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[iIa] Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900
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13.06.25 19:58
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[ iIa ] Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Liebe Foristi,

heute möchte ich Euch die älteste Kamera in meiner Sammlung vorstellen, eine Le Radieux 1900 ("Die Strahlende") der französischen Firma J. Girard et Cie, Paris, 42 Rue de l'Echiquier. Entgegen der Jahreszahl im Namen wurden diese Kameras bereits mindestens seit 1898 hergestellt. Kurz gesagt handelt es sich um eine Platten-Boxkamera für bis zu 12 Glasplatten im Format 9x12cm.

Derartige Kameras, zum Beispiel auch die sehr ähnliche "Carmen" von Hüttig, Dresden, erhalten oft das (verkaufsfördernde?) Etikett "Detektivkamera", das mir hier aber nicht zutreffend erscheint. Mit ihren 24x12x21cm (LxBxH) und den vielen glänzenden Nickel-Applikationen ist die Kamera alles andere als unauffällig und gibt auch nicht vor, etwas anderes zu sein (Koffer, Spazierstock, Zigarettenetui, etc.) als eine Kamera. Laut Hersteller wurden bereits in den ersten 13 Monaten über 15.000 Exemplare der Kamera verkauft, was sicher die damalige Anzahl französischer Detektive um ein Vielfaches übersteigt. Zudem war sie mit 135 Francs (Kaufkraftäquivalent etwa 600 Euro) nicht billig und wahrscheinlich eher ein Luxusgut reicher Franzosen als ein Werkzeug prekärer Detektive. Schließlich wurde die Kamera in den mir bekannten Verkaufsanzeigen (eine findet sich weiter unten) nie als "Detektivkamera" angepriesen. Das Einzige, das bei viel gutem Willen etwas in die Richtung "Detektiv" oder zumindest "verstecktes Fotografieren" deuten könnte, ist die Möglichkeit, die Kamera mittels Gummischlauch und -ball pneumatisch aus mehreren Metern Entfernung auslösen zu können. Aber selbst das wäre beim Observieren nur bedingt hilfreich gewesen, weil die Kamera trotzdem vor jeder Aufnahme manuell neu gespannt werden mußte. War also vielleicht eher ein Vorläufer des Selbstauslösers. Trotz allem kann es natürlich sein, daß doch hin und wieder ein Detektiv diese Kamera verwendet hat .

Aber zurück zu meiner Kamera. Ich erstand sie für recht kleines Geld vor einigen Jahren von privat bei Kleinanzeigen. Beschrieben war sie sehr knapp als "Arme Magazinkamera, ca. 1920" (das "Arme" erkläre ich später noch). Sie erreichte mich in recht desolatem Zustand mit viel Patina:



Mein Plan war von Anfang an, die Kamera zu restaurieren und ihr dann einen zentralen Platz in meiner Wohnzimmer-Vitrine einzuräumen. Nachdem ich die Nickel-Beschläge entfernt hatte, zeigte sich, daß das Leder (Maroquin = echtes Ziegenleder) ursprünglich einen sehr dunklen Braunton hatte, über die Jahre aber an allen sichtbaren Stellen komplett ausgeblichen (und fleckig geworden) war.



Ich entschloß mich daher, das Leder neu zu färben, um wieder in die Richtung des Originalzustands zu kommen. Ich weiß, daß man eine solch radikale Maßnahme durchaus kontrovers diskutieren kann, aber da es sich nicht um ein historisch bedeutsames Einzelstück handelt, fand ich es akzeptabel. Ich bin auch der Meinung, daß ein "schönes" Aussehen bestimmte Artefakte eher davor schützen kann, irgendwann im Müll zu landen. Verstehe aber jeden, der das anders sieht.

Also alles auseinandergenommen, das Leder mit Lederseife gereinigt und dann gefärbt (ölbasierte Lederfarbe Fiebing's Pro Dye – Show Brown), den Verschluß zerlegt und gereinigt, alle Nickelteile poliert und dann alles wieder zusammengesetzt. Hier das Endergebnis:



Hier noch einige Fotos des Verschlußmechanismus:



Die Vorderseite der Verschlußplatte. Man sieht unter anderem, daß die verschiedenen Belichtungszeiten erreicht werden, indem der mittels Federkraft "aufgezogene" Messingzylinder durch zwei Stahlbacken mit Lederbelag unterschiedlich stark abgebremst wird. Die Stärke dieser Bremsung kann am unteren Stellrad links eingestellt werden.



Die Rückseite der Verschluß-Platte mit dem doppelten Guillotine-Verschluss.

Zuletzt bearbeitet am 13.06.25 20:18

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13.06.25 20:10
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Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Die Handhabung der Kamera

Den folgenden Ablauf einer typischen "Fotosession" habe ich mir anhand des technischen Aufbaus der Kamera zusammengereimt. Ich weiß nicht, ob es dazu jemals eine Bedienungsanleitung gab und, falls ja, ob sich irgendwo noch ein Exemplar erhalten hat. Ich betreibe hier also gewissermaßen "experimentelle Archäologie".

Ausgangspunkt ist die leere Kamera ohne eingelegte Glasplatten.

(1) Durch Drehen des Plattenwechselhebels (auf der linken Seite der Kamera, von vorn gesehen) etwa 90° gegen den Uhrzeigersinn verstellen wir den Bildzähler, bis er "12" anzeigt. Der Bildzähler läuft aufsteigend von 1 bis 12 und zeigt an, wie viele Bilder bereits gemacht wurden. Da die Zahl "0" nicht vorhanden ist, müssen wir den Zähler am Anfang auf "12" stellen.
(Sinnvoller wäre vielleicht gewesen, wenn der Zähler abwärts zählen würde und es auch die "0" gäbe. Dann könnte man ihn auf die Anzahl eingelegter Glasplatten einstellen und bei "0" wäre klar, daß alle Platten belichtet wurden.)


(2) In der Dunkelkammer stecken wir die gewünschte Anzahl unbelichteter 9x12cm Glasplatten (maximal 12) in die jeweiligen Plattenhalter. Diese Plattenhalter sind von 1 bis 12 durchnummeriert, um Aufnahmen besser zuordnen zu können. Die Plattenhalter legen wir dann als Block von hinten in die Kamera ein und schließen die Kamerarückwand (sie kann sogar mit Schlüssel abgeschlossen werden). Das muß ebenfalls in der Dunkelkammer geschehen, da die Plattenhalter vorn offen sind. Die lichtundurchlässige Rückseite der Plattenhalter sorgt dafür, daß immer nur die vorderste Platte belichtet wird.
(Leider besitze ich nur einen Plattenhalter, die Nummer 10. Alle anderen sind im Nebel der Geschichte verschwunden. Genauso wie der Schlüssel zum Abschließen der Rückwand.)


(3) Jetzt geht's auf zum Fotografieren. An der Lokation öffnen wir als erstes durch Verschieben eines kleinen Hebels von oben nach unten den Objektivschutz.




(4) Mittels Drehknopf auf der Vorderseite der Kamera wählen wir den Belichtungsmodus: 'I' – definierte Belichtungszeit, 'P' – manuelle Belichtungszeit (= '"B" / Bulb). Dann spannen wir den Verschluß durch Drehen des "ARMÉ"-Hebels um 45° im Uhrzeigersinn. Der Hebel bleibt im 45°-Winkel stehen und zeigt so an, daß die Kamera aufnahmebereit ist.
(Hier also die Auflösung, warum der Verkäufer der Kamera sie als "Arme Magazinkamera" beschrieben hat. Aus Mangel an sichtbaren Informationen zum Hersteller nahm er an, daß "Arme" der Herstellername wäre, es bedeutet aber auf Französisch in diesem Kontext lediglich "spannen" oder "gespannt".)


(5) Mittels Blick durch den jeweiligen Brilliantsucher (einer für Hochformat, einer für Querformat) wählen wir den Bildausschnitt. Für beide Formate gibt es jeweils auch eine Libelle, um zu prüfen, ob wir die Kamera gerade halten.
(Bei meiner Kamera sind leider beide Libellen defekt. Die Brilliantsucher sind allerdings ein Träumchen, hell und weitgehend verzeichnungsfrei.)


Ich konnte leider keine Angaben zur Brennweite des verwendeten Objektivs finden. Wenn man die Abbildung im Sucher heranzieht, dann entspricht sie ziemlich genau dem Bildausschnitt eines 50mm-Objektivs einer Kleinbildkamera. Die Brennweite des Objektivs sollte also etwa im Bereich 130-150mm liegen.

(6) Jetzt stellen wir über den Hebel auf der linken Seite der Kamera (von vorn gesehen) die Motiventfernung ein. Einstellbar sind Entfernungen zwischen 2,5m und 20m (wahrscheinlich gleich "Unendlich"). Beim Einstellen wird das gesamte Objektiv nach vorn oder hinten bewegt.


(7) Je nach Beleuchtungssituation wählen wir mittels eines Hebels, der sich auf der Vorderseite zwischen den beiden Brilliantsuchern befindet, die Blende aus. Möglich sind stufenlose Werte zwischen f8 und f64. Die Einstellung erfolgt durch eine wunderschöne, kreisrunde Irisblende mit 12 Blendenlamellen.

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13.06.25 20:15
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Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

(8) Abschließend wählen wir noch die Belichtungszeit (falls wir im 'I'-Modus fotografieren). Hier wird es etwas tricky. Es gibt dafür ein Drehrad auf der linken Seite der Kamera (von vorn gesehen). Die Skala dieses Drehrades ist aber nur mit Werten von 1 bis 7 markiert (???), das Drehrad ist zudem stufenlos verstellbar. Der einzige Anhaltspunkt ist, daß der Hersteller in einer Anzeige als kürzeste Belichtungszeit 1/60sec angegeben hat. Meine empirischen Messungen haben ergeben: Mit größerem Wert wird die Belichtungszeit länger: 1/50sec bei 1, 1/20sec bei 3 und 1/4sec bei 7. Wie nahe meine Messungen an den ursprünglichen Zeiten liegen, weiß ich nicht. Da die Steuerung der Belichtungszeit rein über Reibung funktioniert, könnte es hier in den vergangenen 120 Jahren durchaus einige Veränderungen gegeben haben.


(9) Jetzt können wir endlich unsere Aufnahme machen, indem wir auf den Auslöseknopf auf der Vorderseite der Kamera drücken. Wir könnten natürlich auch einen Gummischlauch mit Gummiball am Ende anschließen (kleines Loch auf der linken Seite der Kamera, unterhalb des Belichtungszeit-Drehrads) und die Aufnahme "aus der Ferne" auslösen.
(Bei meiner Kamera wird das leider nicht mehr funktionieren, weil sich ein notwendiges Gummi-Verbindungsstück im Inneren der Kamera bereits aufgelöst hat. Ließe sich aber wahrscheinlich reparieren.)


(10) Jetzt betätigen wir den Plattenwechselhebel. Die belichtete Platte fällt mit Getöse in das Unterteil der Kamera und die nächste Platte rutscht nach vorn und ist bereit zur Belichtung. Des weiteren springt der Bildzähler von "12" auf "1" und zeigt uns an, daß wir bisher eine Platte belichtet haben. Für weitere Aufnahmen zurück zu Schritt 4.

(11) Nach unserer Fotosession geht's zurück in die Dunkelkammer. Die belichteten Platten können wir aus dem Unterteil der Kamera entnehmen, ohne die ggf. noch nicht belichteten Platten vorher herausnehmen zu müssen.

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13.06.25 20:17
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Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Zum Abschluß noch eine ganzseitige Anzeige, mit der die Le Radieux damals vollmundig beworben wurde. Sie stammt aus der August-Ausgabe der Pariser Monatszeitschrift Le Monde Moderne von 1899.


(In Zeitschriften der Jahrgänge 1901 und 1902 habe ich auch Anzeigen für das Nachfolgemodell der Kamera gefunden, das sogar 24 Glasplatten nacheinander belichten konnte. Erstaunlicherweise zum unveränderten Preis von 135 Francs.)

Leider hatte ich bisher weder Zeit noch Muße, um Französisch zu lernen, aber zum Glück wird die KI beim Übersetzen immer besser. Hier also ein paar Schmankerl aus der Anzeige:

"Die RADIEUX 1900 ist ein Gerät, das KEINEN Rivalen IN DER WELT hat"

"Die „RADIEUX 1900“ ermöglicht schnellste „Schnappschüsse“ und „gestellte“ Aufnahmen wie ein Fotograf im Studio; Es ist für alle Genres geeignet und liefert in wenigen Sekunden 12 verschiedene Aufnahmen von bemerkenswerter Finesse, die jeweils 12 ZENTIMETER MAL 9 ZENTIMETER messen!!!"

"Sie hat ein doppelt aplanares, geradliniges, extra schnelles Objektiv, das aus zwei symmetrischen achromatischen Linsen besteht; Dieses Objektiv ist nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen konstruiert und mit größter Sorgfalt hergestellt; es zeigt selbst kleinste Details mit erstaunlicher Präzision."

"Der Verschluss mit variablen Geschwindigkeiten, bis zu einer Belichtung von einer 60stel Sekunde, ist an sich schon ein Wunderwerk der Perfektion."

"Die „RADIEUX 1900“ … ist mit ZWEI LICHTSPIEGELSUCHERN ausgestattet, deren Geheimnis wir exklusiv besitzen. Diese Lichtspiegel zeigen genau die Ansicht oder das Porträt, das fotografiert werden soll. Bisher zeigten alle Sucher das Bild auf dem Kopf stehend und verzerrt. Nur unsere Lichtspiegelsucher begradigen das Bild und reflektieren ohne die geringste Verzerrung, was auf dem Foto zu sehen sein wird."

Ich hoffe, diese Kameravorstellung hat Euch gefallen, auch wenn sie etwas langatmig war.

Viele Grüße,
Sven

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Le Monde Moderne August 1899 (SW).jpg Le Monde Moderne August 1899 (SW).jpg (45x)

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13.06.25 23:25
Rainer 

Administrator

13.06.25 23:25
Rainer 

Administrator

Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Hallo Sven,


das mit der Bedienungsanleitung ist eine gute Idee, gefällt mir. Ich selbst stolperte vor Jahren genau über das Problem des Plattenwechsels ohne die Boxkamera öffnen zu müssen. Das lag daran, daß ich kein Anschau-Objekt hatte. Es war mühsam, zu erkennen wie der Ablauf funktioniert.

Übrigens eine feine Kamera. Im Forum-Verzeichnis gibt es schon einen ähnlichen Eintrag, aber von Girand & Boitte. Siehst Du da eine Verbindung?



Beste Grüße von Haus zu Haus
Rainer (Forumbetreiber)

Analog: Aus Negativ wird Positiv.
Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.

14.06.25 11:19
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Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Ja, da gibt es definitiv eine Verbindung. Das ist physisch dieselbe Firma (an derselben Adresse), die aber rechtlich umbenannt wurde. Wahrscheinlich aufgrund eines Generationenwechsels. Erkennbar auch an diesem Ausschnitt einer Le-Radieux-Anzeige von 1901:



Er besagt, daß MM. J. Girard & Cie (MM. bedeutet einfach "Herren", Cie bedeutet "Handelsgesellschaft") der Rechtsnachfolger der Firma E. Girard & A. Boitte ist. Die frühere Firma wurde wohl 1885 gegründet, die Umfirmierung erfolgte dann 1899. Wenn man bei Google nach E. Girard & A. Boitte sucht, tauchen oft Globusse auf, die diese Firma hergestellt hat.

Um die ganze Sache weiter zu verkomplizieren, wird die Firma J. Girard & Cie dann 1909 wiederum umfirmiert und hieß dann Girard & Boitte. Bei dieser Umfirmierung änderte sich dann wohl auch die Adresse. Es gibt also eine ältere Firma E. Girard & A. Boitte bis 1899 und eine neuere Firma praktisch gleichen Namens Girard & Boitte ab 1909. Unternehmenszweck der neuesten Firma war unter anderem die Herstellung von Phonographen, Fotoapparaten und Radios. Hier eine Anzeige für ein Radio von 1934:

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14.06.25 11:20
Jan_S 

Moderator

14.06.25 11:20
Jan_S 

Moderator

Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Hallo Sven,

vielen Dank für die ausführliche Vorstellung dieser schönen Kamera! Woher die Bezeichnung Detektivkamera für diese Gattung stammt und wann sie aufgekommen ist, weiß ich nicht. Entscheidend dürfte sein, dass es sich um Handkameras handelt, mit denen Momentaufnahmen möglich waren. Im Vergleich zu den großformatigen stativgebundenen Apparaten dürften diese Boxen (a) leichter mitzuführen, (b) deutlich weniger auffällig und (c) schneller zu handhaben gewesen sein, das dürfte eine solche – sicherlich pointierte – Bezeichnung gerechtfertigt haben.
In dem Zusammenhang ist aber auch interessant, dass Detektiv- auch zur Bezeichnung von Objektiven genutzt wurde. Bei Ernemann gab es (im unteren Preissegment) den Detectiv-Aplanaten; mir ist nicht klar, ob sich das auf den Einsatz in Handkameras oder auf die Lichtstärke bezog (die allerdings mit 1: 6,8 auch nicht so üppig war...).

--
Beste Grüße
Jan

14.06.25 11:48
LumoStoria 

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14.06.25 11:48
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Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Soweit ich recherchieren konnte, wurde das Konzept und der Begriff der "Detektivkamera" 1880 vom britischen Chemiker Thomas Bolas erfunden, der 1881 auch eine entsprechende Kamera als Patent anmeldete. Wie Jan bereits oben schrieb, war der Unterschied zu früheren Kameras vor allem, daß man Aufnahmen "aus der Hand" machen konnte und nicht mehr auf große, schwere und sperrige Apparate angewiesen war. Damit war es dann auch möglich, "unbemerkt" Aufnahmen zu machen. Wahrscheinlich zu Beginn auch, weil die Menschen nicht damit rechneten, daß man mit einer so kleinen Kiste Fotos machen konnte. Das Tarnen als andere Objekte kam dann wahrscheinlich erst später hinzu, als die Menschen sich schließlich an kleine Fotoapparate gewöhnt hatten.

Siehe auch: https://historiccamera.com/cgi-bin/libra...amp;app_id=2744

14.06.25 20:28
Sammler 

Moderator

14.06.25 20:28
Sammler 

Moderator

Re: Le Radieux – Eine "Detektivkamera" aus der Pariser Belle Epoque um 1900

Hallo in die Runde

warum Detektivkamera?? dazu meine Meinung

Klein und Handlich ist ja schon gesagt worden für mich ist wohl wahrscheinlich das der Sucher das gewisse "etwas" war
denn durch den Spiegelsucher war es doch erst möglich das man um die Ecke fotografrieren konnte.



Gruß
Wolfgang der Sammler

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