unter der treffenden Bezeichnung Minimal bot die Fa. Emil Wünsche Kameras in besonders flacher Bauart an, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts offenbar als werbewirksamer Vorzug angesehen wurde. Dazu gehört auch das Modell Minimal 610, das hier vorgestellt werden soll.
Die Modellbezeichnung findet sich nicht auf der Kamera. Eine Identifizierung des Modells ist jedoch anhand eines zeitgenössischen Kataloges eindeutig möglich: Im Katalog 1908 des Hamburger Händlers Friedo Wiesenhavern ist die fragliche Kamera auf Seite 46 abgebildet und beschrieben.
Es handelt sich um eine Laufbodenkamera für Platten 9x12. Das Gehäuse besteht aus poliertem Mahagoni, die Abmessungen betragen nur 15 x 11,7 x 3 cm. Dass die Tiefe des Gehäuses im oberen Bereich (!) nur 3 cm beträgt, wird auch dadurch erreicht, das in der Grundaustattung eine einfache Abdeckung als Rückteil montiert ist und kein auftragender Mattscheibenrahmen (ähnlich wie später bei der Patent-Etui-Kamera). Für die Hinterlinse ist allerdings eine Ausbuchtung erforderlich…
Das Äußere ist lt. Katalogbeschreibung mit „hochfeinem Saffianlederbezug“ versehen und weist Jugendstilelemente auf. Die Kamera besitzt einen einfachen Auszug; fokussiert wird mittels Zahntrieb. Die Standarte entspricht noch der alten zweiteiligen Bauform. (Ein neueres Modell 615 mit gegossener U-Standarte und doppeltem Auszug war 1908 ebenfalls lieferbar.) Wie üblich sind vertikale und horizontale Verstellung vorgesehen. Verbaut ist ein Wünsche Mars 1:6,8 (Brennweite lt. Katalog 136 mm) in einem frühen Compur 1–1/250, dessen Zeitenscheibe noch das alte Ziffernblatt-Design besitzt.
Die genannten Ausstattungsmerkmale teilt die Kamera mit vielen anderen Modellen. Der Clou am vorliegenden Exemplar ist der Sucher – ein Newtonsucher mit zwei Spiegeln, der das Anvisieren des Motivs über die Gehäusekante hinweg ermöglicht und ein aufrechtes, recht helles Bild liefert.
Für diesen „Newtonsucher für photographische Kameras mit zweifacher Reflexion der Strahlen zur Erzielung eines aufrechten und seitenrichtigen Sucherbildes“ hatte die Wünsche AG im April 1906 unter der Nr. 180945 ein Patent eintragen lassen, wie man im Jahrgang 1907 der Auszüge aus den Patentschriften erfährt.
Dieser ungewöhnliche Sucher war auch für andere Wünsche-Modelle lieferbar; Sascha zeigt im Museum ein Exemplar einer Minimal 600 (--> https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...1&thread=93). Im erwähnten Katalog wird das vorliegende Modell mit diesem Sucher gezeigt, allerdings heißt es dazu: „Wenn nicht anders verlangt, so liefere ich den um seine Achse drehbaren Brillantsucher wie bei Minimal 615 auf nächster Seite“. Vermutlich war dieser Standard-Brillantsucher preiswerter in der Herstellung und weniger empfindlich. Rein technisch scheint mir dieser Patent-Newtonsucher überlegen zu sein; schade, dass er sich nicht durchgesetzt hat. Schon ins Ica-Programm hat er es nicht mehr geschafft, auch im Zubehörprogramm der frühen Kataloge finden sich nur gewöhnliche Newton- und Brillantsucher.
Die Minimal 610 war mit verschiedenen Objektiven von Wünsche, Goerz, Voigtländer, Steinheil oder Busch lieferbar; als Verschlüsse wurden Automat, Compound oder Koilos angeboten. Die eher preiswerte Bestückung mit dem hauseigenen Mars 6,8 in Compound stand mit 101 Mark in der Liste. Die Minimal-Reihe wurde 1909 ins Programm der Ica übernommen; eine Ica Minimal 235 von etwa 1911 wird an anderer Stelle gezeigt (--> https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=301).
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