2) Im Thread sind auch Modell-Varianten der Baldarette zu sehen.
Liebe Experten dieses Forums,
heute stelle ich keine Kamera ausführlich vor, sondern möchte um Rat bitten. Ich habe für 28,- Euro (!) eine Balda Baldarette Luxus (in braunem Leder) von 1937 ersteigert. Die Kamera funktioniert technisch wie am ersten Tag, sogar die Sekunde "1" läuft tadellos, was schon bemerkenswert ist nach gut 80 Jahren und abermals zeigt, was für eine unglaubliche Qualität damals in Dresden produziert worden ist.
Es handelt sich um eine der kompaktesten und leichtesten Mittelformat-Kameras, die ich je in der Hand hatte. Sie ist so groß wie ein Handy! Die Baldarette belichtet 129-Film im Bildformat 5x8 cm (!). Die 'deutschen' Verschlusszeiten sind T, B, 1, 1/2, 1/5, 1/10, 1/25, 1/50, 1/100, 1/300, die Blenden 6,3, 9, 12,5, 18, 25, 36 und 50 (= alte Blendenreihe). Alle Bedienelemente sitzen am Objektiv (Laack Anastigmat Pololyt). Es gibt einen Brillant- und zusätzlich einen schlichten Klappsucher, außerdem einen Drahtauslöser-Anschluss. Die Kamera hat einen Compur-Verschluss. Die Entfernung (1,5m bis Unendlich) wird durch Verschieben des Objektivs auf dem Laufboden eingestellt.
Diese Kamera ist ein Schmuckstück, und ich würde sie gerne in einen besseren Zustand versetzen, ohne zu sehr in ihre "Substanz" einzugreifen. Offenbar ist sie mal sehr feucht geworden. Der Balgen weist leider heftige Feuchtigkeitsflecken auf. An diesen Stellen ist er papierdünn geworden, auch wenn er lichtdicht zu sein scheint, und er faltet sich dort unregelmäßig zusammen. Die Metallteile im Inneren weisen erhebliche Roststellen auf.
Daher nun meine Fragen:
1. Gibt es eine Möglichkeit, den Balgen wenigstens zu stabilisieren, z.B. durch Lacke oder Öle, damit er an den Problemstellen nicht reißt? 2. Wie beseitigt man am besten Rost und andere Beläge an der empfindlichen Metallkonstruktion?
Für (abendliche Konservierungsarbeiten vorbereitende) Ratschläge ist - herzlich grüßend - dankbar
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Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Clack1967:2. Wie beseitigt man am besten Rost und andere Beläge an der empfindlichen Metallkonstruktion?
Rost löst man in der Industrie mit Phosphorsäure (gibt's beim Buchhändler - ist aber auch zu Freudenhauspreisen in allen sog. Rostumwandlern drin). Runterverdünnen auf 15 Prozent. Nur mit Handschuhen arbeiten, und sich vorher informieren, wie man Säure verdünnt. Mehrmals anwenden, ggf. mit Stahlwolle, bis das Eisen *blank* ist - also bloß nicht dem Märchen glauben, dass man das obendrauf schmiert und die schwarzgewordene Oberfläche des Rostes sei dann "passiviert". Nicht mit rotierenden Drahtbürst(ch)en aus Eisen behandeln. Sieht glänzend aus, ist aber blankes Eisen von der Drahtbürste und in den Narben ist immer noch Rost. Jedesmal *sofort* trocknen, ggf. mit Heißluft. Nach erfolgreicher Arbeit sofort grundieren. Nach einem Tag ist schon wieder Flugrost drauf.
Wie man das allerdings bei einer wertvollen, empfindlichen Kamera bewerkstelligt, habe ich noch nicht ausprobiert. Das geht wohl nur an Teilen, die man abmontieren kann. Und zur Neulackierung gab es mal speziell "schwarzen Kameralack", ich glaube, von Tetenal. Den matten und trotzdem seidenglänzenden Effekt habe ich bei anderen Lacken noch nicht gesehen. Hab' den aber die letzten paar Jahre, so ungefähr seit den 70ern, nirgends mehr gefunden.
Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Lieber Rainer, lieber Scannerhannes,
herzlichen Dank für die hilfreichen Rückmeldungen! Ich habe mich daraufhin entschieden, außer vorsichtiger Rostentfernung gar nichts zu unternehmen und die Kamera einfach als schönes Stück zum Ansehen ins Regal zu stellen. Hier zu tüfteln, würde wahrscheinlich mehr kaputt machen als nützen. Es darf in einer Sammlung auch "schöne Wracks" geben... (ich weiß jetzt, warum die Fotos bei ebay die Kamera nicht in ausgefahrenem Zustand zeigten... ).
Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Hallo, das ist ja doch eine recht seltenere Balda-Kamera, und die Substanz ist soweit vorhanden (bis auf den fehlenden Rahmensucher - den würde ich auf jeden Fall ersetzen). Da lohnt sich eine Restauration schon! Die Kamera muss soweit wie möglich auseinandergebaut werden. Auch der Balgen muss raus. Der Rost muss komplett entfernt werden (z.B. mit einem Dremel und entsprechendem Werkzeug), sodass an diesen Stellen eine Neulackierung stattfinden kann. Der Balgen müsste in Wasser eingelegt werden, sodass er sich in seine Einzelteile auflöst, dann kan er wieder neu aufgebaut werden. Man sieht: möglich ist eine Restauration schon, aber sicher braucht man eine Menge Knowhow, entsprechendes Werkzeug und Mittel. Gruss Freier-Sascha
Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Freier-Sascha:Der Rost muss komplett entfernt werden (z.B. mit einem Dremel und entsprechendem Werkzeug),
Ich habe übrigens Erfahrungen in Druckluft-Sandstrahlpistolen der unter-20-Euro Klasse. Gerade bei so kleinen Werkstücken funktionieren die prima mit einem kleinen Werkstattkompressor, nominell die 180-Liter-pro-Minute Klasse, also unter 100 Euro, der sich in der Garage und beim Ausblasen zwecks Reinigung ebenfalls nützlich machen kann (interessant wird es erst, wenn man die Geräte bei genormtem Nutz-Druck vergleicht, z.B. 4 bar, dann kommen bei den wirklich guten, aber teureren immer noch 110ltr raus).
Mein Sandstrahler hat um 20 Jahre rumgelegen oder wollte dauernd aufgemacht und geschüttelt werden, weil er offensichtlich für höhere Luftdurchsätze ausgelegt oder sowieso fehlkonstruiert war. Um eine ganze Felge zu entrosten oder den Falz einer Autotür, ist sowas viel zu klein; das taugt zumutbar für die Fläche eines Fünfmarkstücks. D.h. bei Fahrzeugen habe ich die glatten Flächen mit Sandpapier, Stahlwolle und dann mehreren Behandlungen mit Phosphorsäure glänzend gemacht, die z.B. aufgeschweissten Halterungen oder die Winkel im Werkstück mit dem Sandstrahl. Ein Löchlein oben in das Entnahmerohr hat ihn tauglich gemacht, sodass er nach dem Venturi-Prinzip die Körnchen in den Luftstrom mit hereinriss.
Ich hatte auch keine Ahnung, daß man verschiedene Körnungen kaufen kann. Panzergranaten kann man auch nicht mit einem Luftgewehr abfeuern. Da das Zeug stinkteuer ist, habe ich meinen Sackvoll durch ein Spritzsieb für Pfannen gesiebt. Das war fein genung und ab dann ging's prima und ohne Verstopfungen. Gesichtsschutz und dicke Gartenhandschuhe unerlässlich, das Strahlgut fängt man natürlich zur Wiederverwendung auf, Ohren und möglichst Nasenlöcher mit Watte zustopfen; wenn man nicht schon eine Staublunge hat, probiert man's bitteschön nicht tatsächlich mit Sand; (bis hierhin ist das keine Ironie!), und man kaufe eine Flasche Shampoo mehr, weil man sich hinterher alle ca. 2 Stunden die Haare wäscht. Und schickt die Frau zu Verwandten oder so, falls sie sich evtl. nicht mit einem Bett voll scharfkörniger gemahlter Rest-Hochofenschlacke anfreunden kann, die einem noch tagelang aus Ohren und Nase rieselt. Aber die Methode ist die einzig gründliche, siehe meine Bemerkung zu Rost, der in den Rostnarben verbleibt, wenn er weggedremelt oder mit der rotierenden 8mm Drahtbürste im Winkelschleifer oberflächlich traktiert wird.
Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Hallo Heiko,
ich glaube, es wurde bei dieser Kamera nicht der 127-Film verwendet, sondern der 129-Film bzw der Agfa N6. der 127-Film hatte nur 4 cm Breite, der 129-Film dagegen 5 cm. Dieser Filmtyp ist heute relativ unbekannt, man findet im WWW immer wieder mal bei Kameras den 127-Film anstatt den 129-Film benannt .
Re: Balda Baldarette Luxus und Baldarette-Varianten
Hallo zusammen,
hier noch ein paar Ergänzungen zur Balda Baldarette:
Die Informationen zur Baldarette scheinen insgesamt sehr dürftig, deshalb gibt’s hier nur einen vorläufigen Stand. Die Baldarette wurde von Max Baldeweg wahrscheinlich zu Beginn des Jahres 1927 vorgestellt, obwohl er den Namen „Baldarette“ erst 1930 als Warenzeichen eintragen ließ.
Das vorliegende Exemplar ist mit einem Spezial-Aplanat 8/8,5 im Vero-Verschluss sehr einfach ausgestattet. Das Fokussieren erfolgt über Verschiebung der Standarte auf dem Laufboden.
Zum Wechseln des Filmes wird eine Gehäusehälfte seitlich abgezogen (ähnlich wie bei der Cocarette und der Rollette). Den Öffnungsmechanismus für das Gehäuse ließ sich Max Baldeweg 1927/28 patentieren.
Um 1930 erhielt die Baldarette einen Drahtrahmensucher mit Visier, einen neuen Rückwandverschluss und eine automatische Kippstandarte (worüber auch zur Frühjahrsmesse 1931 berichtet wurde). Wenig später wurde auch die Radialhebelfokussierung ergänzt. Außerdem wurde die Kamera etwa ab 1930 auch in verschiedenen Lederfarben angeboten (heute gern als Luxus-Variante bezeichnet).
Die Baldarette in ihren verschiedenen Entwicklungsformen wurde auch unter den Bezeichnungen „Framette I“ von FRAMA, „Elfe“ von Spitzer und Verette von Stübiger verkauft.
Hier sehen wir eine der oben schon erwähnten Luxus-Baldaretten in der Händlerversion Verette II. Ausgestattet ist dieses Exemplar mit einem „Vertex“ Spezial-Aplanat 8/8,5 im Vero-Verschluss. Diese Kamera stellt wahrscheinlich die letzte ‚Ausbaustufe‘ der Baldarette dar (mit Kippstandarte und Radialhebelfokussierung, der Drahtrahmen vom Sucher fehlt leider).
oben war bereits von der Baldarette und ihren Handelsmarkenvarianten die Rede; zur Vollständigkeit sei hier eine andere „Verette II“ gezeigt:
Es handelt sich um die Basisversion der Baldarette, wie sie Axel oben schon vorgestellt hat. Die Seitenteile sind unbeledert, verbaut ist ein einfaches Objektiv (Vertex-Anastigmat 6,3/85) in Pronto. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was der Unterschied zwischen den Modellen Verette I und II ist. Für ein Modell II wären ja eigentlich eine gehobene Ausstattung oder technische Weiterentwicklung zu erwarten. Das ist bei der blau belederten Verette von Axel zweifellos der Fall – aber bei diesem Exemplar?
Interessant ist vor allem der mitgelieferte Originalkarton. Man hat hier einen Beleg dafür, dass diese Kamera von W. Stübiger angeboten wurde (und nicht von Unger & Hoffmann, wie gelegentlich angenommen wurde [z. B. Kadlubek UNG0100]; sie gehört offenbar in die Programmlinie „Vertex“; unter dieser Bezeichung wurden auch andere Modelle angeboten. Wenn Stübiger ein Handelsunternehmen und kein Hersteller war, könnte diese Marke durch Vertrieb und Export motiviert sein; das ist aber nur eine Mutmaßung. Vielleicht resultiert aus dieser Bezeichnung die Verwechselung mit Unger & Hoffmann, deren Kameras die Bezeichnung Verax trugen.
Noch eine Bemerkung zum Modell: Von den mir bekannten 5x8-Kameras macht die Baldarette/Verette II den klapprigsten Eindruck. Sicherlich ist das vorgestellte Exemplar auch schon reichlich ausgenudelt, aber das liegt auch an der Konstruktion: Bei den Laufschienen handelt es sich um im Winkel 45° gebogene Metallstreifen, über denen der Schlitten läuft. Da besteht schon ein beträchtliches Spiel. Vermutlich sind die späteren Varianten mit Kippstandarte und Radialhebel besser. Ganz interessant finde ich hingegen die Arretierung des Gehäuses mit dem federnden Hebel.