[ 2 x iIa ] Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo zusammen,
aus der umfangreichen Bob-Serie von Ernemann sei hier die Bob I im Format 8x10,5 vorgestellt, und zwar in zwei Modellgenerationen: Links ist das erste Modell (1909–1913) zu sehen, rechts das spätere (in dieser Version 1922–1926).
Es handelt sich um eine Laufbodenkamera mit Holzgehäuse für den Rollfilm 118 oder Platten 9x12. Das Modell besitzt einfachen Auszug und Zahntriebfokussierung (es gab auch eine Bob II mit doppeltem Auszug und ansonsten gleicher Ausstattung). Die Entfernungsskala ist entsprechend der Filmebene verstellbar. Die technische Ausstattung entspricht dem für diese Kategorie Üblichen: Die Objektivplatte ist horizontal und vertikal verschiebbar, als Sucher fungiert ein Brillantsucher mit Libelle, das Rückteil ist abnehmbar und wird entweder mit Mattscheibenrückteil bzw. Platten oder mit Filmandruckplatte und Abdeckung bestückt.
Die frühe Version ist erkennbar am alten Warenzeichen, der Ernemann-'Lichtgöttin' und er Gestaltung der Standarte (löffelförmige Handhaben, offenliegende Mechanik der Höhenverstellung.
Das vorliegende Exemplar ist mit einem Mattscheibenrückteil ausgestattet, das den für frühe Ernemann-Kameras typischen Lichtschacht mit kreuzförmigem Einblick besitzt.
Verbaut ist hier ein Ernemann Detectiv-Aplanat 6,8 No. 1 (wohl 13,5 cm) in Automat B 1–1/100. Die Kamera findet sich im Ernemann-Katalog 1912, S. 11. Die Kamera lässt sich anhand der Angaben bei Göllner (S. 184) zeitlich gut eingrenzen – das Modell erschien 1909, aber die schwarze Objektivplatte wurde erst 1911 eingeführt. Die Kamera wurde für 90 Mark angeboten.
Die spätere Version ist an der geänderten Standarte und dem neuen Warenzeichen (Malteserkreuz) auf dem Laufboden gut zu erkennen.
Auf dem Verschluss findet sich das übergangsweise verwendete Warenzeichen E[rnemann]W[erke], was eine recht genaue zeitliche Einordnung ermöglicht, denn dieses Signet wurde lt. Göllner nur um 1921 verwendet. Auf der Rückseite erkennt man die Andruckplatte und die (herausgezogene) Abdeckung, die für Rollfilmbetrieb erforderlich waren.
Die Kamera ist mit einem Tessar 6,8/13,5 (Bj. 1922) in Ernemann Chronos 1–1/300 ausgestattet; in dieser Bestückung wurde sie für 200 RM angeboten. Das vorliegende Exemplar wurde allerdings vermutlich in österreichischen Kronen bezahlt, denn es trägt das Firmenschild eines Wiener Händlers.
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Re: Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo Rainer,
gern. Hier mal die drei von Ernemann für Kameras verwendeten Schutzmarken/Warenzeichen in chronologischer Abfolge; nähere Informationen dazu bietet Peter Göllner in seinem Buch (vgl. S. 43-45, 172, 255f.).
1. 'Lichtgöttin':
Diese Schutzmarke, ein Jugendstil-Entwurf von Hans Unger, war seit 1903 gesetzlich geschützt und wurde bis 1920 auf Ernemann-Kameras verwendet, und zwar in stilisierter sw-Abbildung wie hier. Auf Reklamemarken, Plakaten usw. gibt es auch farbige Fassungen, auch an der Fassade des Dresdner Ernemann-Gebäudes.
2. Ab 1920 wurde das Malteserkreuz verwendet (in verschiedenen Varianten, auch mit Krupp-Ringen – seit 1919 gab es eine vertraglich fixierte Interessengemeinschaft mit Krupp im Bereich Projektorenbau).
3. Übergangsweise, und zwar um 1921, findet sich das Signet EW (Ernemann-Werke), oft auch in Kombination mit dem Maltesserkreuz.
Mittels dieser Warenzeichen lassen sich Ernemann-Produkte zeitlich gut einordnen.
Re: Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo Jan,
vielen Dank für die Logos. Schön ist der Übergang von Jugendstil zu Art Deco (beim zweiten Logo) zu sehen. Das Jugendstil-Logo gefällt mir besonders gut.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Re: Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo Axel,
sehr interessant – dieses Welta-Signet kannte ich noch nicht. Ich vermute, dass es nur für Drucksachen genutzt wurde, nicht auf Kameras, richtig?
Nach meiner Einschätzung ist es kein Zufall, dass diese aufwändigen Darstellungen in den 1920er Jahren an Bedeutung verloren: Denn spätestens Mitte der 1920er änderten sich mit dem Aufkommen der "Neuen Typographie" die ästhetischen Vorstellungen bei der Druckgestaltung in Richtung 'Klarheit', 'Einfachheit' usw. (da sind wir dann wieder beim 'Bauhaus-Design'...); das betraf auch die Gestaltung solcher Logos/Signets. Und das hatte auch sachliche Gründe – Dein Foto der Ernemann-Lichtgöttin zeigt das sehr schön: Man sieht hier im Vergleich mit meinem Foto oben, dass offenbar mehrere Vorlagen genutzt wurden, die Unterschiede betreffen u.a. Augen, Haarkranz und die Zahl der Striche rechts. Das könnte mit der Größe zusammenhängen; je kleiner das Warenzeichen sein musste, desto schwieriger dürfte es gewesen sein, die Abbildung hinreichend fein anzubringen. Dazu ein Beispiel: Den Dosenverschluss der Ernemann Liliput 6,5x9 ziert die Lichtgöttin, und zwar in der Größe 5x6 mm! Die Abbildung ist relativ grob, Details sind kaum erkennbar.
Ein sachliches Signet wie das Malteserkreuz hingegen ließ sich auch in kleiner Größe sauber auf Verschlüssen usw. realisieren.
Nochmals zum Welta-Frauenkopf: Das passte wohl in die Zeit und zum Stil von Hans Unger; Göllner schreibt, dass sein typisches, häufig wiederkehrendes Motiv "farbintensive Frauenportraits" gewesen seien. Ob er auch für den Ernemann-Mitbewerber tätig war? Vielleicht hat auch jemand den Ernemann-Kopf nachgeahmt?
Re: Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo Jan,
die Welta „Göttin“ habe ich bisher nur bei frühen Werbeanzeigen um 1920 gesehen. An den Kameras selbst ist mir kein Beispiel bekannt. Welta war da aber anscheinend auch sparsamer als Ernemann. Spätestens ab 1923 war dann die bekanntere Schutzmarke (siehe Bild) üblich, die wiederum zu Beginn der 1930er Jahre vom einfachen „Welta“ Schriftzug abgelöst wurde.
Die Welta Schutzmarke ist ja an sich auch noch recht feingliedrig, sie wurde aber wohl auch nur als Blechmarke oder bei Druckerzeugnissen und nicht als Gravur auf den Kameras verwendet. Wer den Entwurf für die Welta „Göttin“ lieferte, ist mir leider nicht bekannt.
Mein obiges Bild der Ernemann Lichtgöttin stammt von einer Ernemann Heag XII (9x12). Dort ist das Logo mit 8x9 mm auch nicht gerade riesig, aber im Vergleich zum Logo an der Markierung für die Verwendung der Hinterlinse ist es schon „groß“.
Das kleine Logo misst nur 4x5 mm und ist entsprechend „grobschlächtiger“ gearbeitet.
Re: Ernemann Bob I 8x10,5 – Versionen 1909ff. und 1922ff.
Hallo Axel,
mir war bislang noch gar nicht bewusst, wie unterschiedlich und individuell diese Ernemann-Gravuren doch ausfallen - keine gleicht der anderen… Ich habe mir auch keine Gedanken darüber gemacht, wie sie eigentlich hergestellt wurden; es scheint Handarbeit zu sein…