die Kolbe & Schulze Modell XII ist derzeit die einzige Klappkamera dieser Firma, die ich namentlich zuordnen kann.
Die Firma Kolbe & Schulze (gegr. 1902 als Hamann & Schulze in Rabenau, ab 1905 dann Kolbe & Schulze und ab 1919 mit Sitz in Deuben-Freital) baute bis zu Beginn des I. Weltkrieges verschiedene Reisekameras, Platten-Klappkameras und Rollfilmkameras. Nach dem Weltkrieg bot die Firma zunächst nur noch Reisekameras an. Erst Ende der 1920er Jahre wurden auch Platten-Klappkameras und etwas später auch Rollfilmkameras wieder ins Sortiment genommen. In der zweiten Hälfe der 1930er Jahre wurde der Betrieb von Kolbe & Schulze eingestellt. Wichtig für das hier vorzustellende Modell XII ist eine Notiz in der „Photographischen Industrie“ von 1930 anlässlich der Leipziger Frühjahrsmesse: „Neue Metallkameras in modernster Ausführung zeigte auch die Firma Kolbe & Schulze, Fabrik photographischer Apparate, Freital bei Dresden, deren Spezialität bisher nur solid gebaute Reisekameras war.“ Der Artikel von Hartmut Thiele (Photographica Cabinett 65/2015) erwähnt neben der Klappkamera Modell XII noch die Modelle X und XI, ohne diese näher zu spezifizieren.
Die Klappkamera Modell XII besitzt ein schwarz beledertes Metallgehäuse, einen doppelten Auszug mit verdecktem einfachem Trieb und der Objektivträger ist horizontal sowie vertikal mittel Triebschrauben verstellbar. Als Sucher stehen ein drehbarer Brillantklappsucher mit Libelle und ein Drahtrahmensucher mit Visier zur Verfügung. Bestückt ist das vorliegende Exemplar mit einem Rodenstock Eurynar 4.5/13,5 im Compur. Verschluss und Objektiv datieren die Kamera ins Jahr 1930. Alles in allem ist es eine durchaus solide und gut ausgestattete Klappkamera, vergleichbar mit der Beier Lotte II oder der Welta Watson. Die Spreizen haben auch Ähnlichkeit mit denen von Thowe und Beier.
Zu Beginn der 1930er Jahre wurde dieses Kolbe & Schulze-Modell auch von Photo Plait unter der Bezeichnung „Platos 3“ angeboten. Hier mal noch eine vergleichende Aufnahme des vorgestellten Exemplars mit der Kolbe & Schulze Werbeanzeige von 1930:
Urheberrechte 1: Keine Scans von Prospekten, Bedienungs-Anleitungen, Prominentenfotos, Kunstobjekten oder Buch/Zeitschriften-Artikeln, die über begründete Bildzitate hinaus gehen.
Urheberrechte 2: Nur selbst aufgenommene Fotos. Keine Fotos auf und in fremden Grundstücken / Gebäuden / Museen, Ausstellungen, Theatern, usw.
Urheberrechte 3: Textpassagen von fremden Quellen vermeiden, höchstens einige Zeilen deutlich als Zitat erkennbar mit genauer Quellenangabe.
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar oder zuord-bar sind, ohne deren schriftliche Genehmigung (DSGVO). Ebenso keine erkennbaren KFZ-Kennzeichen oder Fragmenten davon! !
Fotos: Für beste Darstellung die Fotos (Thumbnails) unter den Textbeiträgen anklicken.
Der Zähler der Vorschaubilder zeigt NICHT die echte Zugriffszahl, die Bild-Anklicke direkt im Text werden nicht gezählt!
Hallo Axel, Hast du zufällig noch mehr Prospekt-Abbildungen und Beschreibungen von Kolbe & Schulze Laufbodenkameras der 2. Generation (1920 - 1935)? Mich interessiert es die Unterschiede zu den Beier-Kameras (mit gleichen Spreizen und "Freitaler Schlitten") zu erkennen. Danke und Grüsse Sascha
bisher habe ich leider nur zeitgenössische Abbildungen vom Modell XII. Die Photographische Industrie erwähnt 1929 auch Klappkameras mit Holzgehäuse von Kolbe & Schulze, leider ebenfalls ohne Abbildungen.
Einen weiteren Nachweis zum Modell XII habe ich noch gefunden: Photo Porst bot dieses Modell 1931 als "Modell T" an.
Ich danke dir. Die Informationslage zu dieser 2. Serie an Laufbodenkameras von K&S ist sehr dürftig. Das die Kameras dem "Freiberger Kreis angehören (Welta, Beier, Erko und Thowe) sieht man an den vielen Ähnlichkeiten mit den anderen Firmen. Vor allem von Beier-Kameras unterscheidet sich die K&S Modell XII grundsätzlich nur durch zwei sichtbaren Merkmalen: Die Entfernungsskala ist eckig und das Visier hat eine Form und Streifenverzierung, die bei den anderen Herstellern nicht vorkommt.
bei euch kann man nur staunen, also lesen kann ich es - aber verstehen und nachvollziehen kann ich es nicht. Woher wisst ihr das alles und woher zaubert ihr die Prospekte und Kataloge? Wie viele Jahre braucht es, dieses Fachwissen anzueignen?
Auf die Ferne betrachtet (z.B. auf Bildern im WEB) ist das Visier mit seiner Streifenverzierung das augenscheinlichste Unterscheidungskriterium zwischen den sehr ähnlichen Kameras von Beier und Kolbe & Schulze. Beim genaueren Hinschauen zeigen sich dann doch einige Unterschiede. Ich habe mal einige Details direkt verglichen.
Laufboden (links Beier, rechts K&S), die Handhaben von K&S sind auch ein wenig eckiger:
nochmal Laufboden (links Beier, rechts K&S):
Spreizen mit Feder (links Beier, rechts K&S):
Die ausgebaute Beier-Spreize direkt neben der K&S-Spreize:
Die Beier-Spreize auf der K&S-Spreize (Die Spreize von Beier ist ca. 1 cm kürzer!):
Auszug mit einfachem Trieb (links Beier, rechts K&S):
Was die weiteren Modelle der zweiten Generation von Kolbe & Schulze betrifft, möchte ich an dieser Stelle auch noch auf die vorgestellte Steinheil-Variante der Kolbe & Schulze 9x12 mit einfachem Auszug verweisen: https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=367
Hallo Axel, deine Gegenüberstellung hilft sehr zum bestimmen dieser Kameras aus dem "Freiberger Kreis".
Es gibt übrigens noch einen klaren Unterschied zwischen Kolbe & Schulze einerseits und Beier / Thowe Kameras mit diesem Spreizentyp andererseits: Die "Drückfläche" der Spreizen sind bei Beier / Thowe gerade, bei Kolbe & Schulze ergonomisch nach innen gewölbt. Das ist bei allen Kameras so, die ich bisher gefunden habe.
Das nächste Rätsel ist Thowe. Es gibt genug Merkmale, die typisch Thowe sind. Aber manche mit Thowe bezeichneten Laufbodenkameras unterscheiden sich, zumindest von den Bildern her, nicht von Beier Kameras.
bei den betreffenden sehr ähnlichen Thowe- bzw. Beier-Modellen von Ende der 1920er/Anfang der 1930er Jahre schaue ich auf die Form der Objektivträgerplatte (also auf die Form der oberen Kante dieser Platte).
Hallo Axel, ja, an Hand dieses Merkmals, lassen sich wieder eine Anzahl von Unbekannten zuordnen!
Nun gibt es nur noch einige wenige Lücken bei der Zuordnung. Ich werde einige Kamera-Details von unbekannten Kameras zeigen. Klar ist, dass die Kameras aus Freital kommen, sehr wahrscheinlich Beier oder Thowe. Sie besitzen die "Freitaler-Schlitten-Handhaben"-Bauform: Diese Spreizenform und diese Griffaufhängung:
Fall 1 Es gibt einige Kameras mit obigen Merkmalen, an dessen Objektivbrett ist die oberen Halterung des Feintriebs zum Hoch- und runterbewegen des Objektivbretts gleich integriert:
Fall 2 Bei einer Kamera mit diesem Merkmal, findet sich am Objektivbrett oben eine kleine Nase:
Fall 3 Manche andere Kameras besitzen in der Mitte-oben eine Nase, an der wiederum manchmal der Brillantsucher befestigt ist:
Fall 4 Bei anderen Kameras ist der Schwung des oberen Randes des Objektivbretts flacher gehalten wie bei den typischen Thowe-Formen:
Fall 5 Andere Kameras zeigen eine auffällige Lücke des Objektivbretts zur Standarde an der Höhen-Anzeige:
Fall 6 Schliesslich gibt es noch diese ganz gerade Form des oberen Randes des Objektivbretts:
Fall 7 Zum Schluss habe ich noch die Frage, wer der Hersteller der "Fortuna"-Platten-Laufbodenkamera war:
Wenn diese ganzen Rätsel gelöst werden könnten, gäbe es aus diesem "Freitaler Kreis" keine "Unbekannte Kandidatin" mehr....
Grüssle Sascha
Ach ja, noch was: Ich bin mir nicht sicher, dass es so ist, aber ich finde keinen Beweis, dass diese Spreizenformen von Beier sind:
das sind ja zahlreiche ‚Problemfälle‘ und ich kann anhand der Abbildungen nicht alle klären, aber einiges lässt sich zuordnen. Die obige Feststellung zur Form des Objektivbretts bezieht sich explizit auf die Beier Erika/Lotte-Modelle und auf die Thowe Modelle III und IV (plus Modellvarianten) vom Ende 1920er/Anfang 1930er Jahre. Die Beier Edith ist an sich kaum zu verwechseln. Bei Thowe gab es jedoch im Laufe der Jahre eine wesentlich größere Modellvielfalt auch mit zahlreichen kleineren oder größeren Änderungen an den Modellen und auch bei den Modellbezeichnungen. Das nur vorab zur groben Einordnung.
Zu Fall 1: Bild 1 kann ich nicht zweifelsfrei zuordnen. Es handelt sich mutmaßlich um eine Thowe Modell II, von der ich jedoch keine zeitgenössische Abbildung besitze. Der Vorgänger von Modell II sah so aus (einfacher Auszug ohne Trieb aber im Gegensatz zu Modell I mit den typischen Thowe-Handhaben):
Bild 2 zeigt eine Thowe Modell I in der Ausführung um 1930:
Davor sah die Thowe Modell I so aus (gleiche Ausstattung, aber der Sucher mittig):
Zu Fall 2 und 3: Das sind (bei Vorhandensein der sonstigen ‚Thowe Merkmale‘) Kameras von Thowe der älteren Bauweise. Die Kamera im Bild zu Fall 2 ist wahrscheinlich einfacher ausgestattet (einfacher Auszug).
Bei Nichtvorhandensein der sonstigen ‚Thowe-Merkmale‘ können diese Kameras von Fall 2 ggf. auch Welta zugeordnet werden – hier ist also auch auf die Spreizenform und die Handhaben zu achten.
Zu Fall 4: Die Handhaben sind etwas ‚eckiger‘ gebogen als bei Beier und Thowe. Die Form des Objektivbretts entspricht (wie auch die Handhaben) den Kameras der 2. Generation von Kolbe & Schulze.
Zu Fall 5 und Fall 6: Diese kann ich anhand der Bilder nicht zuordnen.
Zu Fall 7: Diese Kameras sind mir auch schon aufgefallen. Fortuna war die Handelsmarke vom Photohaus „M. Geflitter & Co., Dresden“. Eine Zuordnung zu einem Hersteller ist mir bisher nicht möglich.
Zum vorletzten Bild: Diese Spreizen gehören zu einer Thowe Modell V bzw. Va mit Gehäuse aus Aluminiumspritzguss. Die Handhaben dieser Modelle sind Knöpfe. Diese Kameras sind recht selten, da sie erst kurz vor der Firmen-Pleite auf den Markt kamen. Modell Va unterscheidet sich von Modell V vor allem durch den doppelten Zahntrieb für den Auszug und die Kippstandarte, außerdem sind die Handhabenknöpfe und der Schlitten etwas anders geformt.
Modell V
Modell Va
Zum letzten Bild: Diese Spreizen können nicht ohne weitere Merkmale exakt einem Hersteller zugeordnet werden. Wenn diese Spreizen zusammen mit Erko-Handhaben und Erko-Griffbefestigung verbaut sind, so ist die Kamera von Erko. Erko verwendete diese Spreizen für die Kameras mit einfachem Auszug.
Wenn diese weiteren Erko-Merkmale fehlen (vor allem die typische Griffbefestigung), dann wird es schwieriger. Ich habe Kameras mit diesen Spreizen gesehen, die eindeutig als Eckert & Melzer bezeichnet waren, aber ich bin mir nicht sicher, ob E & M tatsächlich der Hersteller ist. Ich bin fast geneigt zu vermuten, dass diese Kameras (die auch häufig mit ‚Erkos‘-Optik bestückt sind) tatsächlich von ‚Erkos‘ hergestellt wurden. Ggf. haben auch beide Firmen diese Spreizen genutzt, da sowohl die Griffbefestigungen als auch die Handhaben der Kameras mit diesen Spreizen sehr vielfältig sind. Hier fehlen einfach noch entsprechende eindeutige Belege. Eine dieser Eckert & Melzer-Kameras wird derzeit auch auf Kleinanzeigen angeboten (3052453692), eindeutig bezeichnet durch die Prägung "E & M" im Tragegriff.