersteller stellte gleichzeitig Kameras mit verschiedenen Falztypen her (Ernemann!, Goerz) oder verwendete Kassetten unterschiedlicher Paßform für dasselbe Filmformat (Zeiss!, Goerz)
Bereits das Erstellen einer einigermaßen vollständigen Liste wichtiger Bestimmungsmerkmale ist sehr aufwendig (wichtig ist nur Charakteristisches!)
Die größeren Hersteller hatten wohl alle auch Kameras im Format 13x18cm im Portefeuille, die nicht typische "Reisekameras" waren, sondern wie typische 9x12-Kameras aussahen. Übersicht zu bekommen ist schwierig. Der Kadlubek allein läßt das kaum zu - klare Angabe der Bauweise fehlt meist, 13x18 ohne Einheit kann Millimeter oder Zentimeterangabe sein. Mit nur wenig Suchen habe ich folgende Kameras gefunden, die auch für das Format 13x18cm angeboten wurden: Ernemann: Heag I, Heag II, Bob III. Carl Tinius: "Reisekamera" (so'n Zwischending, Klappkamera. Dürfte die Schönste davon sein). Spitzer Klapp-Kameras Diamantine und Elite 13x18, Stöckig: Union 36A und Zweiverschluss-Camera Union 27; Rietschel Multi-Clack (dreifacher Bodenauszug, Lauffläche neigbar, auch Stereo-Bestückung); Rodenstock Imagon Spezialkamera (zumindest Modelle 1 und 2). Selbst habe ich eine Balda 13x18 mit doppeltem Auszug, und eine ICA Volta 355. Diese Kameras werden heute sehr selten angeboten, vermutlich wurden sie früher nicht sehr oft verkauft.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Laufboden, Ich kann dieses Hersteller-Rätsel noch nicht lösen, aber ich habe sachdienliche Puzzle-Steine anzubieten. Ich habe 2 Kameras, die aus den gleichen Stall kommen wie ihre Omnar-Kamera.
Die eine ist sehr ähnlich ihrer, Gehäuse, Standarte, Höhen-Verstellung, Laufboden, Handhabe, Öffnungsmechanismus, Rückteil und und und: alles so gut wie gleich ihrer.
Nur ist meine kleiner, 9x12, hat ein OMFA-Dop.Anast. 6,8/13,5cm in Rulex:
Die zweite Kamera ist erst im zweiten Blick verwandt mit den anderen Beiden, es ist die grosse Tauber im Format 13x18! Sie besitzt denselben Handhaben-Mechanismus, eine ähnliche Lösung der Befestigung des Objektivbretts an der Standarte und das selbe Rückteil:
In Nahaufnahmen des Gehäuseverschlussmechanismus sieht man wie erstaunlich gleich diese, bei den auf den ersten Blick so unterschiedlichen Kameras sind: (Tauber 13x18)
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
Freier-Sascha:Hallo Laufboden, Ich kann dieses Hersteller-Rätsel noch nicht lösen, aber ich habe sachdienliche Puzzle-Steine anzubieten. Ich habe 2 Kameras, die aus den gleichen Stall kommen wie ihre Omnar-Kamera.
Die eine ist sehr ähnlich ihrer, Gehäuse, Standarte, Höhen-Verstellung, Laufboden, Handhabe, Öffnungsmechanismus, Rückteil und und und: alles so gut wie gleich ihrer.
Nur ist meine kleiner, 9x12, hat ein OMFA-Dop.Anast. 6,8/13,5cm in Rulex: .... In Nahaufnahmen des Gehäuseverschlussmechanismus sieht man wie erstaunlich gleich diese, bei den auf den ersten Blick so unterschiedlichen Kameras sind: (Tauber 13x18) (OMFA 9x12)
Ja, diese Kameras stammen aus demselben Stall. So nebenbei - der Verschlußmechanismus der Klappe ist auch bei meiner derselbe.
Es gab eine Zeit, in der "Minimal" modern war, also eine möglichst leichte Kamera. Meine und damit wohl auch Kamera 1 gehören dazu. Typbezeichnung war dann meist "Minimal" oder so ähnlich, z.B. Krügener Minimum Delta, Wünsche Minimal. Gewisse Gemeinsamkeiten zeigen diese drei "Minimals" - aber das ist vermutlich eher der Gewichtseinsparung zu verdanken.
Ich hatte schon in diverse Ecken geschaut, in die meine Unterlagen nicht viel Licht bringen konnten, am naheliegendsten war wegen des Objektivs Busch. In diesem Fall müßte es die Busch Doppel-Liliput sein. Mangels Unterlagen kann ich dazu nichts sagen, aber daß Ihre Kameras andere Objektive haben, sieht wie ein "Erledigt"-Haken aus. Momentan sehe ich nur eher sehr bescheidene Ähnlichkeiten zu anderen Marken. Die zu Bülter & Stammer dürften eher oberflächlich sein. Bleibt Glunz. Ich habe nur drei Kameras, bei denen der Triebknopf eingebettet ins Blech des Laufbodens ist, also nicht seitlich herausragt, und zwei davon sind Glunz. Zugegeben - das ist äußerst dürftig, selbst, wenn die Spitze in der Mitte der unteren Spreizenhalterung auf Glunz hinweisen sollte. So nebenbei: ähnliche Form haben auch die oberen Spreizenhalterungen.
Ein interessantes Detail am Rande: auf beiden Enden des Druckluftzylinders des Koilos-Verschlusses dieser Kamera ist das Logo von Wilhelm Kenngott, dem Erfinder des Koilos, eingeprägt: An späteren Koilos ist das nicht mehr zu finden. Als ich dieses Bild in meiner Sammlung sah, wußte ich nicht mehr, wohin es gehörte. Es brauchte einige Minuten genauen Schauens, bis bei mir der Groschen fiel ...