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Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv
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29.11.25 12:31
irifue 

500 und mehr Punkte

29.11.25 12:31
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500 und mehr Punkte

Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo zusammen,

hier soll die Hüttig Cupido Modell 1909 - Format 9x12 - vorgestellt werden. Ich nehme an, dass 1909 nicht das Erscheinungsjahr ist, denn die Cupido wird schon 1907 erwähnt und im Hüttig Katalog von 1908. Mit der Seriennummer A 8022 dürfte es sich auch um ein sehr frühes Modell handeln. Aus der linken Seite des Laufbodens ist eine Plakette mit dem Hüttig-Pentagramm.



Das Gehäuse ist aus Aluminium oder Magnalium, ziemlich rau und schwarz gefärbt - eigentlich nicht sehr sorgsam verarbeitet - und mit Leder oder Kunstleder bezogen.
Der Balgen hat eine einfachen Auszug, aus schwarzen Leder außen und innen mit Stoff bezogen.
Der Laufboden ist wahrscheinlich aus Alumnium, auf der Unterseite beledert und mit einer Ausbuchtung für das Objektiv versehen.
Die Standarte - aus Metall mit "Hüttig-Muster" oder vernickelt - ist auf einem längerem schwarz lackiertem Laufschlitten verschraubt und bewegt sich durch den Trieb eines Hebels nach vorn.
Die Laufschienen und andere Metallteile sind vernickelt.

Objektivträger, Objektiv und Teile des Brillantsuchers sind schwarz lackiert.
Diese Hüttig Cupido ist mit einem sehr einfachen Objektiv ausgestattet mit einer Revolverblende - 4 Blendenstufen 12,5 - 50 - und Verschlusseinstellungen I, T, B. ohne Vorderlinse - die schon Verwendung bei Hüttig Boxkameras findet.

Ich möchte hier Jan zitieren: "Bei dem Verschluss dürfte es sich um den Lloyd-Verschluss Nr. VIII handeln, der 1909 in das Ica-Programm übernommen wurde; unten eine Abbildung der späteren Ica-Version. In der einfachsten Ausstattung hatten solche Kameras eine achromatische Linse, wie es in den Katalogen hieß – in der Tat eine sehr einfache Bestückung, wie sie manche Boxkameras hatten."






So eine aufwendige und akurat gestaltete Mechanik ist mir noch nicht begegnet und das Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Voigtländer hat auch Anfang der 30er Jahre Springkameras mit z.B. Kettentrieb gebaut.

Zitat aus Photo Antiquaria PA 7 von 1976 Seite 6 ff Geschichte der Photoindustrie Deutschland von James E. Cornwell Folge 5
„Nach einigen „mageren“ Geschäftsjahren kam 1906 ein neuer Aufschwung durch das Erscheinen einer Schlitzverschlusskamera Modell „Helios“ und einer Zweiverschlusskamera „Hekla“. Ein Jahr später schuf die Firma R. Hüttig einen weiteren Höhepunkt im Kamerabau mit ihrer Erfindung der „Springkamera“, „Cupido“ genannt (DRP Nr. 179 377 vom 27.01.1906). Tatsächlich genügte ein Fingerdruck auf den federnden Knopf am Kameragehäuse, um das Vorderteil mit richtigem Abstand in die senkrechte Stellung zu bringen. Leider konnte man nur Platten verwenden; damit wurde der mit dem Springmechanismus erzielte Fortschritt und Beschleunigungsfaktor durch das zeitraubende Platteneinlegen wieder zunichte gemacht.“



Ich habe versucht die einzelnen Phasen des Aufrichtens in umgekehrter Reihenfolge mit Fotos zu dokumentieren.
Es sollen noch mehr Besonderheiten vorgestellt werden.



Der reversible Brillantsucher mit Libelle hat eine extra Führung hinter der Standarte mit Objektivträger und ist nach unten federnd aufgehängt. Beim Zusammenfalten der Kamera bewegt er sich nach unten und kann im Gehäuse verschwinden.

Der Objektivträger wird durch Betätigung einer Spindel nach oben oder unten bewegt, dabei wird eine Sperre nach rechts bewegt und gibt so den Weg in beide Richtungen frei.

Der kleine Hebel auf der rechten Seite des Laufbodens bewegt den Laufschlitten in den Nahbereich von 1,50 m.

Die beiden Schichten des Balgens sind im unteren Bereich vernietet, vermutlich soll dies dem Balgen bei dem ruckartigen Aufrichten stärkeren Halt geben.

Die aufwendige Mechanik der Kamera - dieses ausgeklügelte System - steht im krassen Gegensatz zu der recht lieblosen Gestaltung des Gehäuses und des recht einfachen Objektivs.

Beste Grüße

Ingrid

Zuletzt bearbeitet am 30.11.25 17:15

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präsentationa.jpg präsentationa.jpg (4x)

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29.11.25 19:13
Jan_S 

Moderator

29.11.25 19:13
Jan_S 

Moderator

Re: Hüttig Cupido Modell 1909 sehr einfache Form

Hallo Ingrid,

das ist ein sehr interessanter Beleg dafür, dass das System der Seriennummern mit vorangestelltem Buchstaben, wie es später von Ica genutzt wurde, bereits von Hüttig eingeführt wurde.
Bei dem Verschluss dürfte es sich um den Lloyd-Verschluss Nr. VIII handeln, der 1909 in das Ica-Programm übernommen wurde; unten eine Abbildung der späteren Ica-Version. In der einfachsten Ausstattung hatten solche Kameras eine achromatische Linse, wie es in den Katalogen hieß – in der Tat eine sehr einfache Bestückung, wie sie manche Boxkameras hatten.



--
Beste Grüße
Jan

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Lloyd_viii.png Lloyd_viii.png (7x)

Mime-Type: image/png, 712 kB

30.11.25 00:56
irifue 

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30.11.25 00:56
irifue 

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Re: Hüttig Cupido Modell 1909 sehr einfache Form

Hallo Jan,

vielen Dank für deine Informationen. Jetzt kann ich Objektiv und Verschluss benennen. Was hat es mit der Vernietung des inneren Balgens mit dem Außenbalgen auf sich. Man sieht die Vernietung auch von außen. Kann es sein, dass sich die Verklebung gelöst hat und nachträglich mit Nieten nachgeholfen wurde? Ich werde morgen die Kamera vorstellen und die Besonderheiten der Mechanik zum Aufrichten der Standarte und zum Ausfahren des Balgens beschreiben.

Beste Grüße
Ingrid

30.11.25 12:15
Jan_S 

Moderator

30.11.25 12:15
Jan_S 

Moderator

Re: Hüttig Cupido Modell 1909 sehr einfache Form

Hallo Ingrid,

irifue:
Was hat es mit der Vernietung des inneren Balgens mit dem Außenbalgen auf sich. Man sieht die Vernietung auch von außen. Kann es sein, dass sich die Verklebung gelöst hat und nachträglich mit Nieten nachgeholfen wurde?

Das ist bei meiner späten (Ica) Cupido 75 (6,5x9) auch so (s. unten). An eine nachträgliche Reparatur glaube ich eigentlich nicht, dazu sieht mir das zu regelhaft aus. Vielleicht rechnete man angesichts der Springkonstruktion mit einer besonderen Belastung für den Balgen? Dann hätten aber alle Cupido-Modelle die Vernietung aufweisen müssten, das ist nicht der Fall (ich habe einige ohne Nieten). Ich habe so etwas auch schon an anderen Kameras gesehen. Pritschow äußert sich in seinem Buch übrigens auch kurz zur Herstellung von Balgen, erwähnt aber die Vernietung nicht. Insofern muss ich da passen.




--
Beste Grüße
Jan

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Cup75.jpeg Cup75.jpeg (5x)

Mime-Type: image/jpeg, 421 kB

30.11.25 19:08
Jan_S 

Moderator

30.11.25 19:08
Jan_S 

Moderator

Re: Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo Ingrid,

vielen Dank für die ausführliche Vorstellung dieser schönen Kamera! Ich möchte zu zwei Aspekten noch etwas ergänzen:

irifue:
hier soll die Hüttig Cupido Modell 1909 - Format 9x12 - vorgestellt werden. Ich nehme an, dass 1909 nicht das Erscheinungsjahr ist, denn die Cupido wird schon 1907 erwähnt und im Hüttig Katalog von 1908. Mit der Seriennummer A 8022 dürfte es sich auch um ein sehr frühes Modell handeln.

Ich würde das Exemplar eher als spätes Modell einordnen und ins Jahr 1909 datieren. Warum?

1. Das Format der Seriennummer mit vorangestelltem Buchstaben (hier A) wurde erst in der letzten Hüttig-Periode etabliert und dann von Ica übernommen. Frühe Hüttig-Kameras hatten keinen Buchstaben vor der Seriennummer.

2. Die Kamera hat schon den 'modernen‘, umlegbaren Brillantsucher. Frühe Exemplare besaßen einen 'zweiäugigen' festen Brillantsucher auf dem Klappboden unterhalb des Objektivs. Ein solches Exemplar ist bei Abring unter Nr. 185 abgebildet.

irifue:
So eine aufwendige und akurat gestaltete Mechanik ist mir noch nicht begegnet und das Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Voigtländer hat auch Anfang der 30er Jahre Springkameras mit z.B. Kettentrieb gebaut.

Das kann ich nur unterstreichen! Ich finde diese Cupido-Modelle (der man in technischer Hinsicht auch die Atom-Kameras zuordnen kann) wegen der präzisen Mechanik ganz faszinierend. Ich habe mehrere Ica-Cupidos in unterschiedlichen Formaten, und allen ist gemeinsam, dass die Springmechanik auch heute noch zuverlässig und akkurat funktioniert; das wirkt alles ausgesprochen durchdacht und solide. Das fällt mir gerade im Vergleich mit zeitgenössischen Eernemann-Kameras (z. B. Heag XV) immer wieder auf; die mir bekannten Ernemann-Modelle wirken im Vergleich deutlich 'klappriger'.


irifue:
Die aufwendige Mechanik der Kamera - dieses ausgeklügelte System - steht im krassen Gegensatz zu der recht lieblosen Gestaltung des Gehäuses und des recht einfachen Objektivs.

Was das Objektiv betrifft, muss man sagen, dass diese Modelle in ganz unterschiedlichen Bestückungen zu haben waren, auch mit hochwertigen Goerz- bzw. Zeiss-Objektiven in Compound. Das scheinen mir auch die häufigeren Varianten zu sein (ohne dass ich es quantifizieren kann). Die 'boxartige' Ausstattung des vorliegenden Exemplars ist schon ungewöhnlich; aus Sammlersicht wird es gerade dadurch besonders interessant.

Was Du zum Gehäuse schreibst, ist interessant. Ich kenne nur die späteren Ica-Versionen dieser Kameras, und da kann ich nichts beanstanden, im Gegenteil – da hat man auch fürs Gehäuse einen entsprechenden Aufwand betrieben und die Kameras beispielsweise auch noch mit dem aufwendigen Anlegefalz ausgestattet. Aber dahinter steckt eben auch eine Entwicklung von über 15 Jahren.

Für mich bleibt hier eine Frage: Warum hat sich das Prinzip seinerzeit nicht durchgesetzt? Ich vermute, dass man bei Plattenkameras nicht auf die Verstellmöglichkeiten verzichten konnte/wollte. Bei der Cupido gibt es eine Höhen-, aber keine Seitenverstellung – das ist sicherlich eine Einschränkung. Oder brachte man der Konstruktion doch kein Vertrauen entgegen, gab es Probleme mit der exakten Lage des Objektivs? Längere Auszüge hätte man wohl realisieren können, die Heag XV besaß auch eine Zahntriebverstellung. Aber Laufbodenkameras waren natürlich auch preiswerter herzustellen.





--
Beste Grüße
Jan

Zuletzt bearbeitet am 30.11.25 19:10

30.11.25 19:27
irifue 

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30.11.25 19:27
irifue 

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Re: Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo Jan,

mit liebloser Gestaltung meine ich die raue, nicht weiter geglättete Oberfläche, wahrscheinlich einfach Magnaliumguss und fertig.

Bei Tauber wird auch die Cupido mit Doppelbrillantsucher auf dem Laufboden vor der Standdarte gezeigt. Dort heißt es auch "Gehäuse innen, feinstes Mahagoni poliert". Meine Cupido hat keine eigentliche Rückwand, sondern eine Plattenkassette. Sie wird eingeklinkt, verriegelt und nicht eingeschoben. Sie ist mit Hüttig Dresden beschriftet.

Vielen Dank für deine Ergänzungen. Wie die siehst habe ich mich wieder an die deutschen Plattenkameras getraut.

Beste Grüße

Ingrid

30.11.25 19:45
Jan_S 

Moderator

30.11.25 19:45
Jan_S 

Moderator

Re: Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo Ingrid,

die Befestigung der Kassette (einer Packfilmkassette übrigens) ist mir eben erst aufgefallen – das ist der oben erwähnte Anlegefalz; ein weiteres Indiz für eine späte Datierung. Interessant auf jeden Fall, dass am Gehäusefinish gespart wurde, evtl. hat man bei der billigen Ausstattung weniger Aufwand getrieben. – Der Vollständigkeit halber: Bei der Übernahme ins Ica-Programm bekam die Kamera übrigens die Nr. 80; im Katalog 1910 war die Achromat-Ausstattung in Lloyd VIII schon nicht mehr gelistet, es begann beim Helios 8/125 in Automat XI (144 Mk.); teuerste Bestückung waren Doppel-Amatar bzw. Dagor 6,8 in Compound (283 Mk.).

--
Beste Grüße
Jan

01.12.25 23:12
axel 

Moderator

01.12.25 23:12
axel 

Moderator

Re: Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo zusammen,

als kleine Ergänzung: Auch bei Hüttig besaß die Kamera im Format 9x12 die Nr. 80 (zumindest 1908 und 1909). Bei der Einführung 1906 besaß sie noch die Nummer 111 und es gab sie zunächst auch nur im Format 9x12. Die einfache Ausstattung von Ingrids Kamera lässt sich aber im Katalog nicht für die Cupido nachweisen (die Hüttig Atom ist mit einfachem Achromat im Angebot).

Hier die entsprechenden Katalogauszüge (1906, 1908 und 1909):

1906



1908





1909


Beste Grüße
Axel

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1906.jpg 1906.jpg (6x)

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1908-1.jpg 1908-1.jpg (6x)

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1908-2.jpg 1908-2.jpg (5x)

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1909.jpg 1909.jpg (5x)

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01.12.25 23:59
irifue 

500 und mehr Punkte

01.12.25 23:59
irifue 

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Re: Hüttig Cupido Modell 1909 mit einem sehr einfachen Objektiv

Hallo Axel,

vielen Dank für deine Ergänzung. Mir fällt keine logische Erklärung ein, dass man eine so technisch ausgefeilte Kamera mit so billigen Komponenten ausgestattet hat. Vielleicht musste man die noch von Hüttig gefertigten Restbestände, nach der Übernahme von ICA, billig an den Mann bringen, ohne groß Resourcen zu verschwenden. Dieses Cupido-Modell wurde demnach auch nicht in Katalogen erwähnt. Vielleicht war es auch ganz anders, wer weiß.

Beste Grüße

Ingrid

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