Ich möchte eine, verglichen mit der „Ikoflex“ und der „Rolleiflex“, einfache, aber interessante TLR-Kamera vorstellen: die „Delmonta“ der Firma Montanus Kamerabau (Potthoff & Co., Solingen).
Die Firma Potthoff war eigentlich auf Kunststofffabrikation spezialisiert, begann aber Anfang der 50er-Jahre, wie um diese Zeit viele Newcomer im florierenden Kameramarkt, mit dem Kamerabau und brachte bis 1960 verschiedene zweiäugige Spiegelreflex- und einfache Sucherkameras heraus. Die Optik wurde von Steinheil, Staeble, Rodenstock oder Enna zugekauft. Die Kameras ziert, wie auch hier auf dem Schachtsucherdeckel, das Wappen von Solingen-Ohligs. Dass die Firma und alle Kameramodelle („Montanus“, „Delmonta“, „Montiflex“, „Montana“, „Rocca“) das lateinische Wort „mons“ (für „Berg“) bzw. das italienische „montagna“ oder „rocca“ (für „Felsen“) im Namen enthalten, dürfte mit der Grafschaft Berg bzw. dem Bergischen Land zu tun haben, d.h. der Region um Solingen.
Einen sehr guten Überblick über Geschichte und Portfolio der nur für kurze Zeit Kameras produzierenden Firma bietet der Artikel „Montanus-Kamerabau aus Solingen Ohligs“ von Georg Bach in der Zeitschrift PhotoDeal (IV/2003, S. 4ff.).
Die Daten der Kamera sind:
• Baujahr: ca. 1954 • Hersteller: Montanus Kamerabau (Potthoff & Co., Solingen) • Format: MF (Film 120, 6 x 6 cm) • Objektiv: Pluscanar Anastigmat 3,5 / 75 (vergütet) • Blenden: 3,5 — 22 • Verschluss: Velio (A. Gautier) • Belichtungszeiten: B, 1/10, 1/25, 1/50, 1/100, 1/200 Sek. • Fokussierung: großer Drehknopf an der linken Seite (mit Tiefenschärfeskala) bewegt Sucher- und Aufnahmeobjektiv vor und zurück (wie z.B. bei der „Weltaflex“); hier engl. feet-Angaben von 4 bis ∞ • Blitz: Synchron-Kontaktbuchse an der Kameravorderseite (kein Zubehörschuh) • Sucher: Schachtsucher (mit Lupe); Vorderfront als Durchsichtsucher umklappbar • Filmtransport: Rändelschraube rechts (ohne Doppelbelichtungssperre) • Auslöser: Schieber an der rechten Seite (+ Drahtauslöser-Gewinde am Objektiv) • Besonderheiten: 3/8-Zoll-Stativgewinde am Boden, Tragegurt-Knöpfe, Stadtwappen auf der Schachtsucher-Vorderseite, verschließbares Rotfenster für Bildnummern auf der Rückseite, herausziehbares Fach für Ersatzfilm, Angabe „D.B.P. ang. — Pat. pend.“ • Zubehör: Bereitschaftstasche (hier nicht vorhanden)
Die Feet-Angabe zeigt, dass es sich wohl um eine Version für den angloamerikanischen Markt handelt. Die Kamera erinnert in allem an die „Ikoflex“ usw., aber eben in technisch viel schlichterer und hinsichtlich der Verarbeitung deutlich weniger wertiger Ausführung, gewissermaßen die „TLR-Kamera des kleinen Mannes“. Es gab noch einfachere Montanus-TLR-Kameras aus Kunststoff, die Vorgängerin „Plascaflex“.
Der besondere Clou hier ist das filmdosenähnliche Fach für frische bzw. bereits belichtete Filme. Das ist wirklich ein Unikum, das kein anderer Hersteller bot.
Die Kamera ist gut durchdacht, das Filmeinlegen geht viel leichter als bei anderen TLRs, und hinter dem „Pluscanar“ dürfte sich irgendein namhafter deutscher Hersteller verbergen. Allgemein also eine solide konstruierte, leicht handhabbare ‚Zweiäugige‘ der 50er-Jahre, auf deren ersten Test ich mich freue.
Unklar ist mir allerdings das Schildchen „I“ vorne unten rechts (gemeint ist vielleicht „Delmonta I“ in Erwartung weiterer Modelle in der Serie?) und die vom Aufnahmeobjektiv abweichende Angabe auf dem Sucherobjektiv (h = 3,2 / 75), außerdem die Angabe „AR“ auf beiden Objektiven (vielleicht „Aspherical Refractive“ für die asphärische Optik?). Vielleicht hat hierzu jemand eine Idee.
Haha, eine kreative Lösung. Die Box-Form der Zweiäugigen mit dreieckigem Querschnitt im Inneren (vom Objektiv"punkt" vorne zu sechs Zentimeter Höhe plus je eine Filmspule untendran und obendrüber, sowie eine Tiefe von unveränderlich 75 Millimeter im vertikalem Querschnitt, als auch wieder der Objektiv"punkt" zu sechs Zentimeter Breite im horizontalen, ließ genug ungenutzte Luft im Inneren, über die die Designer die Stirn runzelten. Bei der Delmonta ist Platz für einen Film unter dem besagten Dreieck, bei der Voigtländer Brillant ein Kläppchen wie von einem Gewürzschrank, für das die Bereitschaftstasche eine extra Klappe bekommen hatte, mit Platz für einen Filter und z.B. einem optischen Belichtungsmesser dahinter (der Raum auf der gegenüberliegenden Seite war für den automatischen Filmtransport/Zähler herangezogen worden). Dass das Sucherobjektiv bei TLR lichtstärker war als das Aufnahmeobjektiv, ist nichts Ungewöhnliches. Das ergibt eine etwas geringere Tiefenschärfe und damit einen Vorsprung in der Scharfstellung gegenüber dem Aufnahmeobjektiv, auch wenn dieses voll aufgeblendet benutzt wurde. Dieselbe Idee hat ja dazu geführt, daß bei Kleinbild-Spiegelreflexkameras Lichtstärken von 2.0 oder 1.8 nichts Ungewöhnliches waren, bisher eine phantastische Leistung wie z.B. bei der "Ernemann", auch wenn die Bildleistung (Vignettierung, Brillanz, Rand- und Eckenschärfe) dieser Objektive bei voller Öffnung nicht zu gebrauchen war.
Früher hätte ich über Angebote billiger Kameras mit nur wenigen Verschlußzeiten die Nase gerümpft. Heute sehe ich das anders - ich will mit meinen Sammelexemplaren auch fotografieren können, und die alten Compur-Verschlüsse sind alle verharzt.
dieses Film-Reservefach ist wohl ein Alleinstellungsmerkmal dieser Kamera, das hat was. Ich muss zugeben, dieses Modell nie zuvor irgendwo gesehen zu haben.
Ich nehme die Kamera gleich in das Online-Verzeichnis auf.
Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
an TLR-Kameras fertigte die Fa. Montanus die Plascaflex (noch gänzlich aus Bakelit), die hier vorgestellte DelMonta (Montiflex) und als Spitzenmodell die Rocca (mit Rodenstock Trinar, 80mm, 2.9). Daneben gab es noch sehr einfache Kleinbildkameras.
"Unklar ist mir allerdings (...) die Angabe „AR“ auf beiden Objektiven (vielleicht „Aspherical Refractive“ für die asphärische Optik?). Vielleicht hat hierzu jemand eine Idee."