heute möchte ich eine frühe 'SLR-Kamera' der Industrie- und Handelsgesellschaft mbH (IHAGEE) des Niederländers Johan Steenbergen in Dresden vorstellen.
Die sogenannte „Plan Paff Reflex“ wurde von der Ihagee von 1921 bis 1933 hergestellt. Es ist eine sehr einfache Reflex-Kamera. Das hier gezeigte Modell Nr. 7 für das Format 6,5x9 besitzt die einfachste optische Ausstattung der Modellreihe – einen Achromat 7.7/10,5 mit drei Blendenstufen. Es gab die Plan Paff Reflex auch für das Format 4,5x6 und/oder mit Meyer Trioplan 6.8. Weiterhin gab es die Paff auch als Roll Paff Reflex für das Format 6x6 und als Roll Paff für die Formate 6x9 und 6,5x11 (diese „Boxen“ fehlen auch noch in der Liste der Rollfilm-Boxkameras und zumindest die zwei Roll Paff Modelle sollten da reinpassen).
Der Verschluss ist ein einfacher Guillotine-Verschluss mit circa 1/25 und B. Durch den Spiegelmechanismus ist der Verschluss natürlich ein wenig komplexer aufgebaut. Der Spiegel wird durch eine Feder in der oberen Stellung gehalten. Mit dem frontseitigen Hebel wird der Spiegel nach unten geklappt, wo er einrastet und gleichzeitig den Guillotine-Verschluss öffnet. In dieser Stellung ist auf der Mattscheibe des Reflexsuchers ein aufrechtstehendes aber seitenverkehrtes Bild zu sehen. Hat man damit das gewünschte Motiv anvisiert und betätigt den Auslöser, dann klappt der Spiegel wieder nach oben und mit kleiner Verzögerung (ca. 1/25) schließt sich der Guillotine-Verschluss (bei der Momentaufnahme). Möchte man die rückseitige Mattscheibe zur Motivsuche verwenden, muss man zunächst den Verschluss in der B-Stellung öffnen und den Auslöser so lange gedrückt halten, bis das Motiv gefunden ist (etwas unpraktisch, finde ich).
Gut erläutert ist die Funktion des Verschlusses auf dieser Seite: http://www.camarassinfronteras.com/ihage..._plan_paff.html , die auch mal einen Blick in den Guillotine-Verschluss erlaubt. Für diese Kamera finden sich (soweit ich das erkennen kann) zwei Patente im Netz. Zum einen ein deutsches Patent (Nr. DE342575) für den Spiegelmechanismus, wobei hier zunächst ein Verschluss hinter dem Objektiv vorgesehen war. Und weiterhin gibt es ein englisches Patent (Nr. GB180350), dass auch den Guillotine-Verschluss und dessen Kopplung mit dem inneren Schieber und dem Spiegel beinhaltet. Ein deutsches Patent habe ich für diese Kopplung mit dem Guillotine-Verschluss nicht gefunden. Hier zwei Zeichnungen aus den deutschen Patent und dem englischen Patent.
Das vorliegende Exemplar ist offensichtlich eine Exportversion, denn es hat zusätzlich eine Prägung „made in Germany“ und ein Schild „Industria Alemana“. Einen witzigen zeitgenössischen Prospekt zur Kamera findet man hier: http://www.ihagee.org/IPD/IPD22-AllesPafft26.pdf und auf dieser Webseite auch noch weitere verschiedensprachige Kataloge mit der Paff.
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vielen Dank – das ist ja ein interessantes (und aus heutiger Sicht auch etwas kurioses) Exponat! Ich frage mich, welche Zielgruppe man mit diesen 'Reflex-Boxen' (die es ja auch von anderen Herstellern gab) erreichen wollte – für Gelegenheitsknipser waren Magazin- oder Rollfilmboxen sicherlich leichter zu handhaben, und wem es auf Genauigkeit der Einstellung ankam, der dürfte mit der einen Verschlusszeit und dem einfachen Objektiv kaum zufrieden gewesen sein...
Sehr hübsch auch der Prospekt mit der schönen Werbelyrik! Interessante Beobachtung nebenbei: Bezeichnungen für Fotoapparate waren seinerzeit primär Maskulina (hier der Paff), das habe ich auch in Zeiss Ikon-Prospekten schon gesehen (der Baby-Box). War Paff übrigens eine lautmalerisch motivierte Bezeichnung, vielleicht wegen des Spiegelschlag-Geräuschs?
die Frage nach der Zielgruppe ist schon interessant. Wenn ich mich gedanklich in die Zeit der Kamera zurück bewege, könnte das so gewesen sein:
Plattenboxen hatten oft den "Makel" der eingeschränkten Motiv-Betrachtung. Heckmattscheiben waren entweder nur auf einem hohen Stativ halbwegs bequem einzusehen, sonst war bei Stativbetrieb nicht selten eine gebückte Haltung des Fotografen die Folge. Oder man nahm die Kamera hoch 30 cm vor das Gesicht. Dann Mattscheibe weg, Platte ran, Foto machen.
Plattenboxen mit kleinen Winkelsuchern brachten nur kaum richtig erkennbare Motivbetrachtungen zustande. Rahmen-Sportsucher waren auch nicht der Hit.
Dagegen war eine große Mattscheiben-Spiegelwinkel-Betrachtung von oben auf ein kleines Stativ schon eine erhebliche Erleichterung bei der Motiv-Beobachtung.
Vielleicht zielte also die Kamera genau auf die Käufergruppe, die das Motiv vor der Aufnahme gut , groß und klar sehen wollte, aber ansonsten nicht auf große weitere Kamerafähigkeiten gesteigerten Wert legten.
Ich komme auch deshalb darauf, weil ich viele Boxfotos aus der Minimattscheiben- und Minibrillantsucherzeit gesehen habe, wo die Motive nicht richtig getroffen wurden (angeschnittene Köpfe, Füße, Arme, usw).
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.