[ iIa ] Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Unbekannt 77 Platte
Hallo zusammen,
heute traf eine Riesenkamera bei mir ein: Eine Plattenkamera mit einem belederten Holzgehäuse im Querformat 13x18. Die Kamera hatte ich im PHOTO Graphica von Rudolf Hillebrand und Günther Kadlubek, Seite 77 unter dem Kapitel Plattenkameras gefunden. Bei Kadlubeks tritt sie unter HUT0020 auf. Es ist eine Holz-Reisekamera 13x18 cm der Firma Huth, hier mit einem Anastigmat 8/210 mm und einem Einfachverschluss.
Hier ist ein Bild meiner Schönen und Großen.
Die Photographische Manufaktur Gebrüder Huth war ein Kamerahersteller und Händler aus Dresden, der Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts tätig war. Neben der Produktion eigener Kameras, wie der Huth-Amateur-Kamera (1895) und der Reise-Kamera 18x24 cm (1900), vertrieb die Firma auch hochwertige Fototechnik und Zubehör anderer Hersteller. Nach dem Tod von Theodor Hermann Huth im Jahr 1906 führte Robert Adolph das Unternehmen weiter1. Es gibt Hinweise darauf, dass die Firma Huth nicht nur Kameras herstellte, sondern auch als Händler tätig war.
Nun fragt man sich, fungierte bei der vorgestellten Kamera Huth als Händler oder Hersteller. Handelt es sich um die Huth-Amateur-Kamera (1895, Mahagonigehäuse, für Platten 13x18 cm) oder um eine Plattenkamera 13x18 (1904) von Huth oder einem anderen Hersteller (Brückner)?
Wie schon oben erwähnt, handelt es sich um eine Plattenkamera 13x18 Querformat mit einfachem Auszug. Das Gehäuse ist beledert und aus lackiertem Mahagoniholz gefertigt, so auch der Laufboden. Standarte und Objektivbrett bestehen ebenfalls aus lackiertem Mahagoni, das Objektivbrett kann über eine Rändelschraube in der Höhe verstellt werden. Durch Lösen des Handhabenschlüssels lässt sich die Standarte auf einem gebördelten vernickelten Metallblech bewegen. Ein pfeilförmiger Zeiger zeigt die Entfernung auf der Entfernungsskala an. Der Brillantsucher kann um 90° gekippt werden. Auch er ist aus lackiertem Mahagoni gefertigt.
Die mit Leder bezogene Rückwand ist auch aus Mahagoni gefertigt. Über eine Klappe - auch Mahagoni - wird die Mattscheibe ohne Lichtschacht sichtbar. Der ganze Rücken kann entfernt werden. Er ist nicht eingeschoben, sondern wird über Federhaken mit der Rückwand verbunden. Der Balgen aus rotem Leder ist dicht. An der unteren Gehäusekante sind zwei Nummern eingetragen *8923 und 173554 Pfeil rechts oder Dreieck. Es könnte sich um eine Seriennummer handeln. Ich habe leider sehr wenig über Huth oder Brückner gefunden.
Meine Kamera besitzt einen Extra Rapid Aplanat mit Blende 8 - 44 mit einer Brennweite von 210 mm und einem Einventil-Automatik/TIB) Zentralverschluss von Bausch&Lomb.
Besonderheiten:
Form des Markierers der Entfernungsanzeige Handhabenschlüssel ist gerade und mit kleiner flacher Krone Verriegelungsfeder der Rückwandbesfestigung Holzverbindung durch aufwändige Scherzapfung
Die Kamera befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand. Die Belederung ist intakt, die Linsen sind klar und nicht beschlagen, der Verschluss funktioniert. Es gibt drei Verschlusszeiten T I B. Das Holz weist geringste Kratzer auf, die vernickelten Bauteile sind kaum korrodiert, sogar der geschlossene Brillantsucher hat kaum Einschlüsse und bietet noch ein gutes Bild. Die meiste Zeit wird diese Kamera in einer Vitrine gestanden haben.
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Re: Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Hallo Ingrid,
das ist wieder eine sehr schöne Kamera und auch ein interessantes Stück zum Rätseln, deshalb mal meine Gedanken dazu:
Was die Firma „Gebrüder Huth“ in Dresden betrifft, die sich zumindest zeitweilig auch als „Fabrik für photographische Apparate“ bezeichnete, so glaube ich fast nicht, dass sie tatsächlich eigene Kameras herstellten. Zumindest lassen sich die bekannten Kameras, die das Firmenschild von Huth tragen, anderen Herstellern zuordnen. Es findet sich von dieser Firma auch keinerlei Patente oder Gebrauchsmuster bezüglich Kameratechnik. Zunächst firmierten sie wohl unter „Sächsische Albuminpapierfabrik“ und später auch als „Photographische Manufaktur“.
Gegen eine Zuordnung Deiner Kamera zu Brückner spricht meiner Meinung nach vor allem die Griffbefestigung und die Form der Holzstandarte. Besonders spricht aber gegen Brückner die rückseitige Seriennummer. Mir ist noch keine Brückner-Kamera mit einer derartigen Seriennummer aufgefallen (zwei- oder dreistellige Fabrikationsnummer findet man gelegentlich bei Brückner).
Die sechsstellige Seriennummer weist aber meiner Meinung nach zum Beispiel in Richtung Hüttig. Hüttig hatte bereits 1897/98 erste dieser „amerikanischen Modelle“ im Sortiment – also eigene Kameras nach amerikanischer Konstruktion. Es besteht allerdings bei Hüttig das Problem, dass zwischen 1898 und 1903 keine oder nur unzureichende Informationen bezüglich seiner Modelle vorliegen. Zumindest habe ich dazu keine näheren Informationen und in diese Zeitspanne würde ich Deine Kamera mutmaßlich datieren. Ab 1903 hatte Hüttig keine derartigen Holz-Standarten mehr im Angebot und 1897 stand er damit gerade am Anfang. Zum Vergleich mal eine Kamera von 1897/98:
Zusammenfassend bleibt meinerseits der Hinweis, dass es sich eventuell um eine Kamera von Hüttig/Dresden handeln könnte.
Re: Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Hallo Axel,
danke für deinen Hinweis. Schade, dass es so wenig Informationen zu den frühen Kameras von Hüttig gibt. Die Kamera ist sehr sorgfältig bis ins kleineste Detail gefertigt, nicht nur funktional. Das spricht auch für eine Bauweise im amerikanischen Stil.
Ich werde versuchen, weitere Informationen zu bekommen.
Re: Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Hallo Axel,
der Hinweis auf einen amerikanischen Einfluss brachte mich auf eine Idee. Eine GEM Camera Rochester Optical and Camera Company, zumindest aus dieser Richtung. http://www.redbellows.co.uk/CameraCollec...andCGEM_588.htm könnte die Kamera stammen.
Klappe in der Rückwand hat den gleichen Verschluss, Brillantsucher ist um 90° klappbar, Tragriemenbefestigung und Standarte sind nahezu gleich. Die Seriennummer im Inneren des Gehäuses deutet auch auf Rochester Optical und Camera Company hin. "Die Nummer xxxxxx, die auf der Innenseite der oberen Fläche eingestanzt ist, ist die Seriennummer der GEM Kamera von der Rochester Optical and Camera Company. Diese Kamera wurde zwischen 1899 und 1903 produziert, was bedeutet, dass diese Nummer wahrscheinlich zur Identifizierung eines einzelnen Exemplars innerhalb der Produktion dient." Demnach wurde sie zwischen 1899 und 1903 produziert. Unterschiedlich sind Handhabenschlüssel - könnte nachgerüstet sein - und Spreizen - variieren auch bei anderen Kamerafirmen.
Meine Kamera war vielleicht eine Weiterentwicklung. Die hohe Seriennummer würde auch mit der vorgestellten GEM Kamera "213895 stamped into inner face of top" konform sein.
Jedenfalls werde ich diese Idee weiter verfolgen. Danke für deine Hilfe.
Re: Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Hallo Ingrid,
die Ähnlichkeit mit der "GEM Camera" ist nicht zu verkennen, wobei GEM wahrscheinlich eher den Verschluss bezeichnet. Zumindest finden sich bei der Suche nach "GEM Shutter" diverse Treffer.
Zu Deiner Kamera mal noch folgende Hinweise:
Die Entfernungsskala Deiner Kamera ist metrisch, was einen deutschen Hersteller vermuten lässt.
Amerikanische Kamers sind fast ausnahmslos immer als solche kenntlich gemacht (Beschriftung). Da haben die amerikanischen Hersteller großen Wert drauf gelegt.
Re: Huth oder Brückner - Bausch&Lomb Verschluss und ein großes Fragezeichen
Hallo zusammen,
ich werde die Kamera dann erst einmal als "unbekannt 77 Platte" in das Plattenkamera-Verzeichnis aufnehmen.
Bei dieser Gelegenheit mal der Hinweis: Falls Jemand einer der als unbekannt geführten Kameras nachträglich ein Hersteller oder Vertreiber zuordnen kann, bitte Nachricht an mich, damit ich den jeweiligen Eintrag im Verzeichnis korrigieren kann.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.