eine Kamera von recht eigenwilliger Konstruktion ist die Balda Pierette.
Die Pierette wurde 1932 vorgestellt und wahrscheinlich nur bis 1933/34 gebaut. Sie ist eine Spreizenspringkamera für den A8-Film (Rollfilm 127) und liefert Aufnahmen im Format 4 x 6,5 cm (gemessen 3,9 x 6,2 cm). Die Kamera ähnelt konstruktiv in vielen Details ihrer „kleinen Schwester“ -der Balda Piccochic (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=238).
Der augenfälligste Unterschied zur Piccochic ist neben dem größeren Aufnahmeformat die zweiflüglige Tür, hinter welcher der Verschluss und das Objektiv im geschlossenen Zustand vor Staub und Beschädigungen geschützt werden. Die Tür öffnet und schließt automatisch beim Ein- und Ausfahren von Objektiv und Verschluss. Die Konstruktion ähnelt der, die wir etwa zur gleichen Zeit bei der Glunz Ingo 3 x 4 finden. Bei Balda ist Konstruktion aber einfacher gestaltet. Die Türflügel sind nicht mit der Spreizenkonstruktion verbunden, sondern werden durch Federspannung in Geschlossenstellung gehalten.
Wie auch bei der Piccochic öffnet der Sucher der Pierette automatisch beim Öffnen der Kamera. Die Filmbühne ist mit Filmlaufschienen ausgestattet, wodurch der Film mittels der Andruckplatte völlig plan und genau im Fokus gehalten wird.
Die Verschlussausstattung reicht von Vario bis Ibsor (Compur habe ich noch nicht gesehen.) und die verwendeten Objektive gehen vom Baldanar 6,3 bis zum Trionplan 3,5. Das vorliegende Exemplar ist mit einem Ludwig Vidanar 7,5 cm f/4.5 F im AGC Pronto-Verschluss ausgestattet.
Die Pierette wurde auch unter dem Namen Prestoneta von Birnbaum verkauft und unter dem Namen Notafix von Kenngott.
Das letzte Bild zeigt die Pierette nochmal mit zwei ihrer kleinen Piccochic-Schwestern.
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vielen Dank für die Ergänzung. Es hätte mich auch gewundert, wenn die Pierette nicht auch mit dem Compur angeboten worden wäre.
Hier noch eine zeitgenössische Werbung, wo der Modellname bemerkenswerterweise mit „rr“ geschrieben wird. Man findet die Schreibweise mit einem „r“ wesentlich häufiger, aber da mein Exemplar unbeschriftet ist, kann ich die korrekte Schreibweise nicht nachprüfen.
vielen Dank für die Vorstellung dieses interessanten Modells! Bei solchen eigenwilligen Konstruktionen stellt sich die Frage, warum sie nicht weiterverfolgt wurden: Hat sich die Technik nicht bewährt, war die Konstruktion zu anfällig oder zu aufwändig in der Produktion? Wirkte das Design zu 'barock'? Patentrechtliche Schwierigkeiten mit Glunz werden es nicht gewesen sein, wenn die Balda-Türen nur als Federklappen ausgeführt sind. (Aber auch bei der Glunz Ingo wäre zu fragen, warum die 'Scheunentor'-Konstruktion seinerzeit ein Einzelfall blieb. Erst 25 Jahre später kam mit der Vitessa etwas Ähnliches...)
Wie schätzt Du das denn ein – ist die Balda-Konstruktion gelungen? Ich kenne nur Ingo und Vitessa. Die Ingo-Mechanik ist – zumindest bei meinem Exemplar – zwar etwas hakelig, aber das Objektiv ist wenigstens geschützt. Aber das bieten Springkameras wie Baldi, Ikonta und Vollenda auch, und zugleich sind sie bedienungsfreundlicher...
In der Werbeanzeige fällt mir der Trageriemen auf: Der ist offenbar als Kette oder Kordel ausgeführt; üblich waren seinerzeit Lederriemen. Könnte das ein Hinweis darauf sein, dass die Kamera als 'Damenkamera' konzipiert war? Darauf wird zwar nicht wie in anderen Fällen explizit hingewiesen, aber so eine Kette lässt die Kamera doch eher wie ein Modeaccessoire erscheinen...
die Frage zur Kordel habe ich mir auch schon gestellt. Zumindest habe ich in der Balda-Werbung keinen Hinweis zur „Damenkamera“ gefunden. Bei der Piccochic habe ich eine Besprechung aus dem Photofreund beigefügt, wo die Kordel-Ausstattung näher thematisiert wird. Dort heißt es auch, dass die Kamera (Piccochic) „in der Rochtasche oder der Handtasche der Dame“ gut mitgeführt werden kann. Ich denke eine kleine Kamera an der Kordel konnte sich eine sportliche Dame ebenso umhängen wie ein Wandersmann.
Was die Frage nach dem Scheitern der Konstruktionen betrifft, kann man nur mutmaßen. Vielleicht waren die Konstruktionen mit den Türen einfach zu störanfällig, was ich aber bei meiner Pierette nicht bestätigen kann. Ich hatte beim ersten Blick auf die Konstruktion auch Bedenken, weil die Türen ja bei jedem Öffnen und Schließen am Springmechanismus reiben, aber ein nennenswerter Abrieb hat tatsächlich nicht stattgefunden. Die Kamera springt problemlos im die Aufnahmestellung und lässt sich ohne Hakelei wieder zudrücken.
Bei der Ingo und der Pierette war es einfach die Entwicklung der 1930er Jahre, die den 127er Film ins Abseits stellte. Warum die Klapptüren bei den Neukonstruktionen für den Kleibildfilm und den 120er keine Anwendung fanden (oder erst wesentlich später bei der Vitessa) bleibt unklar.