Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Laufboden,
Danke für die wertvollen Hinweise, toll das sich noch jemand für diese Materie interessiert - man kommt sich ja vor wie ein einsamer Wolf...
Ich habe die Liste auf den neuesten Stand gebracht.
1.) natürlich: "Errtee"
2.) Luois Lang hat sicherlich Wünsche Kameras nur vertieben, nicht hergestellt - obwohl: können wir uns überhaupt über was sicher sein?
3.) Stukenbrok schon seit mind. 1912 Plattenkameras: habe ich verbessert
4.) Rulex. Nach meinen Nachforchungen gibt es 2 Firmen die den Markennamen "Rulex" verwendeten. Karl Pritschow schrieb 1931 in seinem Werk: "Die photographische Kamera und ihr Zubehör" das der (Rädchen-) Rulex Verschluss um 1920 auf den Markt kam, das er gebaut worden ist von der "Rulex G.m.b.H. Werkstätten für Feinmechanik München" und das die Patente von Jacob Seemann/ München eingereicht wurden. Der Rulex-Verschluss von Neumann&Heilemann war tatsächlich ein Ring-Rulex. Ich habe dazu Bildnachweise. Einer steckt in einer Rollfilmkamera mit dem Namen "First Roll", auf dem gleich wie ein Ring-Compur aussehenden Verschluss steht aber "Rulex" unten, und oben "Neumann&Heilemann". Das Objektiv ist ein "Neumann Jena Tenar 4,5 10,5cm Nr. 685922". Neumann&Heilemann sind ja dann nach Japan und haben dort den Zentralverschluss vermutlich zum Durchbruch verholfen. Meine Theorie ist die, dass beide Rulex-Hersteller voneinander unabhängig agierten, dass aber Neumann&Heilemann irgendwie an den Markennamen "Rulex" kamen und ihn dann weiterverwendeten für ihren Compur-Nachbau.
5.) Klar, so habe ich das auch gemeint (Plattenrückteile für Rolleiflex auch nach 1945)
6.) Es gibt Suter Detectiv-Kamers (Plattenmagazin-Kameras), aber aus der späteren Zeit tatsächlich einige Fremdfabrikate unter eigenem Namen (z.B. Contessa)
7.) Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es in Wien keine Kameraindustrie gab. Z.B. Goldmann, Lechner und Wanaus sind Firmen die ganz klar Kameras herstellten. Natürlich, Herlango ist eine Handelsmarke. Die Firmen die zu Herlango fusionierten waren aber Hersteller, und so kann man annehmen, dass es in der Frühzeit von Herlango noch Restbestände dieser Firmen gab, die unter Herlango verkauft wurden... wie gesagt, nur eine Annahme...
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08.12.17 15:47
Laufboden
nicht registriert
08.12.17 15:47
Laufboden
nicht registriert
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
leider ist das Ganze dem Anschein nach ein gordischer Knoten. Ich selbst beziehe mich immer auf Sekundärliteratur - Bücher, Web. Es ist allerdings viel Ungenaues bis Widersprüchliches unterwegs. Da gibt's die reale Gefahr, daß man selbst noch ein wenig mehr Knoten hinzufügt. Um Klarheit zu schaffen, müßte man an Originalquellen heran - wenn die denn zugänglich sein sollten. Allerdings haben viele Firmen bisher weit eher zur Desorientierung und Legendenbildung beigetragen, und heute sehen nur manche eine historische Aufgabe. Zu letzteren gehört an vorderster Linie Schneider-Kreuznach.
Freier-Sascha:4.) Rulex. Nach meinen Nachforchungen gibt es 2 Firmen die den Markennamen "Rulex" verwendeten. Karl Pritschow schrieb 1931 in seinem Werk: "Die photographische Kamera und ihr Zubehör" das der (Rädchen-) Rulex Verschluss um 1920 auf den Markt kam, das er gebaut worden ist von der "Rulex G.m.b.H. Werkstätten für Feinmechanik München" und das die Patente von Jacob Seemann/ München eingereicht wurden. Der Rulex-Verschluss von Neumann&Heilemann war tatsächlich ein Ring-Rulex. Ich habe dazu Bildnachweise. Einer steckt in einer Rollfilmkamera mit dem Namen "First Roll", auf dem gleich wie ein Ring-Compur aussehenden Verschluss steht aber "Rulex" unten, und oben "Neumann&Heilemann". Das Objektiv ist ein "Neumann Jena Tenar 4,5 10,5cm Nr. 685922". Neumann&Heilemann sind ja dann nach Japan und haben dort den Zentralverschluss vermutlich zum Durchbruch verholfen. Meine Theorie ist die, dass beide Rulex-Hersteller voneinander unabhängig agierten, dass aber Neumann&Heilemann irgendwie an den Markennamen "Rulex" kamen und ihn dann weiterverwendeten für ihren Compur-Nachbau.
Die Geschichte hatte ich ein wenig anders gelesen, aber das soll nicht allzuviel heißen. Ich suche noch nach meiner früheren Quelle. Soweit ich mich erinnere sollte Neumann (und/oder Heilemann) beteiligt gewesen sein, und beide nach Japan ausgewandert sein, da sie hier keinen wirtschaftlichen Erfolg hatten ... in Japan übrigens auch wenig, da profitierten anschließend andere von deren Entwicklungen.
Freier-Sascha:7.) Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es in Wien keine Kameraindustrie gab. Z.B. Goldmann, Lechner und Wanaus sind Firmen die ganz klar Kameras herstellten. Natürlich, Herlango ist eine Handelsmarke. Die Firmen die zu Herlango fusionierten waren aber Hersteller, und so kann man annehmen, dass es in der Frühzeit von Herlango noch Restbestände dieser Firmen gab, die unter Herlango verkauft wurden... wie gesagt, nur eine Annahme...
Mein Gedächtnis läßt mich da ein wenig im Stich. Vermutlich ging es darum, daß es heute äußerst schwierig ist, nachzuweisen, ob eine Firma nach 1900(?) wirklich Kameras erstellt hat oder nur die anderer verkauft hat.
Zu österr. Kameras siehe: http://www.photohistory.at/ LECHNER´s "Rocktaschenkamera Austria mit einfachem Bodenauszug" von 1907 hat verteufelte Ähnlichkeit zu meiner Stukenbrok Auste - stellt sich die Frage, ob mit Lechner wirklich die Quelle der Auste's gefunden ist oder nur ein anderer Distributor der Kameras aus gleichem Haus .. ... meine einzige laut Firmenschild "österr." Kamera ist schließlich ja auch eine Bülter&Stammer ... Jedenfalls war zumindest bei einer Reihe österr. Kameraproduzenten nicht nachzuweisen, daß sie jemals Kameras produziert oder i.w. die anderer verkauft hatten. Frei davon ist Deutschland von solcherlei Zweifel ja aber auch nicht ...
Daß alles noch um einiges vernetzter ist, sieht man in Camera-Manufacturing-Companies-Family-Tree-v2.13.pdf (-> Websuche; bisher hatte ich eine alte Version davon).
Grüße, Laufboden
P.S.: ich zitiere gern Prof. Zemanek, einen DV-Pionier (Rechner "Mailüfterl"). Er hatte auch zur Geschichte der DV geforscht (also seit mindestens dem 18.Jahrhundert), und stellte fest, daß zu keiner Zeit die Datenlage so schlecht gewesen sei wie in den 1920er bis 1930er Jahren. Zuvor war geschriebenes wichtig und alles wichtige wurde archiviert, dann gab's aber zuviel Papier - alles wurde zügig entrümpelt.
Das ist wieder mal eine exquisite Sammlung - da ist so ziemlich alles dabei, was bei unserer Sammlerei so alles anfallen kann ..
Außer denen, die ich vorgestellt habe. habe ich keine solche Kamera, nur einen Torso - eine ICA Trona 210 mit Bajonett. Meine Hüttig Ideal bietet jedenfalls keinen Objektivwechsel ... und die vollständigen Tronas auch nicht.
M.W. ist das hier die vollständigste Parade von Laufbodenkameras mit Wechselobjektiv im Web, läßt man die sogenannten Reisekameras weg. Das ist besonders interessant, weil selbst derlei wichtige Eigenschaften wie Wechselobjektiv oder Verstellungsmöglichkeiten (Verschiebungen, Schwenkungen, optimal wäre Scheimpflug) in den üblichen Unterlagen stiefmütterlich behandelt werden, keinesfalls aber übersichtlich.
Mit Laufbodenabsenkung habe ich denn auch nur die zwei Zeiss Ideal und die Hüttig Ideal.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo im Forum!
Ich habe da auch noch eine mit Schnellwechselplatte in der Sammlung: Voigtländer Alpin 10x15 Objektiv: Voigtländer Kollinear 1:6,3 / 16,5 cm (sechslinsig) auf Wechselplatte
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo zusammen,
wo ich gerade die Querformat-Plattenkameras sehe, muß ich sagen: Mir gefällt der Querformataufbau eigentlich fast besser, als das Hochformat (in Bezug auf das Ausklappen des Balgens). Kann man aber auch anders sehen. Mir scheint allerdings, dass die meisten Klappplattenkameras sind sozusagen Hochformat.
Lag das nur an der so besseren Tragemöglichkeit oder machten unsere Vorfahren lieber Hochformataufnahmen?
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Aus Negativ wurde Positiv. Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts. Fotoapparate sind Zeitmaschinen, sie können die Vergangenheit erhalten. Ein Leben ohne Facebook ist möglich, aber (und) sinnvoll.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
Deine Liste der deutschen Plattenkamera-Hersteller ist eine bemerkenswerte Arbeit. Ich würde sie gern als "markierter Beitrag" nochmals gesondert in dieses Unterforum aufnehmen. Markierte Beiträge stehen immer am Anfang eines Unterforums.
Könntest Du die PDF-Datei als eigenen Beitrag nochmals posten? Ich markiere ihn anschließend entsprechend.
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Aus Negativ wurde Positiv. Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts. Fotoapparate sind Zeitmaschinen, sie können die Vergangenheit erhalten. Ein Leben ohne Facebook ist möglich, aber (und) sinnvoll.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Rainer:Hallo zusammen,
wo ich gerade die Querformat-Plattenkameras sehe, muß ich sagen: Mir gefällt der Querformataufbau eigentlich fast besser, als das Hochformat (in Bezug auf das Ausklappen des Balgens). Kann man aber auch anders sehen. Mir scheint allerdings, dass die meisten Klappplattenkameras sind sozusagen Hochformat.
Lag das nur an der so besseren Tragemöglichkeit oder machten unsere Vorfahren lieber Hochformataufnahmen?
Das hat einen ganz einfachen geometrischen Grund: die größere Seite ist länger Genauer: klappt die längere Seite hinunter, ist der Laufboden länger. Querformatkameras brauchen drei Auszüge (deutlich aufwendiger und teurer und dafür wackeliger), um auch dann nur knapp den Auszug zu erreichen, den Hochformatkameras mit zwei Auszügen haben. Anders herum wird auch ein Schuh draus: Querformatkameras mit großem Auszug müssen besonders stabil konstruiert werden und sind dem ganz hohen Preissegment vorbehalten.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
Freier-Sascha:2.) Luois Lang hat sicherlich Wünsche Kameras nur vertieben, nicht hergestellt - obwohl: können wir uns überhaupt über was sicher sein?
Nein, sicher ist da gar nichts. Auch nicht das, was man schwarz auf weiß hat. Und ich möchte noch etwas Zweifel zugeben - das Firmenschild sagt, bei meiner Nixe handele es sich nicht um eine Kamera von Wünsche, auch nicht um eine eines Vertriebspartners, sondern um eine seines Nachfolgers Louis Lang ... Anscheinend hat Lang die Produktion von Wünsche-Kameras übernommen. Oder dies am Anfang beabsichtigt. Alternativ wollte er von Anfang an nur Namen und Renommee erben und hat deshalb Restbestände umgelabelt:
Erste Arbeitshypothese ist in so einem Fall aber doch, anzunehmen, daß die Wünsche'sche Produktion unter Lang zumindest vorübergehend fortgesetzt worden ist. Vermutlich hat die Werkstatt von Wünsche zumindest soviele Wünsche-Kameras umetikettiert, daß sich das Herstellen einer eigenen Plakette gelohnt hat .. In diesem Fall dürfte es aber zum einen auch noch so viele halbfertige Kameras gegeben haben, daß es sich gelohnt haben dürfte, sie fertigzustellen, und für eine unbeschädigte Übernahme eines Markennamens ist es sogar heute noch unumgänglich, den Reparatur- und Ersatzteilservice einige Jahre fortzuführen*), früher war Kontinuität weit, weit wichtiger, da gab's noch den Begriff des ehrbaren Kaufmanns. Ehrbarkeit war im Gegensatz zu heute zentrale Geschäftsgrundlage des Kaufmanns (Fabrikanten sind Vollkaufleute), er garantierte vor allem mit seinem guten Namen. Geschäftseinstellung nach anfänglicher -Übernahme hätte den Ruf rettungslos zerstört. So oder so - ein reiner Vertrieb von Anfang an ist auf dieser Grundlage schwer vorstellbar.
Im übrigen - Wikipedia erzählt eine vollständigere Geschichte dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_W%C3%BCnsche_AG Anhand dessen erübrigen sich erstmal weitere Spekulationen (jedenfalls meine) - außer, jemand weiß mehr, denn Wikipedia ist ja schließlich nicht die Bibel - Schwamm drüber Nach Wikipedia betrieb Louis Lang eine kleinere Werkstatt für Kamerabau, die erst an Wünsche lieferte und dann von Wünsche übernommen wurde. Lang wiederum übernahm nach dem Selbstmord von Wünsche 1902 die Betriebsführung bis zur Eingliederung in die neue ICA 1909.
Kleine Werkstätten für Kamerabau gab es zweifellos noch weit mehr, in einer Auflistung können außer in den Anfangsjahren der Fotografie sinnvollerweise nur industriell arbeitende Unternehmen aufgenommen werden.
Grüße, Laufboden
*) Beispiel Rollei: nach Übernahme des Markennamens wurde von den "Neuen" sogar noch ein neues Modell auf den Markt gebracht ..