heute möchte ich wieder eine sehr frühe Ica-Kamera zeigen, die
Delta 9x12. Es handelt sich um eine Laufbodenkamera mit einfachem Auszug und Zahntrieb-Fokussierung. Sie besitzt ein Metallgehäuse. Auch der Laufboden besteht aus Metall, besitzt aber eine Holzauflage. Das Objektivbrett ist horizontal und vertikal mittels Spindeltrieb verstellbar. Verbaut ist ein Tessar 6,3/13,5 in 0-Compound 1–250. Als Sucher fungiert ein umlegbarer Brillantsucher mit Libelle.


Interessant ist ein an der Standarte befindlicher Hebel. Die eingelassene Schraube kennzeichnet die Nullposition der Höhenverstellung – wozu aber der Haken? Die Spreize besitzt in der entsprechenden Höhe einen Durchlass – vermutlich soll auf diese Weise sichergestellt werden, dass sich das Objektivbrett beim Einfahren des Schlittens in Nullstellung befindet. Recht aufwendig – bei anderen Kameras merkt man es daran, dass der Brillantsucher anstößt...

Bernd K. Otto verzeichnet in seinem
Carl Zeiss Kamera-Register eine Ica Delta 208, für die er den Zeitraum 1912–14 angibt (Register-Nr. 44.1.07.17). Diese Kamera findet sich auch im Ica-Katalog 1912/13 (S. 26). Der Vergleich zeigt aber auf den ersten Blick, dass die hier vorgestellte Delta in der Gestaltung der Standarte und der Handhaben deutlich abweicht. Sie trägt auch nur die Bezeichnung
Delta ohne die für Ica typische Modell-Nr. Eine Plakette auf dem Laufboden und die Beschriftung des Verschlusses weisen sie aber eindeutig als Ica-Kamera aus.


Die Erklärung:
Delta war auch die Bezeichnung einer Modellreihe des Herstellers Dr. Krügener (Frankfurt); diese Firma ging 1909 in der Ica auf. Es liegt also nahe, dass wir es hier mit einer Krügener-Kamera zu tun haben, die in das Programm der Ica übernommen wurde. In der Tat zeigt die Kamera deutliche Übereinstimmungen mit der Krügener Delta-Superba, die auf der Seite unseres Forenmitglieds Danimann in einem italienischsprachigen Prospekt zu sehen ist (s. hier:
www.camarassinfronteras.com/kruegener_de...delta_1285.html). Ein weiteres Beispiel für eine ähnliche Delta-Kamera von Krügener findet sich hier:
www.earlyphotography.co.uk/site/entry_C427.html.
Im Katalog 1910 der Fa. Wiesenhavern sind noch weitere Krügener-Modelle gelistet, die die gleiche Standarte und Handhaben besitzen (Trix, Superba-Nelson) (S. 51ff.).
Auf die Übergangszeit deutet auch die Seriennummer des Objektivs hin – das Tessar (# 1283xx) dürfte vor 1912 herstellt worden sein; der Verschluss trägt keine Nummer. Die fünfstellige Seriennummer des Gehäuses, hier (schwer lesbar) in der Belederung unterhalb des Tragegriffes, entspricht nicht dem Ica-System mit vorangestelltem Buchstaben.
Es ist also anzunehmen, dass es sich bei der vorliegenden Kamera um ein Exemplar aus (Rest-)Beständen der Fa. Dr. Krügener handelt, das nach der Fusion mit dem Ica-Schild versehen und entsprechend vermarktet wurde. Die Plakette trägt unter dem Ica-Logo und dem Hinweis
Eingetragene Schutzmarke die Jahreszahl
1910. Bei späteren Kameras ist das nicht mehr der Fall, es ist also möglich, dass sich die Jahreszahl nicht auf die Eintragung des Warenzeichens, sondern auf die Herstellung dieser Kamera bezieht.


Ähnliche Fälle sind im Museum zu sehen: eine frühe Ica Lloyd (< Hüttig) (
https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=263) sowie eine 175 (< Hüttig?) (
https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=222).
Der Name
Delta wurde, wie oben erwähnt, 1912 noch einmal für eine Neukonstruktion verwendet (außerdem gab es später im Format 6,5x9 eine Delta 76, über die ebenfalls wenig bekannt ist (s. hier:
https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=186); im Zuge der Bereinigung der Modellpalette verschwand der Name allerdings aus dem Programm. Ähnliches wiederholte sich 1926 bei der großen Fusion zu Zeiss Ikon – aber die Modellpolitik nach Fusionen ist noch einmal ein eigenes Thema...