[ iIa ] Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo zusammen,
es wird die Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte vorgestellt.
Die Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 ist ein faszinierendes Beispiel für die Übergangszeit zwischen frühen Plattenkameras und den späteren Rollfilm-Modellen. Sie stammt aus der Dresdner Kameramanufaktur Hüttig, die später in ICA und schließlich in Zeiss Ikon aufging.
Historischer Kontext
• Hersteller: Hüttig AG, Dresden • Produktionszeitraum: Spätes 19. Jahrhundert, vermutlich um 1898–1900 • Typologie: Rollfilmkamera mit optionalem Platten-Rückenteil • Verwendung: Amateurfotografie mit gehobenem Anspruch, auch für wissenschaftliche oder dokumentarische Zwecke
Konstruktion und Materialien
• Gehäuse: Mahagoni mit Lederbezug • Außenmaße: 16 x 20,5 x 8,5 cm • Standarte: Holzstandarte fingerverzapft, mit vernickelten Metallteilen, höhenverstellbar durch Lösen einer Rändelschraube • Balgen: Roter Lederbalgen mit doppeltem Auszug • Laufboden: klappbar aus Mahagoni mit Metallschienen
Optik und Verschluss • Objektiv: Aplanat Objektiv in Bausch & Lomb • Verschluss: aus Messing, Unicum Verschluss von Bausch&Lomb, Patent Jan.6 91, siehe Offenblende • Objektivträger: aus Mahagoni, seitlich verschiebbar • Sucher: 2 Brillantsucher • Prägung auf Tragriemen: Lloyd
Formate und Rückteile • Plattenformat: 5 x 4 Zoll (9x12) • Filmtyp: Rollfilm Typ 104 (großformatige Spule), kombinierbar mit Glasplattenadapter • Rückteil: Rollfilm, wechselbar mit Glasplattenadapter • Kassetten: Plattenkassetten, aus Holz gefertigt, doppelt bestückt
Kennzeichnung und Details • Namenszug: „Lloyd“ auf der Trageschlaufe geprägt • Händlerschild: C. Königs, Düsseldorf“ • Modellbezeichnung: Vor 1900 oft ohne genaue Modellnummer, spätere Modelle wie „Modell 1906“ sind klarer gekennzeichnet
Vergleich und Besonderheiten • Die Kamera ähnelt in Aufbau und Funktion der Kodak Cartridge No. 4 Mod. E (1897), ist aber deutlich hochwertiger verarbeitet • Holzstandarte kombiniert mit Wechselrückteil und hochwertigem Objektiv
Quellen: Artikel von Jan Beenken, Kameras für Film und Platten, Photo Antiquaria Nr. 161, Seite 61
Urheberrechte 1: Keine Scans von Prospekten, Bedienungs-Anleitungen, Prominentenfotos, Kunstobjekten oder Buch/Zeitschriften-Artikeln, die über begründete Bildzitate hinaus gehen.
Urheberrechte 2: Nur selbst aufgenommene Fotos. Keine Fotos auf und in fremden Grundstücken / Gebäuden / Museen, Ausstellungen, Theatern, usw.
Urheberrechte 3: Textpassagen von fremden Quellen vermeiden, höchstens einige Zeilen deutlich als Zitat erkennbar mit genauer Quellenangabe.
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar oder zuord-bar sind, ohne deren schriftliche Genehmigung (DSGVO). Ebenso keine erkennbaren KFZ-Kennzeichen oder Fragmenten davon! !
Fotos: Für beste Darstellung die Fotos (Thumbnails) unter den Textbeiträgen anklicken.
Der Zähler der Vorschaubilder zeigt NICHT die echte Zugriffszahl, die Bild-Anklicke direkt im Text werden nicht gezählt!
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Ergänzung zum Thread über die Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte
Richard Hüttig – Pionier der deutschen Kamerafertigung Frühe Firmengeschichte • Geboren: 10. September 1827 in Leopoldshain, Schlesien
• Beruflicher Werdegang: o Ausbildung zum Tischler in Görlitz o 1856 Umzug nach Berlin, Arbeit bei Hessler, einem Hersteller von Studiokamera-Einzelteilen o 1862 Gründung einer eigenen Werkstatt in Berlin, zunächst mit Kopien französischer und englischer Kameramodelle, später mit eigenen Verbesserungen
Axel:Die sechsstellige Seriennummer weist aber meiner Meinung nach zum Beispiel in Richtung Hüttig. Hüttig hatte bereits 1897/98 erste dieser „amerikanischen Modelle“ im Sortiment – also eigene Kameras nach amerikanischer Konstruktion. Es besteht allerdings bei Hüttig das Problem, dass zwischen 1898 und 1903 keine oder nur unzureichende Informationen bezüglich seiner Modelle vorliegen.
• Expansion und Standortwechsel: o 1887 Umzug nach Dresden mit vier Kollegen, Standortwahl wegen Fotopapierhersteller o Rasches Wachstum durch handwerkliches Können und Geschäftssinn o 1889: Besuch von George Eastman (Kodak), Eastman versuchte, Hüttig für seine unternehmerischen Pläne zu gewinnen—doch Hüttig lehnte ab. nur in Sekundärliteratur erwähnt.
Eastman war auf Expansionskurs mit seiner Eastman Kodak Company, während Hüttig noch stark handwerklich orientiert war.
Hüttig ließ sich von Eastman inspirieren oder war es umgekehrt – was war zuerst da – Huhn oder Ei
• Unternehmensentwicklung: o Sohn Carl Hüttig tritt ein, mehrere Umzüge innerhalb Dresdens o 1897: Umwandlung in die Hüttig AG, Richard geht in den Ruhestand, Carl wird Geschäftsführer o 1904: Angebot von 90 Kameratypen in 400 Varianten o 1906: Hüttig AG mit 800 Arbeitern – größte Kamerafabrik Deutschlands
• Niedergang: o Übermäßige Produktvielfalt führt zu finanziellen Problemen o 1904: Carl Hüttig wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten verurteilt
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo Ingrid,
das ist wirklich wieder ein sehr schönes Stück Kamerageschichte – vielen Dank fürs Zeigen.
Zur Datierung „vor 1900“ hätte ich noch eine Anmerkung: Meines Wissens wurde die Lloyd von Hüttig auf der Pariser Weltausstellung 1900 zum ersten Mal präsentiert. Die Bezeichnung „Lloyd“ meldete Hüttig am 23. März 1900 als Warenzeichen an und die Eintragung des Warenzeichens erfolgte am 18. April 1900.
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo Axel,
leider gibt es kaum Dokumentationen über die Kameras der Firma Hüttig. Soweit ich weiß, gibt es erst einen Katalog ab 1906 und Fragmente 1903. Die Geschichte der Firma Hüttig ist dagegen sehr bekannt und überall nachzulesen. Der Name "Lloyd" ist im Tragriemen eingeprägt.
Vielen Dank für das Bild der Kamera von der Weltausstellung.
Besonders stolz bin ich auf diese so gut erhaltene Kamera. Der Verschluss funktioniert hervorragend. Das Geräusch des Spannens und Auslösens klingt wie Musik - deshalb habe ich auch diese kleine Sequenz eingestellt. Ob die Zeiten stimmen, bleibt dahingestellt.
Jedenfalls bin ich sehr motiviert, mit dieser Kamera Planfilme zu belichten. Bei der Kamera waren auch zwei Doppelkassetten dabei, die schon für die Benutzung mit Planfilm vorbereitet sind.
Jetzt muss ich üben, üben, üben, damit ich den Film im Dunkeln einlegen kann und usw.
Beim zweiten Teil habe ich auf deinen Kommentar zurückgegriffen, dass meine vermeintlich Huth oder amerikanische Kamera von Hüttig stammt. Da Richard Hüttig ein begnadeter Tischler war, hat er bestimmt so eine fingerverzapfter Standarte geschaffen. Die Darstellung der Klappkamera amerikanisches Modell sieht bis auf die Plattendepot? meiner Kamera sehr ähnlich.
Bitte schaue dir mal die Kodak Cartridge No. 4, frühes Modell mit Holzstandarte an. Die Ähnlichkeit ist doch nicht zu übersehen.
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo zusammen,
in der Tat - ein interessantes Stück! Wurde bei den frühen Hüttig-Kameras eigentlich auch schon das Pentagramm als Schutzmarke genutzt, oder gibt es einen anderen expliziten Hinweis auf Richard Hüttig?
Zum Format: Das müsste dann doch tatsächlich 9x12 sein und nicht 4x5‘‘, oder?
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo Rainer,
ich habe die Ergänzung Rollfilmformat 104 eingefügt. Das gleiche Rollfilmformat wie bei der Kodak Cartridge No. 4 mit der Holzstandarte. Dise Kamera ist umso bemerkenswerter, da sie erstaunlich der Hüttig Lloyd mit Holzstandarte ähnelt
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Hallo zusammen,
noch eine kleine Ergänzung: In Photo Antiquaria 162 und 163 gibt es einen zweiteiligen Artikel von Jan Beenken zu Hüttig, in dem auch die Lloyd Rollfilmkameras vorgestellt werden (auch das hier gezeigte Exemplar und die schon im Forum vorgestellte Lloyd mit dem Linhof-Verschluss aus der Sammlung von Jan Beenken werden gezeigt). Der Autor hat auch einen Abschnitt dem Thema „Vorbild Kodak“ gewidmet. Ich zitiere mal daraus: „Hüttig baute allerdings die hier gezeigten Kodak Cartridge Kameras nicht einfach nach. Bei vielen Details, wie dem Stativgewinde oder dem Brillantsucher hat Hüttig stabilere und edler ausgehende Lösungen gefunden. Man könnte diese Hüttig Kameras als Cartridge ‚de luxe‘ bezeichnen.“ Ich selbst habe ein Nachfolgeexemplar der oben gezeigten Kamera, das etwa 1903/04 eingeordnet werden kann und auch wie die Kodak Cartridge dieser Zeit eine Standarte aus Metall besitzt.
Hier noch ein Auszug aus dem Katalog von 1904 (zu dieser Zeit waren die vorderen Gehäusekanten bereits abgerundet).
Re: Hüttig Lloyd Kamera mit Holzstandarte vor 1900 - ein frühes Hybridmodell für Film und Platte
Jan_S:in der Tat - ein interessantes Stück! Wurde bei den frühen Hüttig-Kameras eigentlich auch schon das Pentagramm als Schutzmarke genutzt, oder gibt es einen anderen expliziten Hinweis auf Richard Hüttig? Zum Format: Das müsste dann doch tatsächlich 9x12 sein und nicht 4x5‘‘, oder?
Hallo zusammen,
wie oben erwähnt, ist der Rollfilmtyp 104, speziell für die Cartridge-Reihe und oh Wunder, benutzt Hüttig bei der Lloyd von 1900 die gleiche Spulengröße. Leider klemmt die Spule bei der Kodak fest und ich wollte keine Gewalt anwenden. Die Plattengröße ist 9x12, ich habe bei beiden einen Planfilm eingelegt. Bei den Original-Katalogbeschreibungen von Kodak ist immer die Rede von 5x4 inch.
Im Beitrag s.u. bin ich näher auf den Glasplattenadapter der Kodak Cartridge Nr. 4 mit Holzstandarte eingegangen.