1925 erschien bekanntlich die erste Leica, aber auch in Dresden experimentierte man zu dieser Zeit mit kleinen Formaten. Die Fa. Ernemann brachte drei Modelle für das Format 22x32 heraus; gelistet sind sie im Katalog 1926. Es handelt sich um die Boxkamera Unette (s. hier:
Die Kamera erschien 1926, kurz vor der großen Fusion. Es handelt sich um eine Laufbodenkamera für einen Spezial-Kleinbidlfilm mit Rückpapier, der nur für diese Kameraserie vorgesehen war. Zur Größe des Bildformats werden in der Literatur unterschiedliche Angaben gemacht; ich habe noch einmal nachgemessen und komme auf 22x32. Wie der Name schon andeutet, gehört die Kamera in die Reihe der Bob-Kameras, die Bobette ist quasi die 'Mini-Bob'. Eindrucksvoll der Größenvergleich mit der Bob V im Format 6,5x11:
Die Ausstattung der Bobette II ist unspektakulär; der Katalog feiert sie gleichwohl als "Laufboden-Klapp-Camera für höchste Ansprüche". Die Fokussierung erfolgt über einen Radialhebel; als Sucher fungieren ein Brillantsucher (der beim gezeigten Exemplar fehlt) und ein Ikonometer, dessen Visier zugleich als Rotfensterverschluss dient. Bestückt ist die Kamera mit einem Spezial-Cronos-Verschluss mit dem Zeitenbereich 1/2–1/100. Als Objektive standen ein Ernoplast 4,5 (wie im vorliegenden Exemplar), ein Ernon 3,5 und ein Ernostar 2,0/4,5 zur Auswahl. Man kann sich vorstellen, dass die Bobette mit lichtstarken Ernostar 2,0 durchaus mit der Leica konkurrieren konnte; für die vorliegende Variante traf das eher nicht zu. Immerhin ist sie vergleichsweise klein (11,3 x 6 x 3), und sie kostete in dieser Bestückung nur 95 RM.
Die drei 'Kleinbild-Ernemänner' wurden ins Zeiss Ikon Programm übernommen. Das gezeigte Exemplar ist mit Ernemann gemarkt und trägt als Warenzeichen das Malteserkreuz, es ist wohl eins der früheren Exemplare. Die abgebildete Bobette I wurde in der Zeiss Ikon-Version modifiziert und ist vor allem am überdimensionierten Ikonometer (hier eingeklappt) erkennbar.
Zeiss Ikon gab das Format um 1930 zugunsten des seinerzeit neu propagierten 'Kleinbild'-Formats 3x4 auf; Nachfolger waren die Baby-Box 3x4, die Kolibri und die Ikonta 520/18. 1932 kam mit der Contax eine richtige Leica-Konkurrenz; aber das ist eine andere Geschichte.
Zu diesem Ernemann-Kapitel gibt es einen lesenswerten Artikel von Bernd K. Otto: Ernemann und das neue Kleinbildwesen. PhotoDeal 38 (2002), S. 32–35.