heute mal die Vorstellung einer Ernemann Heag VI Plattenkamera - zunächst die Daten:
Art: faltbare Laufbodenkamera für Platte/Planfilm (Aufnahmeformat: 90 x 120 mm) im Querformat
Objektiv: Dr. Staeble-Werk München Doppel-Anastigmat Isoplast 13 cm f/5,8 F
Verschluss: Gauthier IBSO C-T-B-1-2-5-10-25-50-100, mit Drahtauslösergewinde sowie Ernemann-Schlitzverschluss 25-40-50-65-90-130-180-260-520-1000-2500
Blende: 5.8, 8, 11, 16, 23, 32, 45
Fokussierung: über Laufbodentriebschraube, doppelter Auszug mit verdecktem Trieb
Gehäuse: inneres Kameragehäuse und Laufboden mahagoni-poliert, Gehäuse außen mit schwarzem Lederbezug (#160048)
Sucher: Brillantsucher drehbar mit Libelle, Durchsichtsucher auf dem Gehäuse
sonst. Ausstattung: 2mal Stativgewinde 3/8 Zoll, Trageschlaufe, Holzmattscheibenrahmen mit Lichtschutz und integriertem Kassettenhalter, Objektivträger seitlich verschiebbar und höhenverstellbar, Unendlichkeitsanschlag
Bemerkungen: erstes Verschlusstuch mit Ernemann-Logo und zweites Verschlusstuch mit Verschlusszeitentabelle
Maße, Gewicht: ca. 185 x 140 x 80 mm, 1200 g
Wie man den Bildern entnehmen kann, ist die Kamera nicht ganz vollständig. So fehlen unter anderem zwei Hebel zum Einstellen der Standarte. Dies tut der Funktionalität jedoch keinen Abbruch – macht das Herausziehen der Standarte nur ein wenig fummeliger (macht sich sicherlich schlecht für Schnappschüsse…). Der Schlitzverschluss ist defekt, aber der IBSO arbeitet tadellos. Besonders praktisch finde ich den funktionalen Mattscheibenrahmen, der eine integrierte Aufnahme für die Filmkassette besitzt. Bei der Datierung bin ich mir unsicher – würde die Kamera wohl um 1910 einordnen?
Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen das Gerät auch mal praktisch zu erproben:
Musterfoto 1
Musterfoto 2
Die Bilder sind angesichts der Tatsache, dass es meine ersten großformatigen Aufnahmen sind, doch ganz manierlich geworden. Das obere Bild wurde bei offener Blende und 1/50 s aufgenommen, das untere Bild bei fast geschlossener Blende und 40 s Belichtungszeit. Besonders augenfällig sind bei den Bildern die Verarbeitungsunreinheiten (speziell beim ersten Bild). Ich schiebe das mal darauf, dass mein „FOTOIMPEX Starter Set Film“ nur bedingt zur Verarbeitung von Großformaten geeignet ist und dass auch bei der staubfreien Trocknung der Negative noch Verbesserungspotential besteht.
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axel:Bei der Datierung bin ich mir unsicher – würde die Kamera wohl um 1910 einordnen?
Ich meine, ja. Die Heag VI wurde gemäß Göllner im Zeitraum 1903–1925 in unterschiedlichen Ausführungen, Formaten und Bestückungen gebaut. Handhaben und Gestaltung der Standarte veweisen auf die Version, die zwischen 1909 und 1917 angeboten wurde; sie ist auch im Katalog 1913 abgebildet, den ich hier vorliegen habe. Das Staeble-Objetkiv in Ibso ist wohl nicht die originale Bestückung, aber das hat man ja oft.
im Forum wird schon eine Ernemann Heag VI 9x12 gezeigt. Die sieht deutlich anders als Dein Modell aus. Ich kenne mich mit den Heag Varianten nicht genau aus und frage mich ob das beide Heag VI Modelle sind.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
bei der anderen dürfte es sich um die Version 1903-1908 handeln, die bei Göllner S. 196 abgebildet ist. Standarte und andere Merkmale stimmen; einen roten Balgen erwähnt Göllner allerdings nicht explizit. Die Farbabbildung des Modells 13x18 (Tafel 4) hat aber auch den roten Balgen.
ich kenne mich mit Ernemann Kameras kaum aus – dieses Exemplar ist als Teil eines ebay-Konvoluts „Alte Kameras“ zu mir gelangt. Sie ist quasi ein „Beifang“ und ich musste mich erstmal etwas informieren, um zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich höchstwahrscheinlich um eine Heag VI handelt.
Die im Forum bereits vorgestellte Heag VI weist neben Unterschieden auch viele Gemeinsamkeiten mit diesem Exemplar auf (Form der Spreizen, Bedienelemente des Schlitzverschlusses) – bei Freier-Sascha glänzt das ganze natürlich schöner. Diverse Ernemannkataloge sind ja im Netz verfügbar, so dass man auch dort Vergleiche ziehen kann. Wie Jan schon bemerkte ist das Staeble-Objetkiv sicherlich nicht original zur Kamera gewesen, denn da wurden laut Katalog vor allem verschiedene Ernemann-Objektive und Zeiss/Tessar sowie Goerz/Dagor angeboten. Ggf. fand also auch noch eine Anpassung der Standarte zum Staeble-Objetkiv statt?
Zur Datierung hatte ich irgendwo im Netz gelesen, dass man anhand der Seriennummer (Nr. 160048) Rückschlüsse ziehen könnte, aber nähere Angaben konnte ich leider noch nicht finden.
Muss mich korrigieren - die Standarte scheint auch original zum Modell zu gehören: ein nahezu baugleiches Exemplar (nur mit anderem Objektiv und mit Beschriftung für den französischen Markt) wird am 16.09.2022 bei einer Auktion von Team Breker in Köln angeboten (Los 126).
wie oben erwähnt, änderte die Heag VI im Laufe der Jahre mehrfach ihr Gesicht. Hier soll nun noch eine modernere Variante gezeigt werden, die mich unlängst erreichte.
Die Kamera befand sich bei Ankunft leider in sehr schlechtem Zustand – zumindest, was ihr äußeres Erscheinungsbild betraf. Das Leder war rundum stark in Mittleidenschaft gezogen und fehlte auch schon teilweise. Lediglich auf einer Kameraseite war der Lederbezug fast vollständig vorhanden. An der gegenüberliegenden Kameraseite hingegen war die Beschädigung am schlimmsten – hier hatte sich auch schon eine Schicht des Holzgehäuses abgelöst. Das Innere der Kamera hingegen war von Schäden weitgehend verschont geblieben. Man hatte auch bereits in älterer Zeit an der Kamera herumgebastelt, denn die Scharnierschrauben der Frontklappe waren nicht mehr original. (Es waren Linsenkopfschrauben, die außerdem noch zu lang waren und dadurch durch das Gehäuse hindurch spießten.)
Das Gerät bot sich förmlich an, um einmal erste Erfahrungen mit einer neuen Belederung zu sammeln. Also wurde die Kamera weitestgehend demontiert, das alte Leder bis auf eine Kameraseite vollständig entfernt, das Gehäuse neu verleimt, neues Leder aufgezogen und alles wieder zusammengesetzt.
Das Ergebnis dieser ersten Belederung würde ich als akzeptabel bezeichnen. Wie sich herausstellte war das gewählte Leder mit 0,3-0,4 mm Stärke etwas zu dünn, denn es zeigt für meinen Geschmack zu viele der kleinsten Unebenheiten am Gehäuse. Auch die Struktur des Leders ist zu fein – eine gröbere Struktur würde eher dem Original entsprechen.
Die Bestückung dieser Heag VI stammt wiederum nicht aus dem Hause Ernemann. Verbaut ist ein Laack Rathenow Pololyt 3.9/13,5 im Ibsor Verschluss. Die Seriennummer der Kamera (831737) deutet auf eine Erstellungszeit um 1921/22.
Hier noch drei Vergleichsaufnahmen der zwei Varianten der Heag VI, welche die Unterschiede und Gemeinsamkeiten offenbaren:
Der älteren Variante fehlen (wie oben schon erwähnt) zwei Hebelchen zum Verstellen der Standarte. Die jüngere Variante kam ohne Mattscheibenrückteil zu mir und das Rückteil der älteren Kamera ist nicht kompatibel. Die Maße der Kameragehäuse der beiden Exemplare differieren um 1 bis 3 mm.
Gratulation – das sieht doch nach einer gelungenen Operation aus! Beim Betrachten der Bilder habe ich mich zunächst gefragt, ob man den Zustand auch hätte konservieren können – Verleimung des Holzes, Sicherung der vorhandenen Belederung –, zumal so der Aufbau des Gehäuses sichtbar geblieben wäre. Ich muss aber sagen, dass das Ergebnis sehr ansprechend wirkt. Was für Material hast Du denn verwendet und welchen Kleber? Ich habe auch so einen Kandidaten – eine Voigtländer Alpin 10x15 (allerdings mit Metallgehäuse), die innen völlig intakt ist, deren Belederung aber weitgehend abgeblättert ist und bei der ich überlege, ihr ein neues Kleid zu verpassen...