hier eine der m.E. interessantesten Vorkriegs-TLRs, die Ikoflex III (853/16) von 1939. Die Entwicklung der Ikoflex-Modelle ist von Bernd K. Otto schon vor Jahren in einem Photo-Deal-Artikel ausführlich beschrieben worden (Heft 27 (1999) und 28 (2000)). Zur Einordnung dieses Modells ist festzuhalten, dass Zeiss Ikon in das Geschäft mit den TLRs erst recht spät einstieg (1934), und die erste Ikoflex I ('coffee-can') war ein zwar interessant gestalteter, technisch aber einfach ausgestatter Apparat mit Novar in Derval-Verschluss; keine Konkurrenz zur Rolleiflex, auch nicht zur Rolleicord.
Es folgen dann die besser ausgestatteten Modelle Ikoflex II (u.a. mit Tessar in Compur) und die erste Ikoflex III (852/16), die dann zurückgestuft wurde zur Ikoflex III/II, als das hier vorzustellende Modell erschien. Hier zeigt sich übrigens die Relevanz des Bestellnummernsystems, wenn man die Modelle benennen will – das ging gerade bei der Ikoflex ziemlich durcheinander, aber das ist ein anderes Thema.
Diese Ikoflex III (853/16) erschien also sehr spät (1939) und wurde nur bis 1940 angeboten, gebaut wurden lediglich 8.500 Exemplare. Technisch und designmäßig ist sie bemerkenswert: Sie besitzt ein Tessar 2,8/8 cm (das kam bei der Rolleiflex erst in der Nachkriegszeit), eine vergleichsweise helle Mattscheibe, einen Albada-Sucher für Aufnahmen aus Augenhöhe, Filmtransport über einen Schnellschalthebel, automatisches Zählwerk, und Zeit-/Blendeneinstellung waren – wie schon beim Vorgängermodell und der Rolleiflex Automat – von oben ablesbar. Der Verschluss ist ein Compur-Rapid mit 1/400 s. Es gibt einen Selbstauslöser, und die Kamera zeigt in kleinen Fenstern durch eingeschwenkte rote Marken an, ob ein Film eingelegt ist und der Verschluss gespannt ist.
Das Design wirkt ausgesprochen modern, die Kamera fällt sofort auf. Ein Schwachpunkt des Bedienkonzepts ist m.E. der Auslöser, der an der rechten Gehäuseseite in Höhe des Ikoflex-Schriftzugs liegt und mit dem Daumen betätigt werden muss; wie man das verwacklungsfrei hinbekommen soll, weiß ich nicht. Schick ist der große Albadasucher, der auch bei Selbstauslöseraufnahmen wie ein Spiegel verwendet werden kann.
Der Neupreis betrug 1939 320 RM; zum Vergleich: Rolleiflex Automat, 2. u. 3. Modell: 240 RM. Ziemlich ambitioniert also; leider erschien dieses Spitzenmodell sehr spät. Der große Vorteil der Rolleilflex war aber ohnehin, dass sie von Beginn an als Systemkamera ausgelegt war; es gab sukzessive Zubehör wie Plattenadapter, Kleinbildeinsatz, Panoramakopf, Stereoschieber und vieles mehr, auch das System des Sucherzubehörs mit dem Bajonett war durchdacht. Zur Ikoflex gab es nur wenig Zubehör (erst in der Nachkriegszeit erschienen ein eher primitiver Prismenaufsatz und ein Ikoprox-Nahlinsenaufsatz, das war es...).
In der Nachkriegszeit gab es keine Fortsetzung; einigermaßen erfolgreich war die neue Ikoflex I in diversen Varianten, das war aber ein einfaches Modell. Auch das Topmodell Ikoflex Favorit, das bis 1959 verkauft wurde, hatte nur ein Tessar 3,5 und Filmtransport mittels Knopf.
Die Ikoflex III ist vergleichsweise selten, und viele Exemplare sind defekt. Hier hatte ich das Glück, ein tadelloses Exemplar zu erwischen; sogar der Selbstauslöser läuft glatt durch. Ich muss mal einen Film durchziehen...
eine bemerkenswerte Kamera. Du hast eine der Besonderheiten (Albada-Zusatz-Sucher) angesprochen. Ich habe bei meiner Super-Ikonta 531 auch diesen Sucher als einzigen Sucher eingebaut. Mich würde interessieren wie Du die Durchschau-Qualität beurteilst. Bei meiner Super Ikonta ist der Albada-Sucher bei bestimmten Lichtverhältnissen eher suboptimal.
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Rainer:Mich würde interessieren wie Du die Durchschau-Qualität beurteilst. Bei meiner Super Ikonta ist der Albada-Sucher bei bestimmten Lichtverhältnissen eher suboptimal.
Ich finde das Sucherbild sehr angenehm und brillant. Es scheint aber auf den jeweiligen Zustand anzukommen; ich habe schon Kameras mit Albadasuchern gesehen, in denen kaum etwas zu erkennen war, weil in der eingelassenen Schicht etwas angelaufen war. Womöglich sind diese Sucher deutlich empfindlicher als gewöhnliche Newtonsucher.
ich habe insgesamt fünf Albadas, alle von Zeiss Ikon und alle haben einen Blaustich, ich vermute dass diese Färbung tatsächlich von der Verspiegelung herrührt. Vielleicht ist das Sucherbild bei der Ikoflex besser weil der Sucher einfach sehr groß ist, die die ich habe (Ikontas 520/15 - 520/2, Sucher für Contax I 433/26 und Super Ikonta 531) sind recht klein. Der Lichteinfall spielt ebenfalls keine unerhebliche Rolle.
ich habe mal einen Blick in die englischsprachige Anleitung zu meiner Super Ikonta mit Albada-Sucher geworfen. Dort wird mit keinem Wort auf die Blaufärbung eingegangen. Man hätte das ja als Vorteil anpreisen können. So überlege ich, ob diese Blaufärbung sich erst über die Jahrzehnte ausgebildet haben könnte.
Irgendwie passt aus meiner Sicht dieser Suchertyp nicht zu ansonsten brillanten Zeiss-Ikon-Kameras ...
den
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
zur Blaufärbung fällt mir ein, dass es auch Nachrüst-Sportsucher mit blau eingefärbter Linse gab, deren Vorteil wohl darin bestand, dass der Kontrast besser beurteilt werden konnte. Ich meine aber, dass die Blaufärbung beim Albadasucher eher ein "bug" als ein "feature" ist. Ich mustere am WE mal meine Bestände.
So, ich habe mal versucht, das Sucherbild darzustellen – da ich digital nur mit dem Handy unterwegs bin und sonst analog fotografiere, nicht ganz leicht. Zunächst ein Auszug meiner Photographica-Bibliothek nur mit dem iPhone, das zweite Bild durch den Albadasucher der Ikoflex III.
Man erkennt in der Tat eine leichte Blaufärbung, die ich allerdings nicht als störend empfinde. An Albadasuchern habe ich noch einen Nachrüstsucher 433/20 (Format 6x9), den ich einer Cocarette verpasst habe, deren Rahmensucher fehlte. Der liefert eine ähnliches Bild. Ich habe aber auch schon Kameras gesehen, deren Albadasucher defekt war, sodass man kaum etwas erkennen konnte; da scheint es einen Alterungsprozess zu geben.
Zur Blaufärbung: Ganz unabhängig vom Albadasuche soll die Blaufärbung von Sucherlinsen einen Vorteil haben; so beschreibt es David im Photographischen Praktikum (7./8. Aufl. 1931, S. 176):
Dementsprechend gab es Newtonsucher zum Nachrüsten, die mit einer solchen blauen Linse ausgestattet waren. Hier zwei Beispiele – für 3x4 an einer Certo Dolly A und für 10x15 an einer frühen Bergheil.