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Anastigmat mit 4 Linsen?
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06.10.23 15:59
tjwspm 

500 und mehr Punkte

06.10.23 15:59
tjwspm 

500 und mehr Punkte

Anastigmat mit 4 Linsen?

Hallo zusammen,

eine Frage an die Experten: gibt es Objektive, die als Anastigmat ausgeführt sind und aus vier Linsen bestehen?

Ich frage deshalb, weil hier im Forum das Objektiv der Mamiya super 16 als Vierlinser beschrieben wird und in der Original-Bedienungsanleitung von einem Anastigmat die Rede ist (dort ohne Angabe der Anzahl der Linsen). Ansonsten habe ich keine Angaben zu diesem Objektiv im Netz gefunden.

In der Literatur wird das Tessar als Weiterentwicklung des Anastigmaten beschrieben und die Namensgebung mit der Zahl 4 begründet. Daraus schließe ich, das die Anzahl der Linsen ein wesentlicher Unterschied des Tessar ist und der Anastigmat nicht vier Linsen hat.

Wer kann etwas dazu sagen?

Viele Grüße,
Thomas


Es ist leichter Probleme zu lösen als mit ihnen zu leben.


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06.10.23 16:45
Scannerhannes 

500 und mehr Punkte

06.10.23 16:45
Scannerhannes 

500 und mehr Punkte

Re: Anastigmat mit 4 Linsen?

Hi,
Anastigmat ist ein Objektiv, bei dem einem Abbildungsfehler ("Astigmatismus") entgegengewirkt wird, der die größte horizontale und die vertikale Auflösung in verschiedenen Ebenen (= Entfernung vom Objektivmittelpunkt) zeichnet.

Man kann Motive finden bzw. ausprobieren, nach denen eine entfernte, waagerechte Stromleitung bei (erfundenes Beispiel) Einstellung auf 40mtr. gerade noch als schwarze Linie sichtbar ist, ein senkrechter Abspannungs- oder Abführungsdraht bei Einstellung auf 50mtr. klar gezeichnet wird. Dummerweise kann man am Entfernungsring drehen wie man will, es wird im ungünstigsten Fall entweder die senkrechte oder die waagerechte schwarze Linie vom weißen Himmel im Hintergrund überdeckt.

Dieser Abbildungsfehler ist ab Dreilinsern mehr oder weniger behoben. Die Könige der Objektive haben für mich vier Linsen, wobei zwei verkittet sind (Tessar-Typ). Bei verkitteten Linsen nimmt man als Kitt ein Material, das dasselbe Lichtbrechungsvermögen hat wie Glas (früher war das Kanadabalsam). Da kriegt der Lichtstrahl gar nicht mit, daß er von einem Glas in den Kitt und von diesem in ein weiteres Glas übergeht, also kommt er auch nicht auf die Idee, sich an irgendwas zu spiegeln.

Noch mehr Linsen (freistehende) einzukonstruieren liefert einen verminderten Kontrast, weil es Spiegelungen zwischen den Linsenoberflächen gibt. Noch weniger Linsen können nicht gegen alle Arten Objektivfehler, wie z.B. Farbsäume, korrigiert werden. Letzteres erfordert einen Achromaten, d.h. eine zusammengekittete Linse aus zwei verschieden brechenden Glasarten. Beim üblichen Box-Objektiv mit nur einer Linse ist die Schärfezone hinter dem Objektiv kugelförmig, also im immer gleichen Abstand zum Mittelpunkt des Objektivs.

Ein verbessertes Box-Objektiv ist das Periskop, da hat man die Lichtbrechung auf zwei getrennte Linsen verteilt, deren eine nach hinten, die andere nach vorne gewölbt ist. Oder man hat die Filmführung gekrümmt konstruiert, sodaß bei einem länglichen Format (6x9) wenigstens die am weitesten links- und rechtsaußen liegenden Teile des Abbildes die Bedingung "gleicher Abstand von der Objektivmitte" erfüllen und die Bildfeldwölbung sich nur am oberen und unteren Rand bemerkbar macht.
(Nachträgliche Anmerkung): Die Gleichstellung "Anastigmat hat eine Mindestanzahl von drei oder sind's doch vier Linsen" ist insoweit zu einfach. Alles, was den Objektivherstellern mehr als zwei Linsen wert war, ist höchstwahrscheinlich auch gegen Astigmatismus korrigiert. Genauso, wie Lebewesen mit mehr als 1 Bein gehen bzw. sogar laufen können, ob es Zweibeiner wie wir, Vierbeiner, summende Sechsbeiner oder netzbauende Achtbeiner sind .

Man korrigiere mich. Ich bin Buchhalter und kein Optiker .

Gruß, Hannes

Zuletzt bearbeitet am 06.10.23 19:51

06.10.23 18:52
Rainer 

Administrator

06.10.23 18:52
Rainer 

Administrator

Re: Anastigmat mit 4 Linsen?

Hallo zusammen,

laut Wikipedia gab es auch 4-Linsen-Anastigmat-Typ Objektive:

https://de.wikipedia.org/wiki/Anastigmat

Dort wird das Protar von Zeiss als solches benannt.

Weitere 4-Linsen-Anastigmate:

Astra, Biogon, Elmar-Varianten, Oppar, usw



Beste Grüße von Haus zu Haus
Rainer (Forumbetreiber)

Analog: Aus Negativ wird Positiv.
Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.

Zuletzt bearbeitet am 06.10.23 18:59

07.10.23 17:31
tjwspm 

500 und mehr Punkte

07.10.23 17:31
tjwspm 

500 und mehr Punkte

Re: Anastigmat mit 4 Linsen?

Hallo zusammen,

vielen Dank an die beiden Experten, das hat schon mal einiges geklärt. Und hat mich motiviert, auf dieser Basis weiter zu recherchieren!

Dabei ist bis jetzt folgendes herausgekommen (bitte gerne korrigieren, wenn nötig):


    1. Das Anastigmat ist ein Objektiv, welches "...den Astigmatismus, den Öffnungsfehler sowie die Bildfeldwölbung und Farbfehler korrigiert..." (https://www.spektrum.de/lexikon/physik/anastigmat/506)

    2. Das Anastigmat ist der Name eines Objektivs der Firma Zeiss: "Die ersten Photoobjektive von Carl Zeiss hießen Anastigmat, und damit brachte
    das Unternehmen zum Ausdruck, wie es die oben beschriebenen Probleme bedeutend verringern konnte" (https://lenspire.zeiss.com/photo/app/upl...amen-tessar.pdf)

    3. Es gibt Anastigmat-Objektive mit 3 bis zu 7 Linsen, z.B.:
    Zeiss Protar 1891: 4-linsiger Anastigmat
    Zeiss Sonnar 1932: 7-linsiger Anastigmat
    Zeiss Novar 1932: 3-linsiger Anastigmat
    (https://zeissikonveb.de/start/objektive/...ive/tessar.html)

    4. Wie Hannes schon erläutert hat, ist das Anastigmat eine Bezeichnung dafür, dass bestimmte Bildfehler korrigiert sind und nicht die Bezeichnung für eine bestimmte Konstruktion.

    5. Der Clou beim Tessar war nicht allein die "gleichzeitige Beherrschung der Farbfehler, des Kugelgestaltsfehlers und des Astigmatimus", sondern die einfache und fertigungsfreundliche, also vergleichsweise kostengünstige Konstruktion. Aus diesem Grund wurden 1917 nach Ablauf des Grundpatents zwei aus Firmansicht wesentliche Verbesserungen patentiert, die nicht die Abbildungsqualität verbesserten, sondern die Herstellung billiger machten. Wahrscheinlich aus diesem Grund fand dann die Konstruktion später so viele Nachahmer. (https://zeissikonveb.de/start/objektive/...ive/tessar.html)

    6. Das Tessar ist also nicht in jedem Fall ein besseres Objektiv als ein Anastigmat (warum hätte man sonst 1932 das Sonnar entwickelt?)


Fazit: Je mehr man sich mit dieser Materie beschäftig, desto komplizierter (und interessanter) wird es.

Viele Grüße,
Thomas


Es ist leichter Probleme zu lösen als mit ihnen zu leben.


Zuletzt bearbeitet am 07.10.23 17:33

07.10.23 18:56
Scannerhannes 

500 und mehr Punkte

07.10.23 18:56
Scannerhannes 

500 und mehr Punkte

Re: Anastigmat mit 4 Linsen?

Moin!

tjwspm:
(https://zeissikonveb.de/start/objektive/...ive/tessar.html)

Danke für Dein Posting und auch den Link zu dem faszinierenden Artikel auf zeissikonveb.de (deren Autor übrigens meiner Erinnerung nach im bluz-Forum Mitglied ist).
Und ja, wie man auch weiter unten aus diesem Artikel herauslesen konnte - einem Objektiv vom Tessar-Typ mit besserer Lichtstärke als 3.5 habe ich nie getraut. Dann kam das Planar zu seinem Recht, das in dem Artikel auch erwähnt ist. Ich hatte diese u.a. in der Hasselblad als auch, als M42, für meine Edixa.

Mit der Verbreitung analoger Kleinbild-Spiegelreflexkameras wurden allerdings auch großenteils miese, oder mies endkontrollierte, Sechslinser vom Planar-Typ auf den Markt geworfen. Das liegt daran, daß bei Lichtstärke 1:2 oder gar 1:1.8 die Tiefenschärfe geringer ist (die Einstellung der Entfernung wird auf der Mattscheibe dann schneller und deutlicher), gleichfalls die Sucherhelligkeit verbessert wird, und offensichtlich sind die Billighersteller dieser Sechslinser davon ausgegangen, daß für die Aufnahme selber sowieso eine kleinere Blende zum Tragen kommt. Später zog sich die Tendenz bis 1:1.4 hin. 1:1.2 oder gar, bei einem obskuren Objektiv an einer Eigenmarke von Quelle, 0.95 versuchten diese noch zu übertrumpfen, aber kontrast- und schärfemäßig waren die bei Aufnahmen mit der beworbenen Lichtstärke alle miteinander ein Witz. Echte 0.95 hatte ein "Noctogon" oder so ähnlich von Zeiss, für dessen Kaufpreis die meisten Leute aber wohl eine Hypothek aufnehmen mussten.

In diesem Zusammenhang, ich hatte mal eine Voigtländer VSL1 gebraucht "billig", unter hundert Mark, gekauft, nur weil ein Rollei-Planar dran war. Ganz hübsch, und die VSL1 (identisch mit einer Kamera aus der Rollei Produktlinie, alles gebaut in Singapur) erwies sich als zuverlässige Kamera, Nachfolgerin meiner Edixa. Allerdings hatte ich mal ein M42 Schacht Travenar zur Reparatur gegeben, für dessen Automatikblende es keine Teile mehr gab, und der Werksservice bot mir stattdessen den Tausch in einen obskuren "Edixagon" Sechslinser, Lichtstärke war 1:2 oder 1:1.8, für vierzig Mark an.
Sorgfältige Laien-Testreihen von mir zeigten, daß das "Edixagon" dem "Rollei-Planar" um Längen überlegen war ... das Planar habe ich dann an einen Zeiss/Rollei/Planar Markennamenfetischisten wie ich selber verkauft und die VSL1 mit dem Edixagon behalten und längere Zeit benutzt, bis die Digitalkameras die fotografische Weltherrschaft übernahmen .

Greetz, Hannes

Zuletzt bearbeitet am 07.10.23 19:28

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