Die frühen „Prakticas“ der 1950/60er-Jahre sind großartige Kameras, unglaublich solide gebaut und von hoher mechanischer Präzision. Ich schätze besonders die Modelle der „Praktica IV“, deren Produktlinie 1965 von der (weitgehend identischen) „Praktica V“ abgeschlossen und gekrönt wurde, bevor die „Praktica“-Familie mit der „Praktica nova“ eine konzeptionell veränderte Fortsetzung fand.

Hier zunächst die Daten der „Praktica V F“:
• Hersteller, Modell: Pentacon Praktica V F
• Baujahr: 1965/66
• Hersteller: VEB Kamera- und Kinowerke (Dresden)
• Format: KB (24 x 36 mm)
• Objektivanschluss: M42
• Objektiv: diverse Objektive, hier das Standardobjektiv „Carl Zeiss Tessar“ (1:2,8 / 50mm) aus Aluminium
• Blenden: 2,8 bis 16
• Verschluss: horizontal ablaufender Tuch-Schlitzverschluss
• Belichtungszeiten: B, 1, 1/2, 1/4, 1/8, 1/30, 1/60, 1/125, 1/250, 1/500 Sek.
• Fokussierung: manuell (0,5 m bis ∞)
• Blitz: 2 Synchronbuchsen (X u. F) an der Vorderfront, kein Zubehörschuh
• Belichtungsmesser: --- (nur bei „Praktica V FB“)
• Filmzählwerk: Zählscheibe auf der Rändelschraube für Filmtransport und Spannen
• Sucher: fest eingebauter Prismensucher (mit Bildfeldlinse [F] und Schnittbildentfernungsmesser)
• Filmtransport: Rändelschraube (plus Schnellspannhebel auf der Unterseite)
• Auslöser: rechts vorn, mit Drahtauslöser-Gewinde
• Selbstauslöser: ---
• Filmtyp-Merkscheibe: ja (auf dem Rückspulknopf)
• Batterie: ---
• Besonderheiten: Rückkehrspiegel (im Unterschied zur „Praktica IV“), Blendeninnenauslösung für automatische Objektive, komplett abnehmbare Rückwand, geprägter „Ernemann“-Turm und DDR-Gütesiegel („1“) auf der Rückseite, Trageösen, kleiner Ständer unter dem Objektiv, als Hebel ausklappbarer Rückspulknopf
• Zubehör: Bereitschaftstasche, Gegenlichtblende, div. Zeiss- und Meyer-Wechselobjektive bzw. alle M42-Objektive, Filter, Augenmuschel etc.




Die Kamera ist schwer, wirkt sehr wertig und liegt gut in der Hand. Sie ist ein schönes Stück Dresdner Präzisionsarbeit und war damals hochmodern. Das Auslösegeräusch ist die reine Freude. Analoges, mechanisches Fotografieren pur!
Besonders raffiniert ist der Rückspulknopf: Er besteht aus zwei übereinander liegenden Rändelschrauben, von denen sich die obere anheben, ausklappen, arretieren und dann wie eine Kurbel verwenden lässt.

Die Belichtungseinstellung ist besonders: Stehen sich der schwarze Pfeil auf der Gehäusekappe und der rote Pfeil der Einstellschraube, die das Hemmwerk zuschaltet, gegenüber, gelten die kurzen (schwarz gravierten) Zeiten. Sie werden mit einem anhebbaren Rändelring, der eine rote Punktmarkierung trägt, eingestellt. Man spürt das Einrasten bei der jeweiligen Belichtungszeit. Will man aber die rot gravierten, langen Zeiten ansteuern, muss man die zentrale Schraube so verstellen, dass der rote Pfeil auf der Gehäusekappe dem roten Pfeil der Einstellschraube gegenüber steht. Dann kann man mit dem Rändelring die langen Zeiten wählen. Im Grunde klingt diese Beschreibung komplizierter, als es in der Praxis ist. Das Einstellen der Belichtungszeit wird bei älteren Modellen lediglich dadurch erschwert, dass oft der rote Punkt auf dem Einstellring abgerieben und kaum mehr zu erkennen ist.
Wie auch bei den "Pentacon / Contax"-Modellen wickelt die Aufnahmespule den Film links- statt rechtsdrehend auf, was das Filmeinlegen etwas umständlicher macht.
Das Problem bei den heute noch existierenden „Praktica IV / V“ ist häufig der Tuchschlitzverschluss. Er ist oft wellig oder undicht, und manchmal öffnet er nicht mehr vollständig, besonders bei den langen Zeiten. Da ist dann wenig zu machen, es sei denn, man findet einen versierten Fachmann und ist bereit, noch mal kräftig in das gute Stück zu investieren (ca. 150,- bis 200,- Euro). Bei meinem Modell ist das Tuch leicht wellig, aber augenscheinlich noch lichtdicht.


Die „Praktica V F“ ist heute relativ selten (es wurden nur ca. 15.000 Stück gebaut). Detailliert informieren über die frühe „Praktica“-Reihe (und dieses schöne Modell) die großartige Seite
https://www.dresdner-kameras.de/praktica....html#Praktica4 und das (nur noch antiquarisch erhältliche) Buch „Fotografie mit der Praktica“ von Roger Rössing (3. Aufl., Halle/S. 1962).