Kodak No.3A Folding Brownie Model A / Kodak Kanada, Toronto
Hallo miteinander,
diese Kamera - konstruiert in den USA, gebaut in der Zeit 4/1914 - 1915 von Kodak Kanada, diverse Patente - ist ein besonderes Exemplar, das mich ziemlich ratlos gemacht hat. Ihre Bauweise und die Qualität der Teile liegt in einer erstaunlichen Breitenspanne - zwischen der Agfa Preisbox, der Ernemann Film K und einer mittelpreisigen Agfa Billy, wobei sie in Details alle diese Kameras erreicht - besonders die Preisbox. Dabei enthält sie eine Reihe originelle Ideen, an denen auch europäische Hersteller gelernt haben. Nur ein einziges Detail davon, das übernehmenswert gewesen wäre, aber - vermutlich wegen weniger üppigen Platzangebots - nie übernommen wurde, ist die Form des Anschraubrings für den Verschluß, einen Brownie Ball Bearing (April 1914 vorgestellt, deshalb die vergleichsweise genaue Datierung der Kamera).
In fast allen Teilen ist dieses Exemplar für seine eher windige Bespannung ungewöhnlich gut erhalten, fast wie neu, und das sogar samt der Papptragebox. Die einzige krasse Ausnahme war die äußere Schicht des Balgens, die sich völlig in Auflösung befand. Ich habe lange überlegt, was ich damit tun soll:
Die lockeren, rieselnden Teile machten einen möglichst weitgehenden Erhalt unmöglich - eine Riesenschweinerei
Ich entschied mich schließlich, sie zu entfernen, da es sich zeigte, daß eine Verfestigung ausgeschlossen war - die Teile der Schicht hingen nur bruchstückhaft am restlichen Balgen, der allerdings gut erhalten war ....
Nur diese Schicht zu entfernen erwies sich als nicht zielführend - so waren die wie üblich darunterliegenden Pappstreifen nicht zu stabilisieren
Den Balgen in der Kamera mit genügendem Erfolg neu zu beschichten ist zumindest sehr schwierig
Ein Versuch, den Balgen herauszunehmen, um ihn neu beschichten zu können, erwies sich als nicht durchführbar - ich hätte entweder ihn dafür zerlegen müssen oder das Kameragehäuse, beides weitgehend irreparabel
So entschied ich mich für einen Kompromiß: Lackierung statt oberste Schicht. Anscheinend stabilisiert dies - zusammen mit Kleber - den Balgen. Es verbleibt die Möglichkeit, den Balgen später konventionell zu beschichten - was allerdings wegen des großen Aufwands kaum realistisch ist
Ausgangszustand - das sieht anfangs so aus, als wäre noch etwas zu retten (Zoll+metrisch; engl.+französisch wg. Kanada):
Die größeren Teile der äußeren Balgenschicht sahen so aus. Geklebt hat nur weniges - frühere Reparaturklebungen. Versuch des Anklebens der Teile sinnlos:
"Unendlich" sucht man da vergeblich ... 30m muß reichen:
Aufnahmeformat ca. 9x14cm - Vergleich zu einer 6x9-Goerz-Box:
Nostalgische Bildwirkung auch bei Blende 45 (Bearbeitung mit mäßig erhöhtem Kontrast - stärker brächte weniger): Die Qualität des Triplets war damals - Kontaktkopien in Schwarz-Weiß! - sicher ausreichend, ansonsten ist's das schwächste Triplet, das mir je untergekommen ist.
Autotime - Re: Kodak No.3A Folding Brownie Model A / Kodak Kanada, Toronto
Hallo miteinander,
Freier-Sascha:Hallo Laufboden, das sieht sehr schön aus mit dem Balgen, scheint mir die bestmöglichste Lösung zu sein! Gruss Freier-Sascha
.. dann hab ich's schon mal nicht ganz falsch gemacht
Die hintere Klappe der Kamera ist auch ganz aufschlußreich. Insbesondere die Patentliste - 5 Patente (von 1894 bis 1909) und Vermerk auf weitere Patentanmeldungen .... Wobei, wenn ich das zugrunde lege, was offenbar als US-patentwürdig galt - ich verweise auf das zweite Bild in meinem Erstbeitrag - naja, das läßt tief blicken ... das deutsche Patentrecht setzt eine gewisse Erfindungshöhe voraus ...
Auf dem Verschluß, also dem Brownie Ball Bearing, wird auf zwei Patente verwiesen:
Autotime - das kann man ja nur als Zeitautomatik verstehen! - und was ist es? Ein paar kurze Texte, die Blendeneinstellungen je nach Wetter empfehlen! Ehrlich - das war sicher die genialste Erfindung von 1908, oder?!
Die Kurzhinweise zu Zeiteinstellungen sind das zweite Patent (von 1910, also 2 Jahre später). Da waren sichtlich Schnellmerker am Werk
Während in Europa Patente damals eine untergeordnete Rolle spielten und nur eine für wichtige Entwicklungen, dominierten die US-Wirtschaft schon damals juristische Hakeleien .... und das ist bis heute so, der Wert der meisten Patenten wird bei Verhandlungen zwischen Firmen mehr oder weniger mit der Waage gemessen - je mehr Papier für's Patent verwendet wurde, desto wertvoller ist es ... zehn Kilo Patentschriften haben eben höheren Handelswert als neun Kilo ...
Aber ein berühmtes Warenzeichen hat Kodak vergessen, für sich eintragen zu lassen: Zum Entnehmen der Filmspule muß u.a. der Filmschlüssel wie hier herausgedreht sein. Meine Frau jedenfalls hatte sofort einen Namen für das Objekt: Telekom-Kamera. Wieso wohl?