Plattenkameras können ausgesprochen klein sein, wie die Ernemann Liliput zeigt, die es in den Formaten 6,5x9 und 4,5x6 gab. Hier sei das Modell 4,5x6 vorgestellt – diese Kamera misst im zusammengefalteten Zustand nur 9 x 6,2 x 2,0 cm.
Es handelt sich um eine einfache Spreizenkamera mit Fixfokus und Ein-Zeiten-Dosenverschluss, wie er auch bei den Ernemann-Boxkameras Anwendung fand. Das Objektiv ist ein Achromat 1: 12,5. Zur Arretierung der der Konstruktion dienen nicht gewöhnliche Spreizen, sondern zwei innenliegende Metallbügel, die herausgeschwenkt werden und den Balgen stabilisieren. Das funktioniert recht gut, das Verfahren dürfte den Balgen auf Dauer aber sehr beanspruchen.
An Bedienungselementen gibt es ansonsten nur den groß dimensionierten Rahmensucher, der im geschlossenen Zustand auch der Verriegelung der Kamera dient.
Geliefert wurde die Kamera mit einer Zelluloid-Mattscheibe, die aber oft – wie auch beim gezeigten Exemplar – verlorengegangen ist. Da es aber keinen Stativanschluss gibt, dürfte die Mattscheibe ohnehin sinnlos gewesen sein; ich vermute, dass eine derartige Kamera zumeist mit einer Packfilmkassette benutzt wurde. Auch damit ist sie immer noch kleiner als eine Rollfilmbox desselben Formats.
Gebaut wurde die Liliput im Zeitraum 1914–1926. Eine zeitliche Bestimmung dieses Exemplars ist anhand des Warenzeichens EW möglich, das lt. Göllner nur in einem kurzen Zeitraum um 1921 genutzt wurde. Der Preis betrug gegen Ende der Produktionszeit 9,60 RM; im Katalog 1925 wurde festgestellt: "Die Leistungsfähigkeit ist bei dem niedrigen Preis überraschend gut."
Die Liliput gab es auch in einer Stereo-Version im Format 4,5x10,7; sie wurde an anderer Stelle im Forum gezeigt: