hier soll eine frühe Ica-Plattenkamera 9x12 vorgestellt werden, die in der Literatur schlecht dokumentiert ist. Gekennzeichnet ist sie als Ideal, die übliche Ica-Modell-Nummer fehlt.
Auch aus der Bedienungsanleitung geht die Modellbezeichnung nicht hervor. Die Modellreihe Ideal ist bekanntlich eine Serie hochwertiger Laufboden-Plattenkameras mit neigbarem Laufboden, die aus dem Hüttig-Programm übernommen und auch nach der großen Fusion 1926 bis in die 1930er Jahre von Zeiss Ikon angeboten wurden. Im Format 9x12 verzeichnen die Kataloge seit 1912 die Modelle Ideal 205 (einfacher Auszug) und Ideal 246 (doppelter Auszug). Nach 1922 gab es auch die Ideal 225; die Bestell-Nr. 225 war zuvor dem Modell Nelson zugeordnet; hier ist es zu einer Neuordnung des Programms gekommen. Allen genannten Modelle sind jedoch mit einer Bezeichnung versehen.
Die hier vorzustellende Kamera hat die gleichen Merkmale wie andere Ideal-Modelle: Sie besitzt ein Metallgehäuse mit Alumimiumlaufboden und einen doppelten Auszug. Die Fokussierung erfolgt über doppelten Zahntrieb. Die vertikale und horizontale Verstellung wird mittels Spindeltrieb vorgenommen. Der Balgen besitzt automatische Balgenstrecker. Der Verschluss kann mittels Bajonett schnell vom Objektivbrett gelöst werden. Der Laufboden ist neigbar, beide Spreizen haben Arretierungen. Rückteil und Kassetten sind mit dem komfortablen Anlegefalz versehen. Als Sucher fungiert der übliche Brillantsucher mit Libelle.
Die Kamera zeigt aber in der Gestaltung des Laufbodens und des Schlittens deutliche Unterschiede zu den späteren Modellen. Der Schlitten wird mit einem Drehhebel arretiert; die löffelartigen Handhaben am beweglichen Vorderteil dienen nur als Griffe. Die Standarte ist noch nicht als Kippstandarte ausgeführt; sie kann von den Schienen gelöst werden. Der doppelte Auszug wird in ein- und ausgefahrener Stellung arretiert.
Verbaut ist ein Maximar 6,8/13,5, gemäß Seriennummer von 1911, in einem frühen 0-Compound 1–1/250. Die Kamera besitzt seitlich eine Ica-Plakette mit der Jahreszahl 1911. Der Seriennummer ist ein A vorangestellt, was ebenfalls auf ein Baujahr um 1909–11 verweist.
Hilfreich zur Bestimmung sind zeitgenössische Prospekte und Kataloge. In einem Verkaufskatalog des Hamburger Händlers Wiesenhavern wird 1910 eine Ica Minimum-Ideal 241 angeboten. Die Abbildung zeigt exakt die hier vorgestellte Kamera, auch die Maße und die technischen Spezifikationen passen genau. Einzige Abweichung ist die Gestaltung der Balgenstrecker – in der Katalogabbildung sind noch einfache Spanner mit Ösen zu sehen, die an Häkchen an der Standarte zu befestigen sind. Hier dürfte es sich allerdings um eine technische Weiterentwicklung handeln. Die gleiche Abbildung wie im Wiesenhavern-Katalog findet sich in der mitgelieferten (leider undatierten) Bedienungsanleitung. Nach der Plakette lässt sich die Kamera aber ins Jahr 1911 datieren. Im Beitrag unten weist Pavel darauf hin, die fragliche im Ica-Hauptkatalog 1911 als Ideal 246 geführt wird. In der hier zu sehenden Ausführung mit Maximar 6,8 war die Kamera im Jahr 1911 für 177 Mk. zu haben.
Die frühere Modellbezeichnung Minimum dürfte auf das Ideal einer möglichst kompakten und leichten Kamera verweisen. Dieser Anspruch wird eingelöst; das Gehäuse misst 15,5 x 11,5 x 3,8 und wiegt etwa 1.110 g. Trotzdem ist die Kamera ausgesprochen solide und präzise verarbeitet. Auch nach 115 Jahren läuft alles geschmeidig und ohne Spiel, die Kamera strahlt große Solidität aus. Dazu dürfte beigetragen haben, dass der Vorbesitzer sie gepflegt hat. Dazu passt, dass auch die Anleitungen für die Kamera, den Verschluss und eine (nicht mehr vorhandene) Filmpackkassette aufbewahrt wurden, ebenso der spezielle Compound-Drahtauslöser mit Bajonett-Anschluss. Nur die Seiten des Gehäuses zeigen Nutzungsspuren in Form von stärkerem Farbabrieb; es scheint, als sei die Kamera irgendwo eingespannt gewesen.
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eine sehr schöne Kamera – vielen Dank fürs Zeigen. Die Herleitung der Nummer 241 ist plausibel – vielleicht kann der Pavel das noch bestätigen … Bei Hüttig entspricht dieses Modell wohl der Ideal 165 aus dem Jahr 1909:
noch ein Nachtrag: Wie schon erwähnt, fallen die Gehäuseabmessungen recht klein aus. Eindrucksvoll ist der direkte Vergleich mit zwei Schwestern, der Minimal 235 und der späten 250/7 (Zeiss Ikon; eine Ica 225 habe ich nicht):
Ideal 250/7: 16 x 12 x 5 Ideal 241 (?): 15,5 x 11,5 x 3,8 Minimal 235: 16 x 12,5 x 4,5
Dass der Platz besser ausgenutzt wird, sieht man beim direkten Vergleich der Mattscheibenrahmen – die vorliegende Kamera hat eine beinahe randlose Mattscheibe; rechts die 250/7. Beide belichten 9x12!
Ich glaube, es handelt sich um einen Ideal 246 von Anfang 1911. Im Hauptkatalog von 1911 ist das Bild des Ideal 246 identisch mit dem Ideal 241 von 1910. Nur in der italienischen Preisliste von 1911 ist der modernere Ideal 246 abgebildet mit sichelförmigem Handhaben. Erst ab 1912 gibt es Handgriffe in der üblichen Zylinderform. Plakette mit der Aufschrift ICA 1911 ist selten. Seit 1911 ist auf Plakette mit der Inschrift ICA in der Regel keine Jahresangabe mehr angegeben. Dies ist ein weiterer Grund zu der Annahme, dass die Kamera vom Anfang des Jahres 1911 stammt. Die Seriennummer auf dem Objektiv (das Sie mir geschickt haben) ist ebenfalls ein Jahr 1911.
herzlichen Dank! Das ist alles sehr plausibel. Vermutlich handelt es sich bei der 246 um das gleiche Modell, das mit dem Katalog 1911 nur umbenannt wurde? Kleine Abweichungen gibt es ja ohnehin immer. Die Katalogabbildungen zeigen noch den ganz frühen Compound mit der Zeiteinstellscheibe, die eine Ziffernblatt-Einteilung hat. Mein Exemplar hat den etwas neueren Compound und den moderneren Balgenstrecker. Interessant ist dann ja die weitere Modellgeschichte: Man hat sich in der Folgezeit offenbar für größere Gehäuse entschieden (s. den Größenvergleich oben); soweit ich weiß, hat die spätere 246 mit den zylindrischen Handhaben die gleichen Abmessungen wie die 225 (bzw. später 250/7).
Interessant ist, dass in verschiedenen Preislisten von 1911 bis 1914 die Maße und das Gewicht der Typen Nelson 225, Minimal 235 oder Ideal 246 im Laufe der Jahre unterschiedlich sind und nicht einmal mit den von Ihnen angegebenen Maßen übereinstimmen. Aber wenn wir einen Durchmesser nehmen, ist der Ideal 246 normalerweise 3,5 cm dick und der Nelson 225 4,5 cm dick. Das stimmt mit der Beschreibung überein, die besagt, dass das Nelson für Objektive mit großer Blende (4,5) ausgelegt ist und daher robuster gebaut ist. Das Ideal 246 ist für gängige Objektive mit einer Blende von etwa 6,8 konzipiert, die leichter sind. In den 1920er-Jahren nehmen diese Unterschiede ab, aber es dürfte immer noch gelten, dass der Typ Ideal 246 etwas kleiner und leichter sein sollte.
Ich füge Bilder der Preislisten bei, damit jeder nach den Unterschieden zwischen den verschiedenen Versionen des Typs Ideal (Nelson) in verschiedenen Jahren suchen kann. Die italienische Preisliste von 1911, dort steht die Ideal 246 mit Sichelgriffen, das Original besitze ich leider nicht.
Für beste Auflösung die Vorschau-Bilder unter dem Beitrag anklicken
hier mal noch Bilder der von Pavel erwähnten Modellvariante von 1911/1912 mit den Sichelgriffen. Verschluss und Objektiv (Compound/Dagor 6.8) waren zu Hüttigs Zeiten die Bestausstattung, wurden aber zu ICA-Zeiten meines Wissens nicht serienmäßig angeboten. Die hier gezeigte Kamera datiert laut Seriennummer ins Jahr 1912.