kürzlich kam die Frage auf, inwiefern bei Ernemann-Kameras von der Seriennummer auf das Baujahr geschlossen werden kann. Während bei anderen Herstellern eine Datierung aufgrund bestimmter Nummernkreise oder Buchstabencodes möglich ist, liegt für Ernemann m.W. keine allgemein zugängliche Datenbank vor. Ich habe daher einmal versucht, aufgrund einer (zugegeben kleinen) Datenbasis von 23 eigenen Kameras mit Seriennummern (einige Modelle wie Liliput, Unette usw. tragen offenbar keine) das System der Seriennummern zu rekonstruieren und das Verhältnis von Seriennummern und Baujahren zu ermitteln.
Vorab: Eine zeitliche Bestimmung und Eingrenzung ist aufgrund folgender Indizien möglich:
(a) Bauzeitraum des jeweiligen Modells gem. Katalogen und Sammlerhandbüchern (b) Serienänderungen (z. B. Änderung der Verschlusszeiten bei Schlitzverschlüssen, andere Gestaltung von Bauteilen) (c) Beschriftung (Chronos bis 1925, später Cronos) (d) Warenzeichen (Lichtgöttin bis 1920, EW-Schriftzug um 1921, Malteserkreuz 1920–26) (e) Datierung von Objektiven und Verschlüssen (z. B. CZJ-Objektive mit eindeutigem Baujahr)
Die folgende Tabelle zeigt verschiedene Modelle mit Seriennummer (Gehäuse) in aufsteigender Reihenfolge, die im Zeitraum 1909 bis 1926 angeboten wurden. Erfasst sind neben der Seriennummer der Zeitraum, in dem das jeweilige Modell im Programm war, Merkmale, die eine Bestimmung erlauben (s. oben), sowie Objektivbestückung mit Seriennummer. Zunächst sind dabei nur die Zeiss-Objektive aufschlussreich (grün markiert); Ernemann-Objektive sind wieder ein eigenes Thema... In der rechten Spalte dann ein Datierungsvorschlag. Außreißer sind rot markiert.
Befunde:
– Interessant zunächst einmal die späten Modelle: Die Bobette II wurde erst im letzten Ernemann-Jahr (1926) angeboten, Seriennummern 1.3xx.xxx dieser Größenordnung dürften also auf das Jahr 1926 verweisen. Das gilt auch für die Heag XI 13x18, die bereits das Zeiss Ikon-Logo auf dem Verschluss und ein Objektiv von 1927 besitzt, deren Gehäuse aber noch eine Ernemann-Seriennummer trägt. Auch die Heag V mit der höchsten hier belegten Seriennummer lässt sich ins Jahr 1926 datieren, da ihr Verschluss die Beschriftung Cronos mit <C> aufweist.
– Die Verschlussbeschriftung erlaubt es auch, die Heag VII und IV in den Zeitraum 1925–26 zu datieren. Die Heag XII 9x12 wurde bis 1922 produziert, ihre Seriennummer 1.028.xxx könnte auf das Jahr 1922 verweisen. Dazu passt das nur kurze Zeit verwendete Logo EW auf dem Verschluss. Und: Lt. Göllner (1995, S. 9) wurde im Jahr 1922 die 1.000.000ste Ernemann-Kamera produziert! Dann könnten die Seriennummern also fortlaufende Nummern der hergestellten Exemplare sein. Bei einer größeren Datenbasis könnte man dann die Jahresproduktion für verschiedene Jahrgänge ermitteln, die sicherlich nicht konstant war.
– Ausreißer stellen allerdings die Bob V 4x6,5 und die Film K, 1. Modell dar. Die Bob V erschien erst 1924, ihre Seriennummer müsste daher höher sein. Andererseits wäre für die bis 1920 gebaute Film K eine Seriennummer im Bereich um 700.000 zu erwarten.
– Geht man weiter zurück, zeigt sich bis zur Miniatur-Klapp ein gleichmäßiger Verlauf. Für die Miniatur-Klapp bietet das Produktionsjahr des Tessars einen terminus post quem.
– Kameras aus der zweiten Hälfte der 1910er Jahre gehören einem Nummernkreis 278.xxx bis 348.xxx an. Der Nummernbereich 400.xxx bis 500.xxx ist hier nicht vertreten, das dürfte an der begrenzten Anzahl von Kameras liegen und erlaubt keine weiteren Schlüsse.
– Für die genauere Zuordnung könnten an sich die Nummern der Ernemann-Objektive interessant sein. Hier fehlen aber vorerst weitere Informationen; ich habe den Eindruck, dass nicht chronologisch durchgezählt wurde, sondern einzelne Nummernkreise einzelnen Objektivtypen vorbehalten waren.
Dies mal als erster Aufschlag und Diskussionsanregung; Hinweise, Kritik und weitere Daten sind willkommen!
Urheberrechte 1: Keine Scans von Prospekten, Bedienungs-Anleitungen, Prominentenfotos, Kunstobjekten oder Buch/Zeitschriften-Artikeln, die über begründete Bildzitate hinaus gehen.
Urheberrechte 2: Nur selbst aufgenommene Fotos. Keine Fotos auf und in fremden Grundstücken / Gebäuden / Museen, Ausstellungen, Theatern, usw.
Urheberrechte 3: Textpassagen von fremden Quellen vermeiden, höchstens einige Zeilen deutlich als Zitat erkennbar mit genauer Quellenangabe.
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar oder zuord-bar sind, ohne deren schriftliche Genehmigung (DSGVO). Ebenso keine erkennbaren KFZ-Kennzeichen oder Fragmenten davon! !
Fotos: Für beste Darstellung die Fotos (Thumbnails) unter den Textbeiträgen anklicken.
Der Zähler der Vorschaubilder zeigt NICHT die echte Zugriffszahl, die Bild-Anklicke direkt im Text werden nicht gezählt!
das ist wirklich eine sehr schöne Arbeit! Für meine Begriffe ergibt sich aus den Daten dieser Modelle schon ein sehr gutes Bild (bis auf die zwei Ausreißer). Auf dieser Basis könnte zum Beispiel für die oben aufgeführte kleine Heag XV 2. Modell schon mutmaßen, dass die Datierung eher im Bereich 1914-17 liegen sollte als im Bereich 1918-20.
Da werde ich demnächst mal noch die Daten meiner vier mit beisteuern.
hier nun zur Ergänzung die Daten meiner vier 'Ernemänner':
Wie an anderer Stelle schon erwähnt (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...9&page=2#10), ist beim Schlagen der Seriennummer der Heag XII offensichtlich etwas falsch gelaufen. Soweit sich aus den Nummern von Jan erschließt, wurde eine Seriennummer 1.657.xxx von Ernemann wahrscheinlich nicht erreicht, da die Firma zu diesem Zeitpunkt bereits in der Zeiss Ikon aufgegangen war.
axel:hier nun zur Ergänzung die Daten meiner vier 'Ernemänner':
Klasse, herzlichen Dank! Das passt ja sehr gut zu meinen Daten. Wenn Du einverstanden bist, kann ich die Daten zusammenführen, damit wir die Liste aktuell halten. Vielleicht kommen ja noch Seriennummern hinzu...
Man sieht auch gut, dass die erste 1 etwas abgesetzt und die letzte 5 etwas unsauber ist. Da ist es gut vorstellbar, dass der Bearbeiter (vielleicht an einem Montagmorgen?) angesichts ähnlicher Ziffern durcheinandergekommen ist, die 1 vergessen und nachträglich graviert hat... Die 165.xxx würde jedenfalls gut passen.
Am 20. Oktober 1913 fertigte Ernemann seine 250.000ste Kamera. Wenn die Annahme stimmt, dass die Seriennummern fortlaufende Nummern der produzierten Kameras sind, dann trug die im Text erwähnte Heag VI die Seriennummer 250.000.