die Magazin-Plattenboxen mit ihrer Wechselmechanik finde ich zunehmend faszinierend. Hier sei die Ica Trilby 11 vorgestellt, ein vergleichsweise einfach ausgestattetes Modell für das Format 6x9 [!].
Sie besitzt eine boxtypische Ausstattung: Als Objektiv fungiert ein Achromat 1:12, eine Entfernungseinstellung ist nicht vorgesehen. Der Einfachverschluss liefert eine Momentzeit (M) oder B (hier Zeit). Der Auslöser kann bei Zeitaufnahmen arretiert werden. Es sind zwei Brillantsucher eingebaut. Mit dem in der Mitte befindlichen Schieber kann eine Lochblende eingeschoben werden.
Die Kamera kann mit 6 Platten bestückt werden, die in sog. Plattenhülsen gesteckt werden. Nach jeder Aufnahme wird die Platte mit dem seitlich angeordneten Hebel aus dem Bildfenster entfernt und fällt horizontal auf den Kameraboden; die nächste Platte rückt per Federkraft an ihre Stelle. Der Hebel bewirkt zugleich ein Weiterschalten der 'Zähluhr'. Ein einfaches Prinzip, das bis heute einwandfrei funktioniert.
Zum Format: Angeboten wurden die Schwestermodelle Trilby 11 und 12, die sich nur minimal im Format unterscheiden: Während das Modell 11 für Platten 6x9 vorgesehen ist, nimmt Modell 12 die üblichen Platten im Format 6,5x9 auf. Mir war bislang gar nicht klar, dass es Platten in 6x9 gab – ich habe das immer für ein Filmpackformat gehalten. Die beiden Modelle unterscheiden sich in den Abmessungen, nicht; Aufschluss gibt nur die Größe der Plattenhülsen. Hier ein Ausschnitt aus dem Ica-Katalog 1912/12 (S. 2).
Für eine Magazinkamera ist die Trilby recht kompakt, wie der Vergleich mit einer zeitgenössischen Rollfilmbox zeigt, der Ernemann Film K 6x9 (1. Modell).
Die Bestimmung der Kamera ist nicht ganz leicht; äußerlich finden sich keine Hinweise auf Hersteller oder Modell. Die Kamera wurde daher auch nur unspezifisch als "Magazinbox" angeboten und war günstig zu bekommen. Die Identifikation war zunächst nur über die Abbildung möglich. Ica-Kameras sind aber normalerweise gekennzeichnet; das Ica-Pentagramm findet sich hier sehr dezent an der Innenseite der Tür. Eine Modellbezeichnung fehlt allerdings; die Zuordnung ist aber eindeutig.
Im Ica-Programm war die Trilby 11 im Zeitraum 1909–22. Das gezeigte Exemplar lässt sich anhand der Seriennummer mit vorangestelltem D in den Zeitraum 1914–18 datieren; die Kamera kostete seinerzeit 10,50 Mark.
gefällt mir gut die Kamera. Ich bin dazu fast passend gerade dabei zu den Plattenboxen von Adlake (Standard, Special, Repeater, Regula) Daten zusammenzutragen. Bin aber noch etwas verwirrt zu den Wirkprinzipien beim Platten-Weiterschalten. Kopf raucht ...
Ja, Rainer, diese Wechselmechanik ist faszinierend. Ich habe allerdings nur die beiden Trilbys, die ich hier vorgestellt habe – zu anderen Modellen kann ich gar nichts sagen.
Bemerkenswert an der Trilby 11 finde ich übrigens das eher ungewöhnliche Plattenformat 6x9 – welchen Aufwand hat man getrieben, um parallel zwei Modelle anzubieten, deren Plattenformat sich nur um wenige mm unterscheidet! Mir war nicht bekannt, dass es neben Platten in 6,5x9 auch solche in 6x9 gab. Im umfangreichen Katalog von Hausamann kann man sehen, dass die Platten in 6x9 nicht von allen Herstellern angeboten wurden: Es gab sie von Agfa, Gevaert, Hauff – aber nicht von Kranz oder Perutz. Es war also eher ein Sonderformat...
aus damaligen Gesprächen mit meinem Onkel Willi, der in den späten 20-iger Jahren noch fleißig Glasplattenkameras nutzte, weiß ich dass er SEHR streng mit den Plattenformaten war. Für ihn waren nur 9x12 Platten akzeptabel. 6x9 galt für ihn als Pippi-Fax, was immer das auch bedeutet. Will sagen: Vielleicht waren auch andere Zeitgenossen ähnlich streng und reklamierten schon feine Abweichungen ...
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Ja, diese Haltung kommt auch in vielen Fotolehrbüchern der Zeit zum Ausdruck – 9x12 als Universalformat für den Amateur, größere Formate für professionelle Zwecke – und 6,5x9 wird allenfalls für Wanderungen und auf Reisen empfohlen. Da hat man dann das 'Westentaschenformat' 4,5x6 erst recht nicht für voll genommen – kein Wunder, dass in Anzeigen und Katalogen ausdrücklich betont werden musste, dass es "keine Spielerei" sei
Aber es bleibt die Frage nach den Unterschieden. Zwischen 9x12 und dem Postkartenformat 10x15 besteht schon eine wahrnehmbare Differenz, zwischen 9x12 und 6,5x9 ohnehin. Aber 6,5x9 gegen 6x9? Hm...
Jan_S:welchen Aufwand hat man getrieben, um parallel zwei Modelle anzubieten, deren Plattenformat sich nur um wenige mm unterscheidet! Mir war nicht bekannt, dass es neben Platten in 6,5x9 auch solche in 6x9 gab.
Wird wohl auch um die Erhältlichkeit gegangen sein. Wie viel haben Platten 6x9 im Vergleich zu 6,5x9 gekostet? War eine Version von diesen schlechter zu kriegen oder gab es bestimmte Versionen, wasweiss ich, empfindlichere, oder problemloser zu entwickelnde, nur in der einen von beiden Größen? Irgend einen Vorteil in den Marketingargumenten müssen die Entwickler ja im Auge gehabt haben. So ähnlich, wie man bei VHS-Videorecordern mit einem simplen Adapter auch die Mini-VHS Kassetten aus Videokameras einsetzen konnte, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, bei einem Video-2000 Gerät nicht.
Und ab wann konnte man an einer solchen Kamera die Rollfilmansätze (hab' auch noch einen hier) verwenden? Die mochten dann in den Falz einer 6x9 Kamera gepasst haben, aber nicht in den einer 6,5 x 9?
Scannerhannes:Wird wohl auch um die Erhältlichkeit gegangen sein. Wie viel haben Platten 6x9 im Vergleich zu 6,5x9 gekostet? War eine Version von diesen schlechter zu kriegen oder gab es bestimmte Versionen, wasweiss ich, empfindlichere, oder problemloser zu entwickelnde, nur in der einen von beiden Größen?
Ja, 6x9 gab es von weniger Herstellern nur in wenigen Emulsionen, wie eine Stichprobe im Katalog Hausamann (1926/27) gezeigt hat (s.o.). Etwas günstiger waren sie trotzdem als 6,5x9.
Scannerhannes:Und ab wann konnte man an einer solchen Kamera die Rollfilmansätze (hab' auch noch einen hier) verwenden? Die mochten dann in den Falz einer 6x9 Kamera gepasst haben, aber nicht in den einer 6,5 x 9?
In weiß bislang gar nicht, in welchen Kameratypen die Platten 6x9 überhaupt verwendet wurden. Hier handelt es sich ja um eine Magazinkamera, dafür waren Rollfilmansätze nicht relevant. Bei den üblichen Laufboden- oder Spreizenkameras für Platten ist mir bislang nur das Format 6,5x9 begegnet – 6x9 in den entsprechenden Rollfilm- oder Filmpackmagazinen.
Interessant vielleicht noch der Hinweis, dass bei der Trilby die Version 11 in 6x9 länger angeboten wurde (bis 1922) als das Modell 12, das schon 1919 eingestellt wurde...