eine Magazinkamera fehlte bisher noch in meinem Fundus. Nun ist sie da und soll hier kurz vorgestellt werden.
Die Trilby wurde von der „Fabrik photographischer Apparate auf Aktien vormals R. Hüttig & Sohn“ in Dresden ab 1905 in unterschiedlichen Modellvarianten angeboten. Einzelne Trilby-Modelle wurden auch nach dem Aufgang der Firma in der ICA AG weiter angeboten. Den Namen „Trilby“ meldete Hüttig am 17. August 1905 als Warenzeichen an und erhielt am 9. Januar 1906 die entsprechende Eintragung. Das vorliegende Trilby-Modell ist in den Hüttig-Katalogen von 1905 und 1906 zu finden und im Katalog von 1908 nicht mehr enthalten. Es wurde dementsprechend wahrscheinlich im Zeitraum 1905 bis 1907 angeboten.
Die gezeigte Trilby ist eine Magazinkamera im Aufnahmeformat 9 x 12 cm ausgelegt für 12 Platten oder 24 Planfilme. Die Kamera besitzt ein Holgehäuse, welches mit schwarzem Rindslederimitat bezogen ist. Die Vorderfront der Kamera lässt sich öffnen und gewährt so Zugang zur achromatischen Linse und zum Verschluss. Dieser vordere Teil der Kamera besteht laut Katalogangabe aus polliertem Mahagoniholz. Der Verschuss ermöglicht Belichtungszeiten von 1, ½, 1/5, 1/25, 1/50 und 1/100s sowie B und T. Die Kamera verfügt über eine Irisblende und drei einschwenkbare Vorsatzlinsen für 1, 3 und 5 Meter Entfernung. Weitere Ausstattungsmerkmale sind zwei Brillantsucher und zwei Stativanschlüsse für Aufnahmen im Hoch- bzw. Querformat sowie ein Bildzähler.
Das vorliegende Exemplar verfügt über keinerlei Herstellerhinweis, lediglich eine Seriennummer (71098) ist vorhanden. Ein Händlerschild belegt, dass die Kamera in Buenos Aires von Rossi & Lavarello verkauft wurde. Hier mal eine zeitgenössische Werbung des Händlers:
Damit wäre auch schon fast alles gesagt, gäbe es nicht berechtigte Zweifel daran, dass Hüttig diese Kamera überhaupt hergestellt hat. Auf der schönen Homepage von Daniel Sánchez Torres (im Forum "Danimann") findet man bei der Beschreibung der Butcher & Sons „The Midg“ No. 0 (https://www.camarassinfronteras.com/butc..._midg_no_0.html) auch den entsprechenden Hinweis, dass diese Hüttig Trilby eigentlich von Butcher & Sons stammt. Ein direkter Vergleich der Bilder der Midg von Danimann mit der Trilby zeigt auch deutliche Übereinstimmungen.
Wenn man die Zeitstellung der Butcher Midg (1903-1921) und dieser Hüttig Trilby (1905-1907) vergleicht, kommt man auch leicht zu dem Schluss, dass Hüttig umgelabelte Butcher-Kameras vertrieben hat. Ganz so eindeutig ist die Sachlage nach entsprechender Recherche aber dann doch nicht:
Urheberrechte 1: Keine Scans von Prospekten, Bedienungs-Anleitungen, Prominentenfotos, Kunstobjekten oder Buch/Zeitschriften-Artikeln, die über begründete Bildzitate hinaus gehen.
Urheberrechte 2: Nur selbst aufgenommene Fotos. Keine Fotos auf und in fremden Grundstücken / Gebäuden / Museen, Ausstellungen, Theatern, usw.
Urheberrechte 3: Textpassagen von fremden Quellen vermeiden, höchstens einige Zeilen deutlich als Zitat erkennbar mit genauer Quellenangabe.
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar oder zuord-bar sind, ohne deren schriftliche Genehmigung (DSGVO). Ebenso keine erkennbaren KFZ-Kennzeichen oder Fragmenten davon! !
Fotos: Für beste Darstellung die Fotos (Thumbnails) unter den Textbeiträgen anklicken.
Der Zähler der Vorschaubilder zeigt NICHT die echte Zugriffszahl, die Bild-Anklicke direkt im Text werden nicht gezählt!
Die Trilby verfügt über einen gesetzlich geschützten („D.R.G.M. 209820“) Aluminiumdeckel zum Festhalten der unbelichteten Fotoplatten. Einen entsprechnden patentierten Aluminiumdeckel findet man auch an der Midg. Das entsprechende Patent beantragte Butcher am 31. Oktober 1903 und erhielt die Erteilung des Patents am 8. September 1904. Hüttig hingegen erhielt den Gebrauchsmusterschutz für diese Einrichtung am 28. September 1903, also rund einen Monat bevor Butcher das Patent dafür beantragte. Hier mal eine Gegenüberstellung der Zeichnungen von Hüttig und Butcher:
Der Knopf, der bei der Trilby zum Einstellen der Verschlusszeit und für die Fokussierung dient, trägt ebenso wie der Fokussierknopf der Midg die Aufschrift „Patent“ (bzw. „Patent applied for“) und Hüttig schreibt im Katalog auch explizit „gesetzlich geschützter Verschluß“. Nun habe ich für den Verschluss jedoch kein Patent gefunden. Patentiert wurde hingegen die Fokussiereinrichtung und zwar am 8. September 1904 (nach Antrag vom 31. Oktober 1903) für Butcher & Sons.
Man muss deshalb annehmen, dass sich der Aufdruck „Patent“ bei der Midg und auch bei der Trilby auf eben dieses Patent von Butcher bezieht. Davon würde ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt ausgehen, da ein entsprechendes Patent für den Verschluss nicht zu finden ist. Beim direkten visuellen Vergleich der Verschlüsse der Trilby und der Midg fällt auf, dass diese zwar funktionell ähnlich, aber eben nicht identisch sind. Ich kann mir auf die genannten Rechercheergebnisse keinen vollständigen Reim machen. Zweifelsfrei handelt es sich bei der hier gezeigten Kamera um eine Trilby von Hüttig. Das beweist die D.R.G.B.-Prägung auf dem Aluminiumdeckel. Spannend ist in diesem Zusammenhang ein aktuelles Angebot im bekannten Online-Auktionsportal (https://www.ebay.co.uk/itm/335480529710?...%2FKnAV3rq3w%3D). Die dort angebotene Magazinkamera ist durch das Schild „The Midg“ eindeutig Butcher & Sons zuzuordnen. Sie trägt aber in der Rückwand eine fünfstellige Seriennummer mit vorangestelltem Buchstaben – also eine ICA-Seriennummer. Sie wurde folglich von ICA hergestellt.
vielen Dank für die Vorstellung und die aufschlussreiche Recherche! – Dass Butcher auch Produkte von Hüttig und später Ica unter eigenem Namen angeboten hat, war mir schon bekannt; so gibt es Butcher-Versionen der Hüttig Gnom, der Ica Alpha 490, der Victrix 48 usw. Dass die Kooperation auch wechselseitig gewesen sein könnte, ist neu für mich. Immerhin soll lt. camera-wiki auch die Ica Tudor-Reflex von Butcher hergestellt worden sein (http://camera-wiki.org/wiki/ICA_Reflex); wie zuverlässig diese Information ist, weiß ich nicht. Spannend!
Angesichts der unklaren Patentlage frage ich mich, ob die Situation vielleicht Anlass für die Einstellung dieses Trilby-Modells gewesen sein könnte. Haben Hüttig bzw. später die Ica vielleicht nur noch solche Modelle angeboten, die vollständig Dresdner Entwicklungen waren? Dass später andere Verschlüsse verwendet wurden, deutet vielleicht in diese Richtung.
Von Hüttig ist bekannt das Englische und Französische Kameras nachgebaut wurden aber auch eigene Modelle gefertigt hat. Von Hougthon ist bekannt das Deutsche Kameras in England unter eigenem Namen verkauft wurden, auch sollen Französische Kameras importiert worden sein. Zu der Zeit waren lt. heutigen Aussagen beide die größten Kamerawerke in ihren Heimatländern.
Die verschiedenen Beschriftungen im Inneren sind meines Erachtens nichts Wert da es immer Handelsnamen ggeben hat. Hüttig hat doch nichts mit den Patenten zu tun dieser hat doch nur den Namen Trilby schützen lassen und sonst nichts von der Kamera oder Irre ich mich da.
Soweit ich das Beurteilen kann gab es wahrscheinlich eine Zusammenarbeit die dann nach dem Zusammenschluß mit ICA beendet wurde.
Alles aber von meiner Seite nur Gedankenspiele das es so gewesen sein könnte.
Ach mir ist auch noch eine andere evtl. Erklärung eingefallen, damals gab es doch auch noch Zollrechtliches was für eine Produktion sowohl in England und in Deutschland verantwortlich sein könnte.
Du kannst die Kamera gern unter „Hüttig Trilby 9x12“ aufnehmen. Es besteht kein Zweifel daran, dass es dieses Modell ist. Die Zuordnung zu Hüttig ist durch die D.R.G.M.-Prägung zweifelsfrei bewiesen.
Unter der Bezeichnung Hüttig Trilby (9x12) sind zahlreiche Modellvarianten produziert worden. Wenn man es korrekt machen will, so ist diese Kamera eine „Hüttig Trilby 9x12 Nr. 30 Modell 1905/1906“. Bereits 1905 gab es fünf Modellvarianten der Trilby 9x12, deshalb ist die Ergänzung „Nr. 30“ eindeutiger. Die Ergänzung „1905/1906“ ist notwendig, da die Trilby Nr. 30 im Katalog von 1908 wieder eine andere Modellvariante ist. (Den Katalog 1907 kenne ich nicht.)
Da die Gebrauchsmustereintragungen online nicht recherchierbar sind, füge ich das D.R.G.M. Nr. 209820 der Vollständigkeit halber hier noch mit ein: