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[iIa] Ernemann Bob-Folding Modell III
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28.08.24 23:36
axel 

Moderator

28.08.24 23:36
axel 

Moderator

[ iIa ] Ernemann Bob-Folding Modell III

Hallo zusammen,

heute möchte ich mal eine frühe Ernemann-Klappkamera für Platten und Rollfilm vorstellen – die Ernemann Bob-Folding Modell III.



Man findet zu den drei „Bob-Folding“ Modellen von Ernemann bemerkenswert wenige Informationen. Hergestellt wurden diese drei frühen Bob-Modelle (und der erste Bob-Verschluss) ab 1900. Möglicherweise präsentierte Ernemann die drei Modelle auf der Pariser Weltausstellung 1900 zum ersten Mal, wo seine Kameras mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurden. Im Warenzeichenblatt von 1900 ließ sich Ernemann die Bezeichnung „Bob“ gesetzlich schützen. Weiterhin enthält die Photographische Rundschau 1900 den Hinweis, dass Ernemann für eine Auktion der ‚Dresdner Gesellschaft zur Förderung der Amateur-Photographie‘ neben einer 18x24-Kamera auch „zehn ‚Bob‘-Apparate“ spendete.
Das Modell III war das größte und bestausgestattetste der drei Bob-Folding-Modelle. Es findet sich im Ernemann Katalog um 1905 und in einer Werbeanzeige von 1902 abgebildet.



Die Bob-Folding Modell III ist eine Laufboden-Klappkamera für Aufnahmen im Format 9x12 auf Platte und für Aufnahmen im Format 10x12,5 auf Rollfilm 104. Als Vorbild für die Kamerakonstruktion dienten sicherlich Kodak Cartridge Modelle. Das Kameragehäuse besteht aus schwarz beledertem Holz. Die Standarte und die Beschlagteile sind aus Messing, die Objektivplatte besteht Holz. Man findet diese Standartenkonstruktion auch (selten!) bei frühen Ernemann HEAG-Modellen. Fokussiert wird mittels einer frontseitigen Triebschraube. Die Objektivplatte ist vertikal und horizontal verstellbar. Der Verschluss wird im Katalog als Bob bezeichnet und es standen verschiedene Objektivbestückungen zur Auswahl (vom Detektiv-Aplanat 6.8 bis zum Goerz Doppelanastigmat 6.8. Zum Lieferumfang gehörten normalerweise auch eine passende Jalousie Doppelkassette und sicherlich auch zusätzlich zur Rollfilmrückwand ein Mattscheibeneinsatz.



Das vorliegende Modell weist keine Ernemann-Bezeichnung auf, wobei man die Seriennummer 50291 durchaus Ernemann um 1905 zurechnen kann (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...4&thread=64). Die Kamera lässt sich auf Grundlage der äußeren Merkmale trotzdem eindeutig als Ernemann Bob-Folding Modell III identifizieren. Eine Gravur auf dem Verschluss legt die Vermutung nahe, dass die Kamera unter der Bezeichnung „Folding Excelsior No 208“ vertrieben wurde. Einen Hinweis auf einen Händler habe ich unter dieser Bezeichnung nicht gefunden.



Das Objetkiv trägt die Beschriftung „JOHN VILT ½ Gd Angle 8706“ und auch wenn ich die Winkelbezeichnung nicht zu deuten vermag, so finden sich im Web und in zwei zeitgenössischen französischen Zeitschriften verschiedene Objektive von John Vilt jedoch ohne Angabe eines Produktionsstandortes. Vielleicht hat ja einer der Leser einen passenden Tipp?



Fortsetzung im nächsten Beitrag

Zuletzt bearbeitet am 29.08.24 08:09

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28.08.24 23:40
axel 

Moderator

28.08.24 23:40
axel 

Moderator

Re: Ernemann Bob-Folding Modell III

Fortsetzung:


Recht spannend ist der bei dieser Kamera verbaute Verschluss.



Laut Katalogangabe soll es sich um einen „Bob-Zentral-Verschluss“ handeln. Rein von der Zeitstellung kämen ab 1900 der erste Bob-Verschluss und ab 1902 der Bob I-Verschluss in Betracht. Diese Verschlüsse sehen aber anders aus.



Diese Tatsache ist auch Danimann bei der Abbildung im Katalog 1905 aufgefallen (https://www.camarassinfronteras.com/arti...n/ernemann.html) und er vermutet deshalb, dass es sich um eine Variante des Original-Bob mit innenliegendem Kolben handeln könnte.
Der Verschluss meiner Kamera entspricht exakt der zeichnerischen Darstellung in der Werbung von 1902 und im Katalog um 1905. Es ist deshalb anzunehmen, dass der Verschluss werksseitig von Ernemann und nicht vom Händler verbaut wurde. Dieser Verschluss findet sich auch am einzigen weiteren Exemplar der Bob Folding Modell III, das ich finden noch konnte (https://sammlungsdatenbank-museen-dresden.de/de/object/86073). Bei diesem Exemplar mit dem identischen Verschluss ist auch eine eindeutig Herstellerbezeichnung vorhanden.
Auffällig ist bei beiden Exemplaren, dass eine Gravur auf den Verschlüssen direkt unter den Objektiven offensichtlich entfernt (rausgefräst) wurde. Da nicht anzunehmen ist, dass Ernemann seine eigene Gravur entfernt hat, muss man davon ausgehen, dass es sich um den Verschluss eines anderen Herstellers handelt. Zentralverschlüsse wurden zu dieser Zeit vornehmlich in den USA produziert und deshalb habe ich mal die zeitlich passenden Kataloge auf der Website von Larry S. Pierce durchgeschaut (https://piercevaubel.com/). Leider ohne Erfolg – ich habe keine Kamera mit diesem Verschluss gefunden.
Der Verschluss meiner Kamera funktionierte nicht und deshalb habe ich mal einen Blick ins Innere riskiert.



Ausgestattet mit Bildern vom Innenleben des Verschlusses konnte ich mich nochmal auf die Suche machen und zwar in den Patenten für fotografische Verschlüsse um 1900. Von diesen Patenten gibt es zu dieser Zeit eine ganze Menge, aber irgendwann hatte ich dann tatsächlich das exakt passende Patent gefunden.



Der Verschluss ist demnach eine Entwicklung von Theodor Brueck, der am 14. Dezember 1900 dafür ein Patent beantragte, das er dann am 7. Juni 1904 erhielt. Brueck arbeitete zu dieser Zeit noch für Bausch & Lomb, bevor er 1910 gemeinsam mit Rudolph Klein die Firma Ilex gründete. Der Verschluss ist also ein patentierter Bausch & Lomb Verschluss. Leider ist es mir bisher nicht gelungen, einen Namen für diesen Verschluss zu ermitteln, da ich ihn sonst nirgends finden konnte. Dass der Verschluss nicht nur patentiert, sondern auch gebaut wurde, belegen die Bob Folding III Modelle. Ob Ernemann selbst die Gravur entfernte oder ob Bausch & Lomb die Verschlüsse mit entfernter Gravur verkaufte (oder nach Europa verramschte?) muss offenbleiben. Es ist jedenfalls eine spannende Sache, dass Ernemann, der sonst nur eigene Verschlüsse verwendete, hier einen Fremdverschluss verbaute und dass er diesen Verschluss in seinem Firmenkatalog als eigenen Bob-Verschluss deklarierte. Unklar bleibt, ob die ersten Bob Folding Modell III Kameras urprünglich mit einem anderen Verschluss ausgestattet waren, denn Mitte des Jahres 1900 gab es die Bob Folding Modelle schon; der Verschluss von Brueck wurde aber erst im Dezember 1900 zum Patent angemeldet. Vielleicht erschien das Modell III aber auch etwas später als die Modelle I und II? Im bekannten Onlineportal findet sich aktuell auch eine Stöckig Union - offenbar eine sehr späte Variante der Bob Folding III mit verändertem Laufboden, seitlichem Bodentrieb und mit einem originalen Bobverschluss (https://www.ebay.de/itm/386947045698?_nk...ABk9SR-6DmK6zZA).

Ich habe meinen Verschluss gereinigt und wieder zusammengesetzt. Er funktioniert nun leidlich, aber nicht exakt.



Beste Grüße
Axel

Zuletzt bearbeitet am 29.08.24 08:10

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29.08.24 08:18
Jan_S 

Moderator

29.08.24 08:18
Jan_S 

Moderator

Re: Ernemann Bob-Folding Modell III

Hallo Axel,

Gratulation zu diesem interessanten Stück! Das ist ja eine spannende Sache mit dem Verschluss. Ich habe ergänzend mal im Buch von Göllner (aus dessen Sammlung des Exemplar der Technischen Sammlungen ursprünglich stammt!) nachgesehen; leider sind die Informationen zum fraglichen Modell dort spärlich. Immerhin erfährt man noch, dass die Kamera von Stöckig unter der Bezeichnung "Union 5" vertrieben wurde (S. 183). Im Kapitel zu den Verschlüssen ist der Bob in der Version 1900–1903 abgebildet, dabei handelt es sich um die Ausführung mit dem auf 12 Uhr befestigten Drahtauslöser (S. 230).

Pritschow geht in seinem Buch auch kurz auf die Ilex-Verschlüsse von Brueck und Klein ein, die genannten Patente sind aber die späteren von 1910 (S. 433). Bausch & Lomb und andere amerikanische Verschlüsse werden ebenfalls vorgestellt (S. 408ff.), den in Rede stehenden Verschluss habe ich aber nicht gefunden.

--
Beste Grüße
Jan

Zuletzt bearbeitet am 29.08.24 15:05

06.09.24 22:48
axel 

Moderator

06.09.24 22:48
axel 

Moderator

Re: Ernemann Bob-Folding Modell III

Hallo zusammen,

hier noch ein Update zum Verschluss der Kamera:

Dank Danimann hat der Verschluss nun auch einen Namen. Er hat herausgefunden, dass die Rochester Camera Company (Poco Cameras) den Verschluss 1900 unter dem Namen „Cyko“ im Programm hatte (nicht zu verwechseln mit dem Cyko Automatic der erst 1910 erschien!). Bei der Blair Camera Company wurde der Verschluss 1900/1904 ebenfalls verbaut. Dort allerdings ohne Namen, nur mit dem Verweis, dass der von Bausch & Lomb stammt.

Und noch ein kleiner Hinweis an den Webmaster: Im Verzeichnis ist die Kamera als "Bob III" gelistet. Die eigentliche Bob III kam aber erst 1904 auf den Markt und wurde zeitweise parallel mit der Bob-Folding Modell III verkauft. Deshalb ist an dieser Stelle die Bezeichnung Bob-Folding Modell III (oder Bob-Folding III) besser, um Verwechslungen zu vermeiden.

Beste Grüße

Axel

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