Die Weltur ist eine der typischen Rollfilm-Klappkameras mit gekoppeltem Entfernungsmesser, die ab der ersten Hälfte der 1930er Jahre den Markt eroberten. Die Weltur wurde 1935 als Weiterentwicklung der Welta Solida vorgestellt. Sie wurde in den Aufnahmeformaten 6×4,5 und 6×6 und 6×9, mit unterschiedlichen Optiken (Trioplan, Cassar, Radionar, Xenar, Tessar, Elmar) sowie mit den Verschlüssen Compur oder Compur Rapid angeboten. Die Qualität der Kameras überzeugte offensichtlich auch japanische Kamerahersteller, so dass diese Kopien bzw. Weiterentwicklungen der Weltur in ihr Programm aufnahmen (Auto Semi First und Auto Semi Minolta).
Daten:
Art: Klappkamera für Rollfilm 120 (Bildformat: 45 x 60 mm)
Objektiv: Schneider Kreuznach Xenar 7,5 cm f/2.8 F (# 965884)
Verschluss: F. Deckel München, Compur, T-B-1-2-5-10-25-50-100-250
Blende: 2.8, 4, 5.6, 8, 11, 16, 22
Fokussierung: über Triebrad manuell am Deckel der Kamera, welches ein Verschieben der Objektivstandarte ermöglicht, gekuppelter Entfernungsmesser (Mischbildfokussierung) über Gestänge mit Standarte verbunden, 1,25 Meter bis unendlich
Gehäuse: Leichtmetallgussgehäuse mit schwarzem Lederbezug
Sucher: Durchsichtsucher (Mischbildfokussierung)
Filmtransport: mit Drehrad
sonst. Ausstattung: Gehäuseauslöser, Anschluss für Drahtauslöser am Verschluss, Zeitauslöser, Stativgewinde 3/8 Zoll am Boden, ausklappbarer Ständer für Hochformataufnahmen, Trageschlaufe, zwei Filmkontrollfenster verschließbar, Filmandruckplatte glatt
Bemerkungen: Kamerabezeichnung ‚Weltur‘ vorn geprägt, Aufschrift ‚Welta‘ auf der Deckelinnenseite, Prägung auf angelenkten Rückteil: ‚Welta‘, Tiefenschärfentabelle und Gravur ‚Welta‘ auf dem Sucher, Reste eines Werbeaufklebers auf der Innenrückwand ‚Photo-Haus W…‘
Maße, Gewicht: ca. 140 x 105 x 45 mm, 700 g
Baujahr(e): 1935 – ca. 1940, diese von 1936 (Objektiv)
das ist ja eine interessante Kamera – die kannte ich noch gar nicht (da ich in diesem Segment auf ZI und Voigtländer fokussiert bin). Besonders die Entfernungseinstellung ist originell; die funktioniert wie bei einer Laufbodenkamera mit Gesamtobjektivverstellung, richtig? Bei der Super-Ikonta gibt es ja nur eine schnöde Frontlinsenverstellung... Der Entfernungsmesser wirkt zwar etwas unproportioniert, aber die Kamera hat etwas – und Lichtstärke 2,8 hatten auch nicht alle Mitbewerber zu bieten. Danke fürs Zeigen!
Schönen Dank auch dafür, dass Du immer Beispielbilder mitlieferst. Ich habe mir zwar früher mal vorgenommen, mit jeder Kamera, soweit möglich, auch mal einen Probefilm zu belichten, habe das aber nicht konsequent verfolgt...
Jan_S:die Entfernungseinstellung ist originell; die funktioniert wie bei einer Laufbodenkamera mit Gesamtobjektivverstellung, richtig? Bei der Super-Ikonta gibt es ja nur eine schnöde Frontlinsenverstellung...
Huh? Hat die Super-Ikonta nicht dieses Prismensystem, das alle mechanischen Gestänge usw. überflüssig macht? Ich dachte, das sei ohne Verstellung der ganzen Objektivgruppe nicht möglich.
Und ja, ich bin auch sehr angetan von den Beispielfotos. Das erste ist auch grafisch reizvoll
Die Fokussierung der Weltur funktioniert wie bei der Welta-Solida ähnlich dem bekannten Prinzip der Laufbodenkameras mit Laubodentriebschraube zum Verschieben der Standarte. Man nannte das ganze nun aber „Laufschlitten“.
Anbei mal eine Zeichnung aus einer Patentschrift, die man ja ganz komfortabel online recherchieren kann.
Dabei ist mir auch aufgefallen, dass das Logo von Welta (das modernere aus den 1930er Jahren) seit 2014 markenrechtlich für die Verwendung für diverse Taschen für Computer, Kameras usw. geschützt ist. Bemerkenswert!
Scannerhannes:Huh? Hat die Super-Ikonta nicht dieses Prismensystem, das alle mechanischen Gestänge usw. überflüssig macht? Ich dachte, das sei ohne Verstellung der ganzen Objektivgruppe nicht möglich.
Doch, bei den Super Ikontas bewegt sich tatsächlich nur die Frontlinse...
besten Dank auch für die lobenden Worte bezüglich der Testbilder. Ich bin bis jetzt zumindest bemüht, meinen „neuen“ alten Kameras auch immer noch wenigstens eine Aufnahme zu entlocken. Da ich mich erst seit rund einem Jahr mit der alten analogen Technik beschäftige und ein wenig vom Sammel-Virus infiziert bin, liege ich bei den Beispielbildern bisher auch ganz gut im Rennen. Es hat sich mittlerweile aber herausgestellt, dass es unter Umständen schwierig wird, die Aufnahmequalität einer Kamera zu beurteilen, wenn man gleichzeitig versucht, längst abgelaufene Filme (die in der Regel auch preiswerter zu bekommen sind) auszutesten.
Die obigen Bilder entstanden deshalb mit einen nur ein Jahr abgelaufenem Kodak T-Max 400, belichtet wie ISO 1600 und entsprechend angepasst entwickelt in ILFOTEC DD-X (1:4, 20 Grad Celsius, 12,5 Minuten).
Die Kamera ist sehr gut (praktikabel!) zu bedienen und die Ergebnisse sind okay – es wird also sicherlich nicht der letzte Film sein, den ich mit dieser Kamera belichtet habe.
axel:Die obigen Bilder entstanden deshalb mit einen nur ein Jahr abgelaufenem Kodak T-Max 400, belichtet wie ISO 1600 und entsprechend angepasst entwickelt in ILFOTEC DD-X (1:4, 20 Grad Celsius, 12,5 Minuten).
Wow, und er setzt noch einen drauf - selbst entwickelt
Ich frage mich die ganze Zeit, was ist denn in dem zweiten Bild abgelichtet? Grubenbahn,Schau-Bergwerk? Mit einer digitalen (*), wo's nix extra kostet und ein Zoom drin ist, hätte man natürlich ganze Serien knipsen können und eins aussuchen, wo die Kontraste "runder Scheinwerfer" - "furchtbar eckiger Zug" - "halbrundes Gewölbe" am besten zur Geltung kommen (ich liiiiebe grafische Muster). Aber trotz Fotografenherz, Content ist ja auch interessant
Viele Grüße,
Hannes
* Das war kein Plädoyer für digital. Ich erkenne analoge, eingescannte Fotos auf 10mtr. an ihren überlegenen Tonwerten, und ich bin kurzsichtig
Nun ja, nachdem das Interesse für die analoge Technik erwachte, kam auch recht schnell das Thema der Filmentwicklung in den Fokus. Früher habe ich nie selbst entwickelt, aber bei den heutigen Preisen ist das eine echte Alternative. Ein „Starter-Kit“ gibt’s schon für kleines Geld und es ist bisher auch völlig ausreichend für meine Bedürfnisse. Selbstentwickeln bietet aber neben dem finanziellen Vorteil auch die Möglichkeit, der individuellen Anpassung des Entwicklungsprozesses. Außerdem wird die Neugier schneller befriedigt: tagsüber geknipst, abends entwickelt und am nächsten Tag gescannt.
Das zweite Bild zeigt einen Blick in ein nachgebautes Kohlebergwerk im städtischen Museum in Freital (passend zur Welta Weltur!). Die Lichtsituation war dort mehr als ungünstig, aber brauchbar für den Kameratest (belichtet 30 Sekunden bei Blende 8): man erkennt recht gut im linken unteren Bildteil Reflektionen auf der unvergüteten Linse. Mit der digitalen Technik hätte man natürlich ein schönes HDR-Bild basteln können …
Das Freitaler Museum kann man auch dem Photographica-Freund empfehlen, wenn er mal in der Gegend ist: es gibt dort einen kleinen Raum mit historischer Freitaler Fototechnik.
(Glänzende Augen krieg) Ooooh, da müssten die mich mit dem Kran rauszerren! Alle da, Penti (Traum meiner Jugend), TLR satt, 6x9 mit dem Riesenobjektiv und vermutlich ist eine von denen auch mein Modell :) .