einige wenige Voigtländer-Plattenkameras besitzen einen neigbaren Laufboden. Konkret weiß ich es von der Alpin 10x15 und dem 1. Modell der Bergheil 10x15 (so Prochnow 28–735; vgl. aber ebd. 28–719). Am Scharnier ist das gut erkennbar, hier die Mimik an Alpin (oben) und Bergheil (unten).
Das Problem nur: Wie bedient man das? Bei Ica-/ZI-Kameras werden die Spreizen eingedrückt und der Laufboden beherzt nach unten gedrückt. Bei den Voigtländer-Kameras finde ich aber keinen Ansatz, um den Laufboden über die 90° hinaus nach unten zu bewegen. Hat da jemand eine Idee?
herzlichen Dank! Das ist ja faszinierend, dass Du immer gleich die passenden Katalog und Patentschriften zur Hand hast. Interessanterweise geht Pritschow in seinem Buch Die photographische Kamera und ihr Zubehör (1931) auf diese Konstruktion nicht weiter ein, obwohl er sonst zahlreiche Details beschreibt und Schnittzeichnungen abdruckt.
Es handelt sich hier offenbar um die Spreizen der späten Bergheil-Modelle; die Knickspreize ist unverwechselbar. Serienmäßig scheinen nicht alle Exemplare mit der Schwenkmöglichkeit ausgestattet zu sein, auch meine späte 9x12 mit grünem Leder (nach 1932) besitzt das Merkmal nicht.
Bei den oben gezeigten älteren Kameras (1914–26) ist die Mechanik anders, aber ich finde den Trick nicht. Vielleicht sitzt auch alles fest, aber ansonsten läuft bei beiden Modellen die Mechanik sauber und problemlos, daher würde mich das wundern...
Hallo Jan, da gibt es keinen Trick. Es gibt keinen neigbaren Laufboden bei Voigtländer der wirklich ausgeführt worden ist. Zumindest ist mir, Prochnow und allen anderen Experten, bisher noch keiner in echt unter gekommen. Pritschnow schreibt zwar, dass diese Möglichkeit bei Bergheil Kameras eingebaut wurde, aber wie gesagt: Ist das Laufbodengelenk werkseitig justiert worden, wurde die Mutter angezogen und versiegelt. Es war ursprünglich sicher als neigbarer Laufboden konstruiert worden - aber bei der letztendlichen Auslieferung der Kameras, hat man sich wohl umentschieden... Auch das oben zu sehende Patent, wurde bisher noch nicht "in echt" gesehen... Gruss Sascha
vielen Dank, das ist ja sehr interessant! – So erklären sich die auf den ersten Blick etwas widersprüchlichen Aussagen bei Prochnow: Bei der Beschreibung der Bergheil 10x15, 1. Mod. (PR 3656) nennt er den neigbaren Laufboden explizit als Ausstattungsmerkmal (nicht aber bei der Alpin PR 2886). An anderer Stelle geht aber er ausführlich auf die Laufbodenscharniere ein (S. 28-719) und gibt an, die drehbare Lagerplatte nur zur Justierung des Laufbodens gefunden zu haben; er formuliert dann sehr vorsichtig, es sei "nicht auszuschließen, daß es auch Kameras mit neigbarem Laufboden nach obiger Zeichnung gegeben hat". – Tja, da dachte ich zunächst, ich hätte sogar zwei Exemplare mit diesem Feature. Wenn es eine Justageeinrichtung ist, erklärt das alles – auch dass sich Pritschow 1931 so bedeckt hält (sonst werden die Voigtländer-Patente ja durchaus herausgestellt).
Mit anderen Worten: die patentierte Theorie ist nicht in die Praxis umgesetzt worden oder besser in keine Serienfertigung eingeflossen. Gibt´s heute auch noch.
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