Die Kamera stand nun schon rund zwei Jahre bei mir rum und wartete auf ihre ‚Behandlung‘. Ursächlich für die lange Wartezeit war weniger ihr schlechter Zustand oder ihre Unvollständigkeit, als vielmehr die Tatsache, dass sie einige Umbauten aufweist. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, ob ich sie auf ‚Werkszustand‘ zurückbaue, oder ihr ihre historischen Modifikationen lasse. Ich habe mich nun für letzteres entschieden und in den vergangenen fünf Tagen etwas Zeit investiert.
Die historischen Umbauten sind oben auf dem Foto der Kamera alle zu sehen:
1. Der Brillantsucher wurde abgesägt und stattdessen ein Selbstauslöser (Photoclip) angenietet. Normalerweise sah die Objektivplatte so aus:
2. Als Ersatz für den abgesägten Sucher wurde an der Oberseite des Gehäuses ein Sucher aufgeschraubt. Dort befand sich aber der Tragegriff, der nun störte und deshalb auf die Schmalseite der Kamera versetzt wurde. Dazu wurden auch die Griffbefestigungen umgebaut, da diese wahrscheinlich zu breit waren. Normalerweise sehen die Griffbefestigungen bei Erko so aus:
Bei meinem Exemplar sehen sie nun so aus:
3. Der Schlitzverschluss wurde mit einer Einrichtung zum Anschluss eines Drahtauslösers versehen. Mit angeschlossenem Drahtauslöser sieht das dann so aus:
Die Erko Zweiverschlusskamera ist recht selten zu finden, was sicherlich auch an der kurzen Lebensdauer der Firma Erko liegt. Erko wurde am 13. Juli 1923 geründet und bereits am 6. März 1924 wurde das Konkursverfahren über die Firma eröffnet. Es ist anzunehmen, dass auch während des Konkursverfahrens noch Kameras produziert wurden. Wie lange ist ungewiss. Am 27. April 1927 ist die Firma erloschen.
Wie im oben genannten Thread bereits erwähnt, wurde der Schlitzverschluss der Erko Zweiverschlusskamera von Bernhard Sommer in Dresden hergestellt. Über die Bestückungen der Kameras mit Zentralverschlüssen und Objektiven ist nichts bekannt. Meine Kamera kam ohne Zentralverschluss und Objektiv bei mir an. Ich habe ihr nun einen Staeble Doppelanastigmat 6.8/13,5cm mit Ibso-Verschluss verpasst, da der halbwegs passte und ich ihn gerade da hatte. Bei collection-appareils.fr findet man ein weiteres Exemplar der Erko Zweiverschlusskamera (in besserem Zustand, aber auch mit leichten Modifizierungen) mit Helioplan im Compur, wobei die Bestückung gemäß der Seriennummer des Objektivs nicht original sein dürfte.
Hier mal noch die allgemeinen Spezifikationen: Zweiverschluss-Plattenkamera im Aufnahmeformat 9x12 (Querformat), Holzgehäuse mit schwarzem Lederbezug, dreifacher Auszug mit verdecktem doppeltem Trieb, Objektivträger horizontal und vertikal verstellbar mittels Triebschrauben, Tragegriff und 2mal Stativgewinde.
Bei der Ankunft der Kamera fehlten neben dem Verschluss und der Optik auch der Sucher, ein Knopf des Schlitzverschlusses und das Mattscheibenrückteil. Als Sucher habe ich jetzt einen unvollständigen Newton-Sucher angebaut - der soll aber noch gewechselt werden, wenn ich einen besseren finde. Schwerwiegender ist der fehlende Knopf beim Verschluss, denn es fehlt nicht nur der Knopf, sondern es ist auch ein Stück Spindel abgebrochen. Da kann ich also nur Ersatz bei einem anderen Verschluss dieser Art finden. Auch beim Mattscheibenrückteil fehlt mir noch ein passendes Teil, oder überhaupt die Information, wie es aussah. Ein Rückteil einer anderen Erko Kamera passt zwar vom Falz, ist aber etwas zu kurz und außerdem fehlt noch die Verriegelung des Rückteils:
Momentan habe ich einfach eine Plattenkassette eingeschoben.
Zum Abschluss folgen noch ein paar Bilder vom ursprünglichen Zustand der Kamera und von der Bauphase.
Bei Schlitzverschluss hatte sich eine historische Reparaturstelle (Lötstelle) gelöst:
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dass Du den Umbau so gelassen hast, finde ich auch gut, die Kamera ist so ein echtes Zeitdokument. Der damalige Besitzer hat das so haben wollen und war mit der Änderung sicher zufrieden. So wurde die Kamera auch zu einem Unikat. Gut auch dass der Selbstauslöser in die geschlossene Kamera passt.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Hi, Axel, gesehen? Ein Mattscheibenrückteil von irgend einer Erko (Hochformat) mit ähnlichen Features, kein Schlitzverschluß, ist aus verschiedenen Richtungen abgebildet im aktuellen Ebay-Angebot https://www.ebay.de/itm/305486098887?_sk...mp;toolid=10049 . Auch Etsy zeigt eine einfache, mit drei hochauflösenden Bildern des Mattscheibenrückteils: https://www.etsy.com/de/listing/12073867...listing_details (Sorry an die Nachwelt, irgendwann wird das Angebot natürlich nicht mehr online sein) Vielleicht gibt Dir das schon einen Eindruck zu den Einzelheiten, die Dir noch fehlen.
axel: Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, ob ich sie auf ‚Werkszustand‘ zurückbaue, oder ihr ihre historischen Modifikationen lasse. Ich habe mich nun für letzteres entschieden
Das finde ich gut. Solche Modifikationen gehören zur Geschichte der Kamera ja dazu, und insbesondere der auffällige Selbstauslöser dokumentiert ja, welche Prioritäten ein früherer Nutzer gesetzt hat... Evtl. hätte ich den nicht so gut passenden Riemen entfernt, aber auch dabei hat sich ja jemand etwas gedacht (und einen gewissen Aufwand getrieben).
@Hannes: Danke für die Hinweise/Links! Mattscheibenrückteile der einfachen Erko Kameras habe ich schon probiert. Die passen vom Falz perfekt, sind aber etwas zu kurz. Außerdem muss die Verriegelung für die Rückteile bei der Zweiverschlusskamera anders gewesen sein, denn bei den einfachen Erko Plattenkameras sieht die so aus:
Der Riegel ist in die Griffbefestigung integriert. Bei der Zweiverschlusskamera ist der Griff aber an der falschen Stelle, um den Riegel mit aufzunehmen. Bei der Rückwand der obigen Zweiverschlusskamera fehlt auch eine Ecke - die zwei vorhandenen Schraubenlöcher lassen vermuten, dass dort die Rückwandverrieglung angebracht war.