[ iIa ] Teil 1: Meyer Domiplan für Exa(kta), die raffinierte Schwester des Meyer Trioplan
An der Kamera:
Daten
Hersteller: Meyer-Optik (VEB Optisch-Feinmechanische Werke Görlitz) Produktion: 1. 1960-1963 (zweites Filtergewinde M 30,5) 2. 1963-1967 (Seriennummer auf Frontring) 3. 1967-1979 (Seriennummer unten gegenüber der Tiefenschärfeskala - das ist das hier gezeigte Objektiv). Produktion zuletzt bei IOR Bukarest in Rumänien. Bauart: Cooke-Triplet (Ihm wird dieselbe Konstruktion zugeschrieben wie dem Meyer-Trioplan) Brennweite: 50mm Blende: 2.8 bis 22 Entfernungseinstellung: 75cm bis Unendlich Vergütung: ja Gütesiegel: "Q", "ausgezeichnete Qualität über dem Durchschnitt des Weltmarktes" Filtergewinde: M49x0.75 Besonderheiten: Blendenautomatik (nicht für Belichtung!), Anschluß für Drahtauslöser zum Abblenden beim Auslösen Länge gemessen: 41,75mm Durchmesser gemessen: 59,7mm Gewicht, gemessen: 153gr Neupreis: ca. 87 DM
Nach 40-53 Jahren noch leichtgängig und sofort einsetzbar:
Bajonettanschluß. Sichtbar sind auch die drei Justierschrauben für die hintere Objektivlinse. Die optische Leistung geht verloren und ist wahrscheinlich ohne messtechnische Ausrüstung nicht wiederherstellbar, wenn sie von eifrigen Bastlern verstellt oder gar entfernt worden waren.
Die Fabriknummer des Objektivs nicht gefunden? Sie ist bei dieser dritten und letzten Version untendrunter, gegenüber der Tiefenschärfenskala:
Fortsetzung und Erklärung der Funktionsweise im nächsten Posting!
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Fortsetzung: Meyer Domiplan für Exa(kta), die raffinierte Schwester des Meyer Trioplan
In der Mitte des letzten Jahrhunderts waren die einäugigen Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven die Königsklasse für den Fotoamateur, konnten sie sich doch auf alle Entfernungen, alle Lichtverhältnisse und mit Tele- oder Weitwinkelobjektiven auch auf alle gewünschten Perspektiven einstellen. Bzw. mussten eingestellt werden. Für den Fall, daß sich hier ein Leser einfindet, der gerade interessiert ein Youtube-Erklärungsvideo angesehen hat, wie ein Wählscheibentelefon zu bedienen war, und jetzt mal gucken will, wie Opa seine Fotos ohne AF und Programmautomatik geschafft hat, hier wird er erleuchtet. Am Beispiel, erstmal, einer Exa Kamera mit einem Objektiv, sagen wir, Meyer Trioplan (siehe dort):
[*]Die Kamera ist um den Hals gehängt und voreingestellt auf "Blende 8, 1/60 Sekunde". Dies ist ein Beispiel, ausgehend von einer Normaleinstellung auf Bl. 11/125stel bei 17 Zehntel Grad DIN Film unter den hellsten anzutreffenden Lichtverhältnissen: Sommer, mittags, wolkenlos, Aufnahme im Freien, davon abgezogen zweie aus lichtmindernden Umständen wie Winter, bewölkt, Aufnahme im offenen Schatten z.B. eines Hauses, Gegenlicht usw. und für jeden solchen Umstand einen Lichtwert (Blende oder Zeit) auf "heller" gewählt.
[*]Die Entfernung ist voreingestellt entweder auf die hyperfokale Distanz, bei der der Tiefenschärfenbereich gerade bis "Unendlich" reicht, während die näheste mögliche Entfernung von der Blende abhängt - beispielsweise ab sechs Meter bei einem 50mm Objektiv und Blende 8. Die Alternative ist die "Schnappschusseinstellung", die oft mit einem farbigen Punkt auf der Entfernungsskala empfohlen wird, etwa 2-5 Meter bei Blende 8, wenn die Einstellung auf ca. 2.80 Meter erfolgt. Die Voreinstellung ist ideal für Schnappschüsse, bei denen keine Zeit für eine bedächtige Scharfstellung ist.
[*]Der Film ist weitergedreht, somit der Spiegel in 45-Grad-Aufnahmeposition gestellt. Der Lichtschacht ist ggf. geöffnet, die Sucherlupe herausgeklappt.
[*]Jetzt zeigt sich ein Motiv (der Hund springt nach dem Ball). Man reisst die Kamera an's Auge, wobei bereits während der Bewegung der Finger sich auf dem Auslöser positioniert, zielt (und vergisst nicht, die Kamera gerade zu halten) und drückt ab. Das Auslösen bei "Schnappschusseinstellung" ohne gemessene und festgelegte Entfernung plus Belichtung erforderte Nerven wie Stahl, kostete doch ein Film schon ein paar Mark, die Entwicklung und Abzüge noch mehr davon. [*]Der Spiegel klappt hoch, der Sucher wird dunkel. Gleich wird mit dem Schnellschalthebel die Kamera für die nächste Aufnahme bereit gemacht.
[*]Ist die Zeit nicht zu knapp (die Dampflok, die man fotografieren wollte, fährt gerade erst in's Bild), kontrolliert man im Hochnehmen der Kamera, ob die Blende auf "offen" steht, weil das Bild sonst auf der Mattscheibe keine definierte Schärfezone zum Einstellen zeigt, und ergreift mit der anderen Hand den Entfernungsring, um scharfzustellen. Die Belichtungszeit hat man bereits mit einem Blick kontrolliert und sich anhand der Situation für eine passende Aufnahmeblende entschieden. Nach der Scharfstellung stellt man die Aufnahmeblende ein, zählt also beim Trioplan die Rasten (zwoneun, vier, fünfsechs, acht Halt). Nun kann man auslösen. Aufnahme: Exa 1, Trioplan, 8.9.1965, Blende 8, 1/60sec, Crop:
[*]Zu diesen Zeiten hat man sich nicht über einen lahmen Autofokus beschwert, der 1.1 Sekunden herumsuchte, sondern vorige Schritte monatelang geübt, bis man das Foto in weniger als einer Sekunde, vom Ergreifen der Kamera bis zur Auslösung, bewerkstelligen konnte.
Wie kann man nun die zeitraubende Prozedur: "Volle Blende - Schärfe auf der Mattscheibe einstellen - abblenden auf Aufnahmeblende - nach dem Auslösen wieder aufblenden" einsparen? Heutige Spiegelreflexobjektive haben dafür einen Blendenübertragungshebel, der im Bajonett von der Kamera betätigt und nach der Auslösung wieder freigegeben wird. Beim Exakta-System hat man den Auslöser links vorne an die Vorderseite der Kamera gesetzt:
Bei eingesetztem Objektiv kommt der Ausleger über den Kameraauslöser zu liegen:
Jetzt klärt sich endlich das Rätsel, warum das Domiplan einen Ausleger hat. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft haben, aber sie haben es geschafft: der winzige Auslösehub reicht ohne nennenswerte Kraft aus, um die Irisblende auf den eingestellten Wert zu schließen, auch noch nach 40-50 Jahren. Losgelassen, geht der Ausleger wieder nach vorne und die Blende öffnet.
Alternativen: Meyer Domiplan, die raffinierte Schwester des Meyer Trioplan
Bemerkung: zum gleichen Preis wie das Trioplan gab es für die Exa das Meritar 50mm f2.9, bei dem man keine Rasten zählen musste, sondern einen Anschlag für die Aufnahmeblende einstellen konnte. Seine Schärfe war, jedenfalls laut einem hochinteressanten Systemvergleich auf http://allphotolenses.com/reviews/item/c_11.html, jetzt nicht so der Bringer. Ausserdem hatte es weniger Blendenlamellen, ging nur bis Blende 16 statt 22 und seine Nahgrenze war 75 statt 60cm. Ich hatte mich damals für das Trioplan entschieden. Richtig teure Objektive hatten dagegen eine Springblende, die vor der Aufnahme gleich auf die Aufnahmeblende gestellt und dann gespannt wurden. Dabei öffnete sich die Blende voll zum Einstellen und schloß sich erst beim Druck auf den Auslöser.