die Voigtländer Superb wurde hier schon gelegentlich erwähnt, aber noch nicht systematisch vorgestellt, was hier nachgeholt werden soll. Es handelt sich um eine zweiäugige Spiegelreflexkamera im Format 6x6. Die Kamera erschien im März 1933; zu dieser Zeit war die Rolleiflex schon am Markt etabliert. Voigtländer musste aus Patentgründen zum Teil andere Lösungen wählen; die Kamera weist pfiffige konstruktive Details auf.
Anders als bei der Rolleiflex läuft der Film horizontal; bei der Rolleiflex konnten für die Spulen Hohlräume unter dem Spiegel und unterhalb der Filmkammer genutzt werden, was Franke & Heidecke sich hatte patentieren lassen. Die Superb besitzt keine Kurbel, sondern einen Schnellschalthebel für den Filmtransport; man muss mehrmals pumpen, um ein Bild weiterzuschalten; dazu kann ein mechanisches Zählwerk beobachtet werden, es gibt aber keinen automatischen Anschlag.
Für die Scharfeinstellung besitzen die Objektive eine versteckte Zahnradkoppelung; die Objektive werden also gedreht. Die Entfernung kann auf der Skala oberhalb des Sucherobjektivs abgelesen werden. Überhaupt soll die Kamera wie die Rolleiflex von oben bedient werden. Die Blende wird mit einem Drehrad eingestellt, am interessantesten ist die Anzeige der Verschlusszeiten: Der offenliegende Compur zeigt die Ziffern spiegelverkehrt!
Da der Nutzer von oben durch ein kleines Prisma schaut, kann der die Ziffern deutlich erkennen.
Die Superb besitzt einen Klappenlichtschacht, in die Mattscheibe ist eine Libelle eingelassen.
Ein grundsätzliches Problem zweiäugiger Kameras ist die Sucherparallaxe. Die zur gleichen Zeit verkaufte Rolleiflex besaß keinen Parallaxenausgleich, sondern ein verkleinertes Sucherbild. Im November 1933 bekam die preiswerte Rolleicord einen Parallaxenmausgleich – dort verschiebt sich ein Rahmen unter der Mattscheibe. Bei Voigtländer wählte man ein anderes Prinzip, man konstruierte ein axial verstellbares und schwenkbares Sucherobjektiv, das sich bei Naheinstellung neigt. Das sieht von der Seite betrachtet spektakulär aus:
Voigtländer bewarb seine Kamera mit dem Hinweis, es sei die "einzige Spiegelreflex mit richtigem Bildausschnitt im stets sichtbaren Sucherbild"; das führte zu einem Rechtsstreit mit Franke & Heidecke – in den Büchern von Prochnow ausführlichg dokumentiert –, Voigtländer musste seine Werbung dann umstellen ("die einzige Spiegelreflex mit neigbarem Sucher und daher richtigem Bildausschnitt bei jeder Einstellung…").
Prochnow unterscheidet 2 Modelle und ein Zwischenmodell, die sich in der Objektivausstattung, der Gestaltung der Trageriemenösen und dem Vorhandensein eines Sportsuchers unterscheiden. Bei der hier gezeigten Superb handelt es sich um das erste Modell (Prochnow PR 3080) – sie besitzt die 'ohrenförmigen' Riemenösen, hat noch keinen Sportsucher und ist mit dem Skopar 3,5/7,5 ausgestattet. In dieser Version wurde sie im Zeitraum 1933–34 für 167 RM angeboten. Das vorliegende Exemplar wurde, wie das auffällige Händlerschild auf dem Lichtschacht zeigt, in Böhmen verkauft, in Jindřichův Hradec (dt. Neuhaus). Gebaut wurde die Superb bis 1939 in insgesamt 30.000 Exemplaren.
Danke, ich fass' es nicht. Eine zeitgenössische, hausinterne und weit überlegene Konkurrenz zur Voigtländer Brillant (ich hatte eine mit dem Vierlinser Skopar und Compur-Rapid Verschluss)? Einen süßen Clip habe ich auf Youtube dazu gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=YSohN-YTLeE. Bei ihm sehen die Reflexe auf den Objektiven bläulich aus. Für meine Englisch-Kenntnisse hab' ich ihn auf 0,75 Abspielgeschwindigkeit gestellt, brauchte dafür nicht die deutschen Untertitel zu aktivieren. Traumhafte analogtypische Fotobeispiele . Anscheinend musste man bei der Superb, wie auch bei der Brillant, den Spannhebel und den Auslöser manuell nacheinander betätigen. <frustiert> Immerhin hatte die Brillant so einen Einbauschrank, in dem man Filter und, ich glaube, einen optischen Belichtungsmesser (hatte ich nicht) usw. mitführen konnte ;) . Gruß, Hannes :)
diese Gehäuseöffnungsoption finde ich bemerkenswert und ist mir so noch bei keiner anderen Kamera aufgefallen. Ein Alleinstellungsmerkmal der Superb Kamera ?
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Rainer:diese Gehäuseöffnungsoption finde ich bemerkenswert und ist mir so noch bei keiner anderen Kamera aufgefallen. Ein Alleinstellungsmerkmal der Superb Kamera ?
Einen horizontalen Filmlauf hat bei den TLRs auch die erste Ikoflex, dort wird aber ein Filmeinsatz aus dem Gehäuse herausgehoben. Den Flügeltürenmechanismus hat allenfalls noch die Foth-Flex (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...8&thread=41), dort läuft der Film aber vertikal. Das gleiche Prinzip wie bei der Superb ist mir noch nicht begegnet.