die heute vorzustellende Kamera ist eigentlich ein Anachronismus: Seit Beginn der 1930er Jahre ließ das Interesse an Stereokameras nach, was sich u.a. daran zeigt, dass Franke & Heidecke die Produktion ihrer Heidoscope 1934 einstellte und Zeiss Ikon nach dem Abverkauf der Polyskope keine neuen Modelle mehr baute. Ungeachtet dieses Trends brachte die Fa. Eho (Emil Hofert; seit 1935 Altissa) aus Dresden 1933/34 diese preiswerte Stereo-Boxkamera auf den Markt.
Es handelt sich um eine Stereokamera für das Format 6x13; genutzt wird der Rollfilm BII bzw. 120. Das war insofern ungewöhnlich, als die meisten Stereokameras für die Benutzung von Platten ausgelegt waren; es gab (zumindest von deutschen Herstellern) nur wenige Rollfilm-Stereokameras – in den gängigen Formaten 4,5x10,7 und 6x13 eigentlich nur die (Spiegelreflex-)Rolleidoscope in zwei Größen sowie die Ernemann Bob V und XV in 4,5x10,7, außerdem für größere und entlegene Formate Faltkameras von Ica (Lloyd Stereo 8x14) und Ihagee (Ultrix-Stereo 7,25 x 12,5). Für eine Boxkamera ist die Verwendung von Rollfilm aber stimmig, denn hier kommt es auf einfache Handhabung und nicht auf exakte Mattscheibenbetrachtung an. Auch unter den Boxkameras ist die Eho Stereo-Box ein Außenseiter; in der Box-Liste werden noch die Thornton Stereo-Puck und die Kodak No. 2 genannt. Zu einem Hersteller, der sich wie Hofert auf Boxkameras spezialisiert hatte, passt ein solches Produkt aber.
Die Stereo-Box besitzt ein geteiltes Blechgehäuse. Gehäusedesign und Gestaltung der Bedienungselemente entsprechen den bekannten Monoboxen des Herstellers. Die Frontplatte ist schwarz eingefasst; es sind auch Exemplare mit hellem Rand bekannt (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=563).
Der Filmtransport erfolgt wie üblich über einen Filmschlüssel unter Beobachtung zweier Rotfenster. Die Box liefert 5 Stereo-Bildpaare 6x13. Auf der Rückseite war ursprünglich, so zeigen es andere Exemplare, zwischen den Fenstern ein Schild mit Hinweisen angebracht, welche Nummer in welchem Fenster erscheinen müsse (https://www.stereoskopie.com/Stereokamer..._stereobox.html).
In der Anleitung ist es dargestellt: Für Aufnahme 1 muss die <1> im oberen Fenster (bei vertikaler Kamerahaltung) erscheinen, für Aufnahme 2 die <3> im unteren Fenster, für Bild 3 die <4> im oberen, für Bild 4 die <6> im unteren Fenster, für das letzte Bild schließlich die <7> im oberen Fenster: Ganz schön kompliziert (was die oben angesprochene einfache Handhabung wieder konterkariert); wer weiß, wie viele Aufnahmen durch unachtsamen Filmtransport verdorben wurden… Beim vorliegenden Exemplar war leider eins der (groß dimensionierten) Rotfenster beschädigt; ich habe vorläufig ein Stück aus einer defekten Kamera ergänzt. – Die Kamera kann aber auch für 10 Monoaufnahmen 6x6 genutzt werden. Dazu wird das rechte Objektiv mit einer vorschwenkbaren Abdeckung verschlossen, der Film bleibt an dieser Stelle unbelichtet:
Die Box ist mit zwei Duplaren 11/8 cm ausgestattet; mittels Lochblende kann auch die Blende 22 eingestellt werden. Der Entfernungsbereich reicht von 2 m bis ∞. Der Verschluss besitzt eine Momentzeit (ca. 1/25) und B. Ein Drahtauslöser kann angeschlossen werden, auf der Unterseite befindet sich ein Stativgewinde. Für die exakte Ausrichtung – für die Stereowirkung sehr wichtig – ist auf der Oberseite des Gehäuses eine Kreuzlibelle montiert. Als Sucher steht ein eingelassener Brillantsucher zur Verfügung, außerdem bietet ein ausziehbarer Ikonometer die Möglichkeit, Aufnahmen aus Augenhöhe zu machen.
H.-D. Götz gibt in seinem Buch über Box-Kameras (2002) an, das Modell habe es in zwei Ausführungen gegeben (S. 32); mir ist nicht klar, ob sich das auf technische oder kosmetische Änderungen bezieht.
Die Kamera wurde für 28 RM angeboten und war die preisgünstigste Stereokamera auf dem Markt; im Lieferumfang befand sich noch ein einfacher Stereobetrachter.
Zur Datierung: Die Kamera war spätestens 1934 zu haben – aus diesem Jahr gibt es jedenfalls einige Erwähnungen und Berichte in Zeitschriften (Deutsche optische Wochenschrift, Photofreund-Handbuch, Camera). Götz druckt ein (undatiertes) Werbeblatt mit Hinweis auf die Neuheit ab, die auf der Leipziger Messe vorgestellt werden solle; aber schon im Juli 1933 war ein Bericht in der Zeitschrift Der Stereoskopiker erschienen (nachzulesen auf stereoskopie.com).
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oben war davon die Rede, dass die Stereo-Box in zwei Ausführungen gebaut worden sei – das gibt jedenfalls Hans-Dieter Götz an (S. 32), ohne das weiter zu erläutern. Ich bin bislang davon ausgegangen, dass sich das auf das Erscheinungsbild beziehen müsse, nämlich mit oder ohne vernickelte Einfassung auf der Frontseite. In der Bucht schwamm nun zwei Wochen lang ein Exemplar mit diesem hellem Zierrahmen, ohne dass jemand Interesse gehabt hätte (falsche Rubrik); ich habe es mir nun zu einem günstigen Preis an Land gezogen (hauptsächlich deshalb, weil die Rotfenster, anders als bei meinem Exemplar, intakt sind und die Tabelle mit den relevanten Bildnummern noch vorhanden ist). Eine nähere Inspektion ergibt nun, dass der Unterschied zwischen den beiden Ausführungen eigentlich nur die Gestaltung der Frontplatte und die Farbe der Bedienungselemente betrifft.
Ich schrieb eigentlich, denn: Es zeigt sich ein weiterer Unterschied hinsichtlich des Suchers: Die schwarze Version besitzt ein rundes Sucherauge und oben eine gewölbte Linse wie bei üblichen Brillantsuchern. Beim vorliegenden vernickelten Exemplar ist das Sucherauge eckig, die Linse wurde nach vorn versetzt. Oben befindet sich eine plane klare Scheibe mit Fadenkreuz. Hier gibt es im Innern Bastelspuren, und der Spiegel sitzt ein bisschen schief; es ist zu vermuten, dass da jemand hantiert und seiner Kamera einen größeren Sucher verpasst hat; es fehlt auch eine Schraube. Der Sinn dieser Änderung erschließt sich mir nicht – das Sucherbild wirkt zwar etwas größer, aber die Gegenstände sind tonnenförmig verzerrt – da nützt auch das (ohnehin nicht ganz präzise) Fadenkreuz nicht…
Das hier vorliegende Exemplar weist noch eine weitere Veränderung auf: In der Mitte der Frontplatte befindet sich eine Gewindestange mit Rändelmutter. Ich habe das zunächst für ein serienmäßiges Bedienungselement gehalten, es zeigte sich aber, dass hier ein Vorbesitzer an der Innenseite der Frontplatte eine Schraube eingesetzt hat (s. auch das Foto oben).
Möglicherweise sollte damit eine Filtereinheit o.ä. vor den Objektiven befestigt werden. Das Ganze ist durchaus sauber ausgeführt. Da ich die Frontplatte abgenommen habe, um die Sache zu ergründen, hier noch ein Blick auf den Verschluss. Der Vorbesitzer hielt es übrigens für nötig, sowohl neben dem Verschluss als auch auf der Innenseite der Frontplatte seinen Namen und seine Anschrift einzuritzen.
Unklar ist mir, ob die beiden Varianten gleichzeitig angeboten wurden, sich hier eine Modellveränderung zeigt oder unterschiedliche Märkte bedient wurden. Hans-Dieter Götz gibt in seinem Box-Buch (2002) zur Entwicklung der Eho-Boxen an, dass schwarze, schmale Ränder vor 1931 üblich waren, seit 1931 die Ränder vernickelt ausgeführt wurden und im Sommer 1935 „breitere Nickelränder mit gerundeter Innenlinie“ aufkamen (S. 32). Die Stereo-Box erschien aber erst 1934, als die Zeit der schwarzen Ränder bei Boxen schon vorbei war. Die Abbildungen, die ich von der Box gesehen habe, zeigen allesamt die vernickelte Variante, das gilt auc für die allererste Abbildung im Messeprospekt (Götz, S. 32). Dass das oben gezeigte schwarze Exemplar auf dem Filmeinsatz den Schriftzug Made in Germany trägt, dürfte darauf verweisen, dass es sich um ein Export-Exemplar handelt.
Festzustellen ist übrigens, dass die hier gezeigte Nickel-Variante kein Eho-Schild trägt, sondern auf dem Tragegriff mit Errtee gekennzeichnet ist, was sie als Handelsmarkenexemplar für die Fa. Romain Talbot (Berlin) ausweist.
Die Errtee-Version ist neben der Eho Stereo-Box auch bei Kadlubek (5. Aufl. 2004) verzeichnet (EHO0440). Interessanterweise notierte Kadlubek für die Errtee-Version seinerzeit einen Marktpreis von 170 €, während er die Eho-Version mit 300 € bewertet. Ob das auf einen höheren Marktanteil der Errtee-Variante hindeutet oder auf eine Geringschätzung der Handelsmarke, ist mir nicht klar.
Aus der erwähnten Tabelle auf der Rückseite geht hervor, welche Bildnummern in welchem Fenster für Monoaufnahmen 6x6 und Stereoaufnahmen 6x13 zu beachten sind.
auf deine erneute Vorstellung hin hab ich mal ganz unten bei mir gesucht und auch noch so eine Kamera gefunden. Da die äußerlich bezüglich des Firmenlogos etwas von deiner abweicht und sich im Originalzustand befindet, stelle ich mal ein Bild ein. Technisch ist die sonst identisch. Auf dem Tragegriff sitzt das gleich Firmen-Logo.
Ich hab die Zeiten nachgemessen. Die Wiederholungsgenauigkeit reicht von 1/19 bis 1/26 s. Der rechte Verschluss läuft eher etwas länger, kommt später und setzt sich gelegentlich gar nicht in Bewegung – kann man aber vermutlich nachbessern. Zum Fotografieren nicht gerade das Präzisionsinstrument. Angesichts des Erhaltungszustands nach knapp 100 Jahren könnten die Vorbesitzer das ähnlich gesehen haben, um die Kamera daraufhin ganz unten im Schrank zu deponieren. Vielleicht kam auch der 2. WK dazwischen oder irgendeine andere Geschichte.
Ich kann dich übrigens nur bewundern, wie du, ohne dich von der verhaltenen Resonanz beeindrucken zu lassen, deine umfangreichen Beiträge hier beständig einstellst, erweiterst und aktualisierst – wirklich super. Mich motiviert die nicht gerade seltene „0-Resonanz“ weniger, sodass ich mich zu der Arbeit kaum aufraffe. Wenn man mal so bedenkt, dass im deutschsprachigen Raum mit ca. 100 Millionen Menschen zurzeit vielleicht gerade mal ein Dutzend Sammler regelmäßig hier etwas einstellen, um das Museum zu erweitern, scheint der Sammler eine gefährdete Art auf tiefroter Liste zu sein.
nur ein paar Anmerkungen zu den verhaltenen Reaktionen auf Beiträge anderer Nutzer. Stimmt schon, oft gibt es scheinbar keine Reaktion auf noch so gute Beiträge. Allerdings sieht man an den Zugriffszahlen auf Beiträge, dass Beiträge doch durchaus gelesen werden.
Oft ist es so, dass man Beiträge gern und interessiert liest, aber keinen Grund sieht darauf zu antworten. Paradoxer weise insbesondere gibt es ja um so weniger Grund zu reagieren, je besser ein Beitrag gelungen ist.
Aus vielen emails und Telefongesprächen mit Seitenbesuchern, weiß ich, dass zwischenzeitlich beispielsweise der Plattenkamera-Bereich als das Standard-Nachschlagewerk zum Thema ist (ausserhalb der Welt der Papiernachschlagewerke), sogar auch bei nicht deutschsprachigen Forum-Besuchern.
Stimmt schon, Photographica-Sammelnde sind schon mal sensible Wesen, die gern auf sich bezogen agieren, auch ist die Altersstruktur hauptsächlich auf Personen in der zweiten Lebenshälfte fokussiert. Diese Personengruppe sind (leider) gar nicht selten (noch?) keine Internet-Nutzende.
Mein Wunsch und Bitte: Weiter unverdrossen Beiträge schreiben, sie werden gelesen und manchmal auch gewürdigt.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
man kann die Dinge natürlich auch so sehen wie Du. Für meinen Teil würde ich mir mehr Resonanz wünschen, und das insbesondere für alle, natürlich für die, die etwas einstellen aber auch für die, die nur mitlesen. Als ich hier meine ersten Beiträge gepostet habe, war ich von der 0-Resonanz zu meiner ersten richtigen Kameravorstellung derart irritiert, dass ich den Beitrag nach ein paar Tagen direkt wieder löschte - ich habe nur gedacht, is wohl nix, wenn das niemanden interessiert. Ich fände ein wenig mehr Kommunikation bereichernd und motivierend. Selbst in den Foren, wo es etwas kontroverser zugeht, weitet sich der Horizont im Laufe einer Diskussion meist und den Gewinn für alle kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Aber gut, ich will hier nicht herummosern, aber über dieses Verhältnis 12/100 Millionen wundere ich mich einfach, und das gerade, wenn das Museum zu einem wichtigen Nachschlagewerk wird.
ich sehe das mit der Resonanz mittlerweile ganz entspannt. Für mich hat das Forum zwei Funktionen:
1. Erfahrungsaustausch und Klärung von Fragen, etwa wenn es um die Bestimmung eines unbekannten Modells geht. Hier habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht und von sehr profunden Beiträgen profitieren können.
2. Kameramuseum: Ich bemühe mich um möglichst fundierte und exakte Modell- bzw. Exponatbeschreibungen und trage dazu zusammen, was ich in der Literatur gefunden habe. Das gelingt je nach Quellenlage mal besser, mal weniger gut. Anfangs habe ich mich auch gefragt, ob das überhaupt jemanden interessiert; in der Stereoabteilung gibt es in der Tat kaum Mitstreiter. Aber Rainer hat ja darauf hingewiesen: Offenbar werden die Beiträge tatsächlich rezipiert. Da bedarf es dann auch nicht unbedingt einer Diskussion. Mein Anspruch ist es, halbwegs zuverlässige, differenzierte und verlässliche Beschreibungen zu liefern, und zwar so, wie ich es auf einer eigenen Sammlungsseite tun würde (die ich nicht betreibe), und differenzierter, als ich das auf manchen anderen Seiten finde.
Zu Deinem Eho-Exemplar: Vielen Dank fürs Zeigen, die Kamera sieht ja sehr gut aus! Zur Gestaltung des Eho-Logos bemerkt Götz übrigens, dass der ovale Schriftzug sowohl als Lederprägung als auch auf einer Plakette vorkommt; kurze Zeit gab es wohl auch ein kantiges Logo in Gestalt eines Linsenquerschnitts. Ja, eine Präzisionskamera ist das sicherlich nicht, aber für 28 RM war das auch nicht zu erwarten. Vielleicht probiere ich sie einfach mal aus.
Guten Tag. Ich will den Beitrag eigentlich nicht weiter vom Thema abbringen aber da hier die mangelnde Reaktion der Leser angesprochen wird: Ich bin auch so einer. Ich bin regelmäßig im Forum und lese so einiges durch kann aber nichts dazu beitragen ist einfach aber interessant. Mein Gebiet sind die Rollfilmboxen aber nur als Betrachtungsobjekte in Literatur u. Museen und WEBseiten. dabei ist das B Z F eine feste Hausnummer für mich geworden. Ich finde kaum ein Forum wo so viel fundierte Themen besprochen werden wie im B Z F. Danke mal wieder an euch aktive Forumers. Der schreib faule Markus