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Mattscheiben schleifen
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09.09.25 11:50
Holgerx 

250-499 Punkte

09.09.25 11:50
Holgerx 

250-499 Punkte

Mattscheiben schleifen

Hallo,

ich hab kürzlich eine Ica Atom B (53) bekommen, bei der die Mattscheibe erneuert werden musste. Aus dem Anlass und aufgrund einer kürzlich geführten Diskussion beschreibe ich mal das Mattscheibenschleifen aus meiner Perspektive. Im Netz und auch hier im Forum gibt es weitere Anleitungen.

Auf improvisierte Scheinlösungen geh ich mal nicht ein. Wer sich mit Nassschleifpapier behelfen will, macht sich extrem viel Arbeit und die Ergebnisse sind weniger überzeugend - kann ich nicht empfehlen. Beim Schleifpapier sind die Schleifkörner in der Klebung eingebettet. Wenn da ein Korn etwas höher liegt, und das tut es immer, zeichnet das höchste Korn seine kreisenden Bewegungen auf der Mattscheibe auf. Für das Schleifen der Mattierung empfiehlt sich Siliciumcarbidpulver (Mohshärte 9,6), in der Körnung 400 (Vorschliff) und 600 (Feinschliff). Normales Fensterglas hat etwa die Mohshärte von 5,5 bis 6. Es kann auch Korund (Aluminiumoxid) verwendet werden, das etwas weicher ist (Mohshärte 9), womit es etwas länger dauern soll. Bei sehr kleinen Matscheiben wie für meine Ica-Atom (Mattscheibengröße: 72 x 48,6 mm) nehme ich sofort 600-hunderter. Mit den richtigen Werkzeugen geht das Schleifen ohnehin so schnell, dass sich bei der Größe ein Vorschleifen nicht lohnt. Die Ica-Atom-Mattscheibe hatte ich in 5 + 3 Minuten fertiggeschliffen. Für eine 90 x 120 mm Scheibe hab ich 3 Anläufe von ca. 6+5+3 Minuten gebraucht. Problem bei der letzten größeren Scheibe war die Unebenheit, die schnell umso ausgeprägter wird je größer die Glasfläche ist. Leider muss der höchste Berg (wenige 1/100 mm) komplett abgetragen werden und das dauert. Die Berge können bei altem Fensterglas aus Gründerzeitfenstern (Flachglasziehen – leicht uneben, manchmal sogar schlierig) erheblich sein – nicht zu empfehlen. Also besser Floatglas.

Am besten lässt sich mit Glasläufern schleifen, auch als Glasreiber, Einreiber oder in der englischen Übersetzung als „Glas Müller“ bzw. „Pigment Grinding Tool“ bezeichnet. Eigentlich wurden und werden diese Teile zum Einreiben von Pigmenten ins Bindemittel (auf einer dickeren Glasscheibe) benutzt. Dementsprechend bekommt man die insbesondere auch dort, wo es Pigmente gibt, bzw. im Internet, bei Ebay, Amazon, Aliexpress … Die Teile können recht teuer sein (Zuschlag für die angebliche Seltenheit. Bei Aliexpress gibt es die 50-iger Größe für ca. 1-3 € bei Abnahme von mehr als 1000 Stück – das zur Seltenheit), meine günstigste Quelle in Deutschland war „Credo Blattgold GmbH“. Zum Ausprobieren hatte ich mir unterschiedliche Einreiber angeschafft. Was den Durchmesser angeht, reicht für die kleinen Platten einer mit 50 mm Durchmesser. Aber ab 9x12 cm ist es schon deutlich angenehmer, mit 75 oder 100 mm Läufern zu schleifen. Die spitzkeglige Ausführungen, die ich gebraucht gekauft habe, sind deutlich schwerer als die flachen der Blattgold GmbH und es Schleift sich damit auch angenehmer, da man nicht mal Druck auszuüben bracht, einfaches Kreisen lassen reicht.

Nachteil bei den Gebrauchten war, dass die Schleifflächen nicht plan sondern geringfügig ballig waren. Ich hab mir bei der ersten Platte damit ein „Loch“ in die Mattscheibe geschliffen (ca. 1/100 bis 2/100 mm), während der Rand nichts abbekommen hat. Nachdem ich die Teile dann plan eingeebnet hatte (was mit dem 400-hunderter Siliciumcarbid gut geht) benutze ich die aber bevorzugt. Wem die 12 bis 15 € für einen 50-iger Läufer (flache Version von Credo Blattgold GmbH oder beim Chinesen bei eBay bzw. Aliexpress) zu viel sind, kann sich natürlich auch einen dickeren Glasrest nehmen (für die Pfennigfuchser reicht auch ein Rest vom Zuschneiden der Mattscheibe) und einen Holzgriff (möglichst rund) mit Glaskleber aufkleben. Für die Einmalanwendung ist das sicherlich ausreichend. Was die Abnutzung der Einreiber angeht ist die eher minimal und wer nicht dutzende bis hunderte Mattscheiben schleift, wird ein Leben lang Freude an den Teilen, haben zumal mit dem feinen 600-hunderter Schleifmittel.

Zum eigentlichen Schleifen klebe ich auf die klare Seite der Mattscheibe ein reversibles Klebeband (Malerabdeckband mit reduzierter Klebkraft, zieht die Farbe nicht mit ab), um das Verkratzen der einen Seite sicher zu vermeiden. Das Klebeband lässt sich leicht zum Kontrollieren mehrfach, teilweise abziehen und wieder andrücken. Die elastische fast gummiartige Struktur des Bandes lässt es zudem gut auf der Unterlage haften, bei mir eine melaminharzbeschichtet Spanplatte, sodass man die Mattscheibe nicht festhalten muss, insbesondere wenn ein Tropfen Wasser unter die Platte gelangt. Andere empfehlen angefeuchtetes Zeitungspapier. Bei den größeren Platten und einem schweren Einreiber sollte man eine absolut plane Unterlage einplanen, damit es keinen Bruch gibt.









Es geht unten weiter.

Zuletzt bearbeitet am 09.09.25 23:20

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09.09.25 12:01
Holgerx 

250-499 Punkte

09.09.25 12:01
Holgerx 

250-499 Punkte

Re: Mattscheiben schleifen

Von dem Schleifpulver gibt man eine kleine Menge auf die Glasplatte und fügt ein paar Wassertropfen dazu, vermischt das Ganze mit einem Spatel und setzt den Einreiber auf. Dann bewegt man den Einreiber mit kreisenden Bewegungen über die Glasfläche und dreht ihn dabei ständig geringfügig, Drehrichtungen gelegentlich ändern.

Das richtige Wasser-Schleifmittel-Verhältnis erfüllt man schnell. Bei zu viel Wasser gleitet der Einreiber auf dem Wasserfilm und bei zu wenig fängt er an zu stocken. Bei richtiger Dosierung ergibt sich ein angenehmes leises Schleifgräusch, was sich auch mit den Fingerspitzen erfühlen lässt. Da immer etwas Wasser verdampft, muss man gelegentlich ein zwei Tropfen Wasser nachsetzen (Pipette), was auch bedeutet, das ein zu wässriges Verhältnis sich von allein korrigiert. Zum Kontrollieren des Schleiferfolgs sollte man die Mattscheibe ca. alle 5 bis 3 Minuten vollständig abwaschen, trocknen und das Klebeband teilweise abziehen. Gegen das Licht (helles Fenster) kann man den Schleiferfolg leicht beurteilen.

Das Siliciumcarbid kann als Staub jede Linse ruinieren und hat sicherlich auch in keiner Mechanik etwas zu suchen. Von daher ist es empfehlenswert, das Schleifen weit, weit weg von der Kamerasammlung durchzuführen, zum Beispiel im Garten oder auf dem Balkon und das Wasser-Schleifgemisch immer sofort nach Gebrauch vollständig abzuspülen und Alles andere mit einem feuchtem Einmal-Lappen (Haushaltspapier) zu reinigen, sodass möglichst nichts irgendwo zurückbleibt und sich unter den Hausstaub mischt. Auch sollte man jegliche Staubaufwirbelung des Schleifmittels vermeiden – vorsichtige, langsame Entnahme des Schleifmittels. Es kann auch nicht schaden, die Oberbekleidung nach dem Schleifen in die Waschmaschine zu geben. Meine Schleifmittel hab ich dreifach in Druckverschlussbeutel verpackt und in den Keller verbannt, um Kontaminationen zu vermeiden. Derartige Vorsichtsmaßnahmen wende ich auch bei allen eventuell flüchtigen Chemikalien an Säuren, Ätznatron, Ammoniak etc.

Die Qualität der mit dem 600-hunderter Korn geschliffenen Platten ist erstaunlich und übertraf was Helligkeit und Schärfe angeht alle alten Mattscheiben meiner größeren Plattenkameras. Das Bild auf der Miniaturmattscheibe von sichtbar ca. 41 x 60 mm der Ica-Atom lässt das vielleicht erahnen. Insgesamt wartet ein echtes Erfolgserlebnis auf einen, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Ich empfehle folgende Ausrüstung:
• Siliciumcarbidpulver in der Körnung 400 (Vorschliff) und 600 (Feinschliff).
• Einreiber mit 50 bis 75 mm Durchmesser für den Anfang, je nach Plattengröße
• Eine feste, plane Unterlage
• Abdeckklebeband und Cutter zum zuschneiden
• Spartel zum Schleifpulver dosieren
• Pipette zum Wassertropfen angeben
• Küchenpapier

Die üblichen Mattscheiben sind 1,07 (Ica Atom) bis 2 mm dick. Für 6,5 x 9 cm und 9x12 hab ich auch öfter ca. 1,8 mm gemessen. Alte Bilderrahmengläser gehen gut. Wenn es bereits einen Antirefelxschutz gibt, lassen sich die Gläser allerdings schlecht schneiden, da sie etwas beliebig brechen. Hab ich aber auch schon verwendet. Die empfohlenen Glasnegative sind meist 1,3 mm bis 1,4 mm dick (die Gelatine mit dem Silber muss entfernt werden). Das ist eher etwas zu dünn und damit empfindlich. Am besten ist Floatglas (sehr eben), das ab 1960 als normales Fensterglas hergestellt wurde, vorausgesetzt man bekommt es in den passenden Dicken.

Sicherheitshalber weise ich noch daraufhin, dass Glas brechen und scharf sein kann, was dann zu Schnittverletzungen führen könnte. Wer die Scheiben selber schleift macht das auf eigenes Risiko.



Mattscheibenbild mit 41x60 mm (rote Linie) der Ica-Atom


Glasläufer mit 10 cm Durchmesser, hohe Form


Fertige 9x12 cm Scheibe


Grüße Holger

Zuletzt bearbeitet am 09.09.25 12:03

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09.09.25 12:34
Rainer 

Administrator

09.09.25 12:34
Rainer 

Administrator

Re: Mattscheiben schleifen

Hallo Holger,

danke für die detaillierte und umfassende Beschreibung, hochinteressant. Du schreibst ja von einem leicht feuchtem Handling, ich überlege hier, ob man trotzdem zur Vorsicht eine FP2-Maske nehmen sollte? Gab es im Umfeld des Schleifbereiches trockene Glas-"Staub"-Ablagerungen?



Beste Grüße von Haus zu Haus
Rainer (Forumbetreiber)

Analog: Aus Negativ wird Positiv.
Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.

09.09.25 14:55
Holgerx 

250-499 Punkte

09.09.25 14:55
Holgerx 

250-499 Punkte

Re: Mattscheiben schleifen

Hallo Rainer,

es gab im Umfeld absolut gar keine Ablagerungen. Ich denke auch, dass man keine finden würde, selbst wenn man die Oberflächen mikroskopisch untersucht. Das Schleifen erfolgt in dem Wasser/Siliciumcarbidpulver-Gemisch in dem sich dann auch der Glasabrieb anreichert bzw. durch das Wasser gebunden ist. Der trocknet aber nicht ab, da man immer wieder ein paar Wassertropfen zur Schleifmasse zugeben muss. Das, was eventuell am Mattscheibenrand abrinnt (siehe zweites Bild der Fortsetzung), wische ich beim Kontrollieren des Schleiferfolgs sowieso alle 5 Minuten nass weg – dann ist da noch nichts richtig trocken. Da hat absolut nichts die Gelegenheit, sich unbemerkt unter den Hausstaub zu mischen und zu entkommen. Einzig das Siliciumcarbidpulver kann minimal stauben, wenn man es aus der Tüte nimmt. Aber da sollte man sowieso aufpassen, und bei vorsichtigem Hantieren sind die frei werdenden Mengen unsichtbar und homöopathisch. In einem Kubikmeter Raumluft sollte deutlich mehr Hausstaub enthalten sein.

Grüße
Holger

10.09.25 10:02
Wolf 

250-499 Punkte

10.09.25 10:02
Wolf 

250-499 Punkte

Re: Mattscheiben schleifen

Hallo Holger!

Super, werde es für eine andere Anwendung mit 5x5cm Deckgläsern versuchen.

Herzliche Grüße

Wolf

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