Wie kriegt man seine analogen Fotos auf einen Computer, wenn man nur einen Flachbettscanner besitzt? Amateurfotografen sind Qualitätsfanatiker. Irgend welche Abzüge vom Großlabor, die den Tonwertumfang und die Auflösung des Negatives nicht einmal größenordnungsmäßig ausnutzen, auf die Glasscheibe eines Büroscanners zu legen und auf "Scan" zu klicken, ist nicht zielführend. Anekdote: Als selbständiger Webdesigner habe ich es strikt abgelehnt, wenn mir Kunden derlei Fotodateien, beispielsweise aus Prospekten, zur Veröffentlichung auf ihrem Internetauftritt gaben - und ich habe sie jedes einzelne Mal erwischt, vom flachen Bildeindruck her, von der fehlenden Durchzeichnung in den Tiefen, von der fehlenden Brillanz in den hellen Bildteilen wie Wolkenhimmel. Auf einem Papierabzug kann die hellste Stelle ca. vierzig Mal so hell sein wie die dunkelste (Dynamikumfang), bei Filmen und Dias 13 Blendenstufen (zwei hoch dreizehn ist 8192fach). Digitalkameras übrigens um 9 Blendenstufen, richtig gute ganz moderne 2-3 mehr. Ein Filmscanner sollte also seinen Ehrgeiz darin legen, diesen Umfang an Blendenstufen auch wiedergeben zu können. Klar, daß ein 40-Euro-"Scanner" mit 3 LED-Funzeln hintendrin den für das bloße Auge völlig schwarzen Sommerhimmel mit Wolken nicht mehr durchleuchtet oder, wenn hochgeregelt, dafür das fast klare Filmstückchen von Negativfilmen in Hauseingängen mit Vordach, bei dunklen Tannenwäldern usw. nicht mehr gleichzeitig in eine Bilddatei bringt. Bei Digitalkameras mit ihren miesen Sensoren behilft man sich damit, mehrere verschieden belichtete Aufnahmen übereinanderzulegen (HDR-Technik). Manche Scannersoftware kann das auch.
Also Scans vom Papierbild fallen aus, man muss vom Negativ (oder Dia, aber damit habe ich so gut wie keine Erfahrung) scannen. 1. Versuch: Filmstreifen in einen speziellen Negativhalter legen. Klappt bei mir mit Kleinbild und 6x6 Filmen prima. Aaaber ... Scanner fotografieren ihre Vorlage streifenweise mit einem Objektiv. Wenn der Film stark und hartnäckig gewölbt ist, geht vielleicht der Rand oder die Mitte durch die Wölbung aus dem Tiefenschärfenbereich raus. Ausserdem habe ich eine Menge Pocket-Filme für das Bildformat 13x17 Millimeter, die in keinen Halter bei mir passen - und die haben einen noch hartnäckigeren Hang zur Wölbung. 2. Versuch: Filmstreifen auf die Glasunterlage des Scanners legen und eine Glasscheibe obenauf tun. Viele Leute berichten bei stark gewölbtem Film von Newtonschen Ringen, das sind eine Art Regenbogen in eine Zone, wo die Mitte des gewölbten Films die Glasscheibe berührt, zum Rand zu aber schon ein Luftkeil in der Größenordnung der Lichtwellenlänge verbleibt. Wie Mikroskopiker wissen, Luft knickt ("bricht") schräge Lichtstrahlen anders, als Glas oder als das Filmmaterial. Die Form ist dort, wo sich der Film vom Glas um diese Winzigkeit abhebt, mit bunten Ringen umgeben. Neuere Epson-Scanner haben übrigens statt der glaslosen Negativhalter welche mit einem Kunststoffglas zum flachhalten. Aber in den Tests und Foren schimpfen mehr Leute über diese Gläser, eben wegen Newton'scher Ringe, als sich früher über deren Fehlen beklagt haben. Hinweis: bei mir und bisher 2 anderen Fundstellen in den Foren tritt das Problem nicht auf, wenn die aufliegende Glasplatte entweder von einem Rahmen aus Klebstreifen umgeben ist (den ich nur draufgemacht hatte, damit mir der Rand der Glasscheibe ja nicht das kostbare Scanner-Glas zerkratzt) oder derjenige aus 1mm Karton eine Maske geschnitten hatte, die sein Negativ genau umgibt, damit das massenhaft neben dem Bild durchfallende Licht der Scanner-Lampe nicht sein gescanntes Image überstrahlt. Vermutlich habe ich wie die erwähnten Berichterstatter einfach Glück, daß die Wölbung meiner Negative mit dem Anpressdruck, der durch Masken oder Klebestreifen vermindert ist, mit der Oberfläche rauh/glatt der Negative usw. keine Newton'schen Ringe erzeugt. Was ist, wenn nicht? 3. Versuch: Man nimmt eine Glasscheibe von Vergrößerern zum Beschweren, die nicht ganz glatt ist, sondern eine Rauhigkeit eingeätzt gekriegt hat, so fein, daß man sie nicht als grieselig auf dem Scan sieht. Kostet bescheidene ca. 80 Ocken für ein Stück 6x9 Film, ein paar Hunnis für Durst-Vergrößerer für Großformat-Bilder. Versuch 3a: Man nimmt eine Glasscheibe von einem rahmenlosen, entspiegelten Bildhalter (zu erkennen darin, daß sich eine Taschenlampe darin nur verwaschen spiegelt statt blendend) und hofft, daß die Scheibe für die einsfünfundneunzig Euro so eines Bildhalters genau so gut ist wie die richtigen Profi-Scheiben für Fotografie.
Was, wenn die vermaledeiten Newtonschen Ringe immer noch auftauchen? Siehe nächster Beitrag!
Jemand fragte mich, was denn das Nassverfahren beim Scannen sei. Also weiter im Text:
4. Versuch: Mikroskopiker haben das Problem mit der Brechung (nicht mit den Ringen) auch, von der Lampe bzw. einer lichtbündelnden Linse (Kondensor) über Luft zum Trägerglas über Luft zur untersten Objektivlinse kommt nicht gut. Bei 900facher Vergrößerung ist Schluß. Sie tun dann einfach einen Tropfen Öl, welches denselben Brechungsindex wie Glas hat, zwischen die Kondensorlinse und das Trägerglas und das Deckglas und die unterste Objektivlinse. Und siehe da, jetzt ist auch eine 1300fache Vergrößerung nicht nur möglich (rechnerisch immer, in Kindermikroskopen von Bresser werden ja sogar 1600fach angeboten, man sieht nur nichts), sondern auch sinnvoll mit weiteren Einzelheiten. Das können wir auch. Babyöl, optische Glasreiniger (also bitte nicht gerade Salmiakgeist vom Drogeriemarkt...), oder Kami Scanflüssigkeit SXL2001 (Gebindegröße ab 4 Literflaschen, kostet 200 Euro) auf das Glas; Film da auflegen (geht bei gewölbten Filmen nicht blasenfrei, deswegen ist die Methode für Flachbettscanner Blödsinn), Scanflüssigkeit oben auf den Film; glasklare Mylarfolie obendrauf (geht nicht blasenfrei ...) und tata! theoretisch ist der Film jetzt zwangsflach angepappt und es gibt auch keine Luft, die wie gesagt den falschen Brechungsindex hat, zwischen Film, Glas und Deckfolie.
Wenn ich keine Erfolge mit dem Naßscanverfahren berichten kann, wofür ist es denn eigentlich da? Es wird doch als die unbedingt nötige Methode, Spitzenauflösungen zu erzielen, von den Fachleuten immer empfohlen? 1. Das Naßscanverfahren verbessert die Auflösung nicht, es sei denn wegen der perfekten Planlage des Films auf die Vorlagenplatte. Das habe ich mit meiner zweiten Glasplatte zur Beschwerung aber genauso. 2. Das Naßscanverfahren stammt von Trommelscannern, und die Firma Kami liefert ihre Scan-Materialien für diese. Bei ihnen, und bei einem einzigen ganz speziellen "Flach"bettscanner mit gewölbter Filmauflage, werden die Negative nicht aufgelegt oder eingeschoben, sondern auf eine Rundung aufgespannt - von dem Ende, wo er eingespannt ist, bis zum anderen treibt der Film dabei einen Keil von Scanflüssigkeit vor sich her. Da gibt's keine Rakel oder Walze, mit denen man die Scanflüssigkeit dünn unter einem Film, der postwendend aber die flache Oberfläche wieder zu verlassen strebt, oder einer Mylarfolie verteilen möchte und den vergeblichen Versuch unternehmen muss, alle Luftblasen zu erwischen und auch irgendwie an den Rand zu drücken (von wo sie nämlich prompt wieder eingesogen werden).
Diese Scannermodelle kann ich hier zusammenfassen. Sie unterscheiden sich durch die Beigabe der Software Silverfast, durch den Ersatz der alten Lampe mit ihren Aufwärmzeiten durch modernes LED-Licht und - tadaa - beim Epson V750 konnte im Gegensatz zum V700 kostenlos ein Aufsatz zum Naß-Scannen nachbestellt werden. Man kann ihn aber auch um 130 Euro separat kaufen.
Der Einsatz erfüllt mehrere Bedingungen. 1. Warum nicht die Negative auf die eingebaute Scanner-Scheibe pappen? Weil die Epson ab Modell 4990 für Fotos ein zweites Objektiv, eine Art Tele-Makroobjektiv haben, welches zwar nicht die Fläche DIN A 4 abdeckt wie das normale, aber mit einer höheren Auflösung (bei meinem V700: 6400dpi statt 4800dpi) arbeitet. Dieses Objektiv zeichnet Vorlagen ca. 3.2 Millimeter über der eingebauten Glasscheibe scharf, damit man Filmhalter verwenden kann - randlose zum Einlegen, oder eben diesen Einsatz (Fluid Mount Acessory). 2. Die Epson Scanner erkennen von selbst, womit man eigentlich gerade arbeitet: undurchsichtige Dokumente, Filme im Filmhalter usw. Der Nass-Einsatz hat ähnlich wie die glaslosen Filmhalter an der richtigen Stelle einen Lichtschlitz für den Scanner zum Licht kalibrieren, die Filmhalter haben irgendwo eine reflektierende Fläche, um sich als solche zu identifizieren usw. 3. Der Einsatz hat zwei Griffe. Das ist wichtig. Man stelle sich vor, man bastele sich selber einen, meinethalben mit zwei angeklebten Holzstreifen, und palam! er flutscht aus den Fingerkuppen an den Ecken, mit denen man ihn auf das kostbare eingebaute Scannerglas herablassen will. Das ist keine schonende Behandlung für einen Scanner, der mehr als einen halben Tausender gekostet hat. 4. Der Einsatz hat für abseits des Scanners eine Fläche zum Ablegen. Auch das ist eine gute Idee, denn seine eigene Scheibe ist ja auch eine spezielle für optische Zwecke, ohne Unebenheiten wie ein Dielenspiegel, mit konstanter Dicke usw. Sowas möchte man nicht paff! vom Arbeitstisch rutschen sehen. Ausserdem hat diese Ablage erhöhte Ränder, sodass es nichts ausmacht, wenn bei Nassmontage da Flüssigkeit reinläuft. Um das im Scanner selbst eingebaute Vorlagenglas möchte man keine höchst feuergefährliche, giftige Scanflüssigkeit, die als schnellflüchtiges Erdölprodukt auch alle Schmierstoffe auswäscht, in den Scanner laufen haben. 5. Diese Unterlage hat eine Art Linienblatt, aber kariert, damit man seine Filmstreifen genau parallel auflegen kann. Die Software Vuescan und zweifellos andere auch kann dann von selber im Batch-Betrieb wie ein Roboter nicht nur von Aufnahme zu Aufnahme längs des Streifens, sondern von Streifen zu Streifen springen - vorausgesetzt, sie sind ganz exakt parallel und in ganz exaktem Abstand aufgelegt. Was bei Naßmontage übrigens auch illusorisch ist. Die Streifen glitschen rum, bis sie sich an der Scheibe festgesogen haben.
Hier ein Bild von meinem originalen Epson Glashalter, mit eingelegten Pocketfilmstreifen, die sonst in keinen Negativhalter und übrigens in keinen dezidierten Dia- und -Negativscanner passen, weil die Papierstreifen vom Labor dran sind, und - zweckentfremdet - mit einer Glasscheibe im Trockenverfahren beschwert.
Re: Strategien bei Negativscans mit Flachbettscannern
Sony-Fan:Sehr interessant. Wie reagieren die Negativfilme auf die Benässung? Leidet nicht die Emulsionsschicht? Wird das rückstands frei wieder dauerhaft trocken?
Kommt drauf an, womit. In wässrigen Lösungen habe ich Filme schließlich jahrzehntelang gebadet, zumindest Silberhalogenid-Schichten drauf. Die hängt man einfach auf, tut unten eine Wäscheklammer dran, damit sie sich nicht einringeln. und wartet, bis sie trocken sind. Kami SXL 2001 verschwindet spurlos, wahrscheinlich in unseren Lungenbläschen, denn die Firma schreibt vor, dass ihr Material nur in gut belüfteten Räumen genutzt werden darf. Nivea Babyöl, das ich ausprobiert habe, weil es tatsächlich durch seine höhere Viskosität die Filmstreifen besser anklebt, bleibt natürlich für alle Zeiten als Matsche dran, wenn man es nicht mit viel Papiertüchern und Waschbenzin abwäscht. Meine Pocketfilme mit Erinnerungsaufnahmen habe ich, einmal digitalisiert, auf diese Weise getrocknet und dann eben, immer noch fettig, wieder in ihre Papiertaschen gestopft. Sie wird nie wieder jemand rausnehmen.
Re: Strategien bei Negativscans mit Flachbettscannern
Hey Hannes und Sony-Fan
Genau über die feuchte Scannerei hab ich auch gegrübelt. Es kann also bei dem Babyöl usw zu einer Nichtmehr Verwendbarkeit kommen. Das wäre mir zu risiko - reich falls was beim scan daneben geht.
Re: Strategien bei Negativscans mit Flachbettscannern
Blende-11:Mir würde dazu der Mut fehlen.
Man kann meine Berichte nicht verallgemeinern. Die Filme digitalisiert man ja, damit sie der Nachwelt erhalten bleiben. In meinem Fall, bei Pocket-Negativen, bezweifle ich, daß die Nachwelt, bei aller Qualität aus Edelpockets mit dem Kodak "Gold" Film, scharf auf die Negative oder überhaupt die Aufnahmen einer Taschenkamera ist. Ich hatte nur die Nase gestrichen voll, insbesondere, weil es bei mir mit dem Trockenverfahren (auf der Epson Naßscan-Platte ...) prima funktioniert.
Für gute Scan-Ergebnisse war mir nichts zuviel. Daher habe ich auch "Mr. Kami" angerufen und mir eine einzelne Flasche originalen SXL2001 bestellt (waren incl. Versand auch fast ein halber Hunni - wobei es auch ein 50-ccm-Döppchen gibt, abgebildet z.B. auf https://analoge-fotografie.net/scannen/epson/#Nassscannen). Das verfliegt einfach.
Manche nehmen Tetenal Filmreiniger als Scanfluid, einer hat sich irgendwo beschwert, daß bei ihm die Negative davon schmierig bleiben. Ich lasse u.a. denken bei Aphognext (Suchbegriff: Nassscannen mit dem Epson V 700/750 800/850), in dem auch ein paar dafür plädieren, die Matsche weg zu lassen und den Epson Nass-einsatz trocken mit einer Glasplatte als Beschwerung zum Film flach halten zu verwenden. Das andere Extrem ist dort einer, der empfiehlt, das Filmstück in einem mit Scan-Fluid gefüllten Gefäß unter dem Flüssigkeitsspiegel auf eine dort reinpassende Glasplatte aufzubringen, dann gebe es auch keine Luftblasen. Nun, jetzt im Rentenalter hätte ich keine Bedenken über Spätfolgen nach Jahrzehnten, wenn man von dem Naptha-Destillat ein gewisses Quantum über die Haut aufnimmt. Trotzdem ist das wahrer Fanatismus, aber Schwarzweißfotografen mit Silberhalogenidfilmen (da wirkt die Infrarot-Staub-Bekämpfung des Epson nicht drauf) sind alle begeistert, dass sie keine Kratzer mehr im Scan haben (man vergleiche meine Ausführungen oben über den Brechungsindex von Glas und Scan-Fluid). Ich denke, gerade wir als cutting-edge-Forum sollten uns auf Sandwichmethoden zwischen Glas mit Abstandhalter (Maske oder einfach Tesafilm) im Trockenverfahren versteifen und weiter austesten. Der nächste Schritt wäre z.B., an vier Punkten unter dem Epson Nass-Scanrahmen 1/2mm Material wegzunehmen, in die Lücke je eine dünne Membran flächenbündig einseitig einzukleben, von oben ein Loch durch den Rahmen bohren und eine kleine Blechschraube reinzudrehen, mit der man diese Membran abspreizen und dadurch die Höhenjustierung in feinsten Schritten vornehmen kann. Da lachen ja die Hühner, dass die Edel-Scan-Enthusiasten dafür überall ganze Schichten von Tesakrepp drauf kleben (und nimmt man den blöden Rahmen nach ein paar Jahren in der Schublade mal wieder hoch, fallen die ab und die Justierung kann man prompt wiederholen). Und ein bisschen Erfahrungssammlung mit den oft empfohlenen, nie gerühmten Scheiben aus spiegel"freien" Bilderhaltern könnte auch nicht schaden, ob es da ein geeignetes Fabrikat gibt. Manchmal gewinnt man auch in der Lotterie - ich denke da an den Fall, wo sich rumgesprochen hat, daß es für die antike Welta II TLR, und nur diese, von einem Produzenten irgend welchen optischen Laserzeugs, und nur von diesem, einen perfekt passenden Ersatz-Silberspiegel billig gibt, besser (quarzbeschichtet oder so) als der originale. Aber das wäre eine andere Geschichte ...