Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
Freier-Sascha:Objektivieren könnte man das über das Vergeben von Punkten nach einem bestimmten Schlüssel (je mehr Punkte, desto grösser die Wahrscheinlichkeit) - aber das wissenschaftlich wasserdicht zu machen ist sehr aufwendig.
wasserdicht braucht das gar nicht zu sein - das so machen zu wollen, wäre sogar mehr oder weniger krass kontraproduktiv.
Denn vermutlich wäre es am besten, einfach möglichst viele möglicherweise relevanten und einfach erhebbaren Details herauszuarbeiten und die eigentliche Entscheidungsarbeit (also die Bewertung der einzelnen Details) einem neuronalen Netz zu überlassen. Ist auch nicht allzu bequem, man muß es mit genügend Beispielen füttern. Ist das aber geschehen, erhielte man bei geeigneter Programmierung oft schon nach einem Teil der möglichen Eingaben gute Abschätzungen, weitere Eingaben sollten dann zumeist dieses Ergebnis überwiegend weiter bestätigen. Manuelle Festlegung von Punkten ist i.d.R. wesentlich gröber und wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu inferioren Ergebnissen sowie eher zu Fehleinschätzungen führen. Grund ist einfach - ein neuronales Netz würde u.a. nicht nur automatisch kalibrieren, sondern z.B. auch erfassen, wenn bestimmte Merkmalkombinationen je nachdem, welche Merkmale sonst noch auftreten, mal für das eine, mal für ein ganz anderes Ergebnis stehen sollten. Nachteil ist, daß die Entscheidungsgrundlage nicht nachvollziehbar ist. Daß das Ganze jedoch bei komplexen Aufgaben trotz ggf. erheblich kleinerem Rechenaufwand entscheidend besser funktioniert als brute force ("nackte Gewalt"), also tiefstmögliches Durchspielen aller möglichen Züge, zeigt sich u.a. beim Programmieren von Spielen wie Schach und Go. Etliche Jahre lang hat man diese Spiele möglichst weit ausprogrammiert. Das hat zwar geholfen, diese Spiele besser zu verstehen, aber kein Großmeister hatte Probleme, diese Programme zu schlagen. Erst durch den Einsatz von KI-Methoden hat sich dies verändert. Es kann als Gradmesser für die Güte der Umsetzung von KI-Methoden gelten, wie gut das Resultat bei gleicher CPU-Leistung ist. Allerdings hat dann selbst der Programmierer keine Chance, zu verstehen, warum das Programm den einen oder anderen Zug setzt. Es "lernt" quasi der Rechner ganz für sich alleine - der Mensch bleibt außen vor.
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11.01.18 11:59
Sammelott
nicht registriert
11.01.18 11:59
Sammelott
nicht registriert
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Freier-Sascha:
Certo- Plattenkameras sind nicht immer mit Herstellerangabe versehen, oder tauchen im Ausland mit anderem Namen auf (z.B. BeeBee).
Der Grossteil der Kamers lässt sich aber dennoch gut bestimmen. Die meisten Certos haben die typische, in dieser Form einzigartige Knickspreize: (Certotrop, 6,5x9, Xenar 2,9/10,5cm in Ring-Compur)
Knickspreize:
Modernere, hochwertigere Certos besitzen keinen Falz für die Rückwand, sondern ein "Einschnapp-Schnellwechselsystem":
Nicht alle Certos besitzen Knickspreizen. Hier ist eine Ausnahme von der Regel, die Certokunst: Sie lässt es nicht nur zu den Laufboden zu senken, sondern auch die Standarte ist kippbar.
Diese Kamera besitzt wiederum das Certo-typische Rückteil mit den in der Mitte waagrecht über das ganze Rückteil verlaufenden Zierstreifen:
Ich hoffe es macht euch etwas Freude...
Gruss
Freier-Sascha
Hallo zusammen, ich habe hier eine "Certo 6x9" mit Objektiv Steinheil München Doppelanstigmat Unofokal 4,5/10,5 cm und Libelle, die sich doch unterscheidet in Bezug auf Spreizen u. Griffbefestigung z.B. Die genaue Modellbezeichnung kann ich im Netz bisher nicht finden
Weiß jemand die genaue Bezeichnung der Kamera? Würde diese dann hier,samt Rollfilmansatz, mal für das Museum vorstellen....
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Sammelott,
Sammelott:ich habe hier eine "Certo 6x9" mit Objektiv Steinheil München Doppelanstikmat Unofokal 4,5/10,5 cm und Libelle, die sich doch unterscheidet in Bezug auf Spreizen u. Griffbefestigung z.B. Die genaue Modellbezeichnung kann ich im netzt bisher nicht finden
Weiß jemand die genaue Bezeichnung der Kamera? Würde diese dann hier,samt Rollfilmansatz, mal für das Museum vorstellen....
bezeichnende Grüße-OTTI
Es dürfte eine frühe Certolob sein (die von 1926 hat einen Radialhebel, jedoch Knicksprizen). Da es nicht die Certolob 0 ist, sollte folgende Beschreibung zutreffen (Kerkmann): Vornehme, sehr kleine und leichte Taschenkamera mit Radialhebeleinstellung besonders für Damen geeignet. Dann müßte gelten: "Bezug und Balgen feinstes Leder". Andere 6.5x9-Certos mit Radialhebel sehe ich keine. Der Tragegriff ist der gleiche wie der der Certolob 0 im Kerkmann, die Bilder sehen nach "feinem und gut verschlissenem Leder" aus.
Frühe Certos haben keine Knickspreizen. Meine Certosport (vierstellige Nummer 11**, ebenfalls Unofokal) hat jedenfalls keine, sie hat zwar doppelten Auszug, Lederbalg, aber keinen Lederbezug.
Certosport 6.5x9 mit Unofokal:
Einer Vorstellung für's Museum dürfte nichts entgegenstehen ...
Grüße, Laufboden
Nachtrag: meine Certosport hat bereits Metallgehäuse, die Certolob ist also wohl älter
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo miteinander, bin zur Zeit am umziehen und habe nicht viel Zeit fürs Forum. Aber hier kann ich schnell einhaken: Das ist mit ziemlicher Sicherheit eine Certolob, der Argumentation von "Laufboden" kann ich auch durch anderer Literatur folgen.
Eines noch: Es stimmt nicht dass früherer Certos keine Knickspreizen haben. Es gab wahrscheinlich eine "Knickspreizenfreie Zeit" bei Certo, aber die ganz frühen, aus der Generation der berühmten "Damenkamera" um 1906, hatten teilweise Knickspreizen, wenn auch anders geformt wie die Späteren. Als Nachweis habe ich eine Werbeanzeige einer solchen Kamera, auf der die Spreize deutlich zu sehen ist. Ausserdem, und jetzt kommt der Clou: Ich habe eine aus der Bucht gefischt. Sobald sie da ist, durchleuchtet und gehätschelt, werde ich sie hier vorstellen!
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier-Sascha,
Freier-Sascha:Eines noch: Es stimmt nicht dass früherer Certos keine Knickspreizen haben. Es gab wahrscheinlich eine "Knickspreizenfreie Zeit" bei Certo, aber die ganz frühen, aus der Generation der berühmten "Damenkamera" um 1906, hatten teilweise Knickspreizen, wenn auch anders geformt wie die Späteren. Als Nachweis habe ich eine Werbeanzeige einer solchen Kamera, auf der die Spreize deutlich zu sehen ist. Ausserdem, und jetzt kommt der Clou: Ich habe eine aus der Bucht gefischt. Sobald sie da ist, durchleuchtet und gehätschelt, werde ich sie hier vorstellen!
Das war ein guter Fischzug. Bin gespannt!
Ansonsten gilt in unserem Bereich wieder einmal: zu jeder konkreten Aussage gibt es Gegenbeispiele
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier Sascha,
ich bin gerade dabei die 17 Plattenkameras aus Deinem Beitrag vom 8.12.17 20:13 Uhr aus diesem Thread in das Online-Museum-Verzeichnis aufzunehmen.
Geht Schritt für Schritt, kann ein paar Tage dauern. Ich mache an jeder Kamera im Beitrag dan jeweils den Eintrag "iIa".
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Aus Negativ wurde Positiv. Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts. Fotoapparate sind Zeitmaschinen, sie können die Vergangenheit erhalten. Ein Leben ohne Facebook ist möglich, aber (und) sinnvoll.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras. Certo No. 0
Hallo miteinander, hier ist sie nun, die Ur-Certo, genannt Modell No. 0, von 1905. Sie hat das Format 9x12, hat ein unbezeichnetes "Rapid Aplanat 7,7" Objektiv und einen einfachen Bausch & Lomb-Verschluss. Die Kameranummer ist 2250.
Eindeutig zuordnen konnte ich sie durch Detektivarbeit über mehrere Ecken. Es gibt eine Werbeanzeige der Kamera auf der die Merkmale gut zu sehen sind (Handhabe / einzigartiger, klappbarer Newton-Sucher / Laufbodenform / die Knickspreizen / spezielle Feder oben, im inneren des Gehäuses ...). Über Vergleiche mit Bildern etwas späterer Certos gab es Übereinstimmung mit dem speziellem Druck der Meterskala. Im Vergleich mit Bildern der Certo-Damenkamera von 1906 ergeben sich sowohl stilistische Ähnlichkeiten, als auch eine Gleichheit des Laufbodenscharniers und der Handhabe.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Freier Sascha,
interessant finde ich auch den Schneckengangantrieb des Auszugssystems.
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Aus Negativ wurde Positiv. Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts. Fotoapparate sind Zeitmaschinen, sie können die Vergangenheit erhalten. Ein Leben ohne Facebook ist möglich, aber (und) sinnvoll.
Re: Die vielen unbekannten Platten / Laufbodenkameras
Hallo Rainer,
Rainer:interessant finde ich auch den Schneckengangantrieb des Auszugssystems.
ja, dieser Trieb ist auffällig. Es handelt sich aber nicht um einen Schneckengang, sondern um eine gewöhnliche Schrägverzahnung, die wie damals üblich offen lag. Da das Ritzel so klein ist, aber Zahnstange und Ritzel ungewöhnlich breit sind, fällt dessen gekrümmt erscheinende Verzahnung ins Auge.
Üblich waren eher schmälere Verzahnungen, teils gerade, teils schräg. Vorteil der in der Herstellung teureren Schrägverzahnung ist ein glatter Ablauf ohne Ruckeln.
Bei der Geradeverzahnung ist die Eingriffslinie der Zahnflanken gerade, sodaß der Eingriff schlagartig über die ganze Zahnbreite erfolgt und die Eingriffslinie gerade ist, bei der Schrägverzahnung erfolgt er anfangs an nur einem Punkt. Das ergibt einen ruhigeren und schwingungsärmeren Lauf. Für Hochleistungsgetriebe sind deshalb generell Schrägverzahnungen üblich. Nachteil der Schrägverzahnung ist, daß eine Kraft in Achsrichtung entsteht. Bei Hochleistungsgetrieben wird das dadurch ausgeglichen, daß jeweils zwei Zahnräder mit unterschiedlicher Verzahnungsrichtung verwendet werden. Die Kraftübertragung darf nur so erfolgen, daß die beiden auf einer Welle liegenden Räder zusammengedrückt werden. Das heißt, daß nur eine Drehrichtung zulässig ist. Als Praktikant mit 16 hatte ich Getriebe zu konstruieren. In einem Fall war die Vorgabe falsch. Als Praktikant trug ich natürlich nicht die Verantwortung dafür, daß dieses eher kleinere Getriebe mit 'nur' 10cm Welle und 'nur' 10.000 Umdrehungen pro Minute am Teststand zerrissen ist - das ergab ein schönes Spektakel. Zum Glück ist nur Sachschaden entstanden.
In unserem Fall beschränkt sich der Vorteil darauf, daß ein auf Dauer spielärmerer Vorschub möglich ist. Ob das in der Praxis überhaupt bemerkbar ist, sei dahingestellt.