[ iIa ] Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo zusammen,
verschiedene Reflektas (K und II) wurden ja schon vorgestellt. Hier haben wir nun einen Urvater der Reflektas (und der Weltaflex): die Reflecta vom Kamera-Werk C. Richter Tharandt. Die Entwicklung dieser Kamera begann 1930 im ‚Camera Werk Ferdinand Merkel Tharandt‘. Nachdem Merkel 1932 Konkurs anmelden musste übernahm Fritz Richter mit seiner Frau Charlotte das Werk und führte auch die Entwicklung dieser zweiäugigen Spiegelreflexkamera weiter.
Die Reflecta konnte zur Jahreswende 1933/34 fertiggestellt werden. In den folgenden Jahren wurde diese Kamera in Tharandt recht erfolgreich produziert und unter verschieden anderen Bezeichnungen auch im Ausland feilgeboten (Vitaflex, Trumpfreflex, Wirgin, Candid Reflex, Rica Flex). Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Tharandter Betrieb enteignet und als volkseigener Betrieb ‚Kamerawerk Tharandt‘ (KWT) weitergeführt. 1950 erfolgte die Angliederung des KWT an den VEB Welta-Kamera-Werke in Freital. Fritz Richter ging nach der Enteignung seines Betriebes in den Westen und gründete im westfälischen Barntrup die “Lippische Kamerafabrik Barntrup”. Soweit die zusammengefasste Geschichte aus dem WWW.
Das hier vorgestellte Exemplar ist voll funktionstüchtig, wurde aber von irgendeinem Vorbesitzer im Kamerainnenraum mit schwarzem Velourspapier ausgekleidet. Das verwendete Objektiv und vor allem die etwas abweichende Ausführung des Typenschildes deuten darauf hin, dass es sich um eins der frühen Exemplare handelt.
Hier die Daten:
Kamera-Werk C. Richter Tharandt Reflecta mit Fotar
Art: zweiäugige Spiegelreflexkamera (TLR) für Rollfilm 120 (Negativformat: 60 x 60 mm)
Objektiv (Aufnahme): Anastigmat Fotar 7,5 cm f/4.5 F (#164443)
Objektiv (Sucher): Anastigmat Fotar 7,5 cm f/4.5 F (#164441)
Verschluss: Pronto, Gauthier Calmbach, T-B-25-50-100, mit Drahtauslösergewinde und Zeitauslöser
Blende: 4.5, 6.3, 9, 12, 18
Fokussierung: Fokussierung mittels des Hebels unterhalb des Verschlusses (Radialhebel), beim Betätigen fahren beide Objektive aus und ein, ca. 1,2 Meter bis unendlich
Gehäuse: Metallgehäuse mit schwarzem Lederbezug
Sucher: aufklappbarer Spiegelreflexsucher
Filmtransport: mit Drehrad
sonst. Ausstattung: Stativgewinde 3/8 Zoll am Boden, 3 Filmkontrollfenster
Bemerkungen: Frontschild „Reflecta“ in Schreibschrift (alte Variante?), innen mit schwarzem Velours ausgekleidet (nicht original), Stempel in Bereitschaftstasche „Photo-Atelier E. Landrock PLAUEN I.V., Beethovenstr. 14 Telefon 1301“
Maße, Gewicht: 90x85x130 mm, Gewicht ohne Film: 665 g
iIa Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo Axel,
vielen Dank, sehr interessant! Ich habe den Beitrag zum Anlass genommen, mal meine beiden Exemplare hervorzuholen und zu vergleichen. Vor mir liegt ebenfalls ein Exemplar mit drei Rotfenstern; es muss aus der Zeit stammen, als noch nicht alle Filmhersteller Markierungen für das Format 6x6 vorsahen und man sich mit der 6x9-Beschriftung behelfen musste. Kennzeichen dieser ersten Modelle könnte sein, dass der Sucherdeckel plan ist und es keine Sucherlupe gibt. Ist das bei Deinem Exemplar auch so?
Dann habe ich eine Beobachtung gemacht: Der Verschluss bei meinem Exemplar hat ebenfalls ein art-déco-Design, es ist aber kein Gauthier-Verschluss. Da fiel mir ein, dass es vor einiger Zeit eine Zusammenstellung Herstellerlogos auf Verschlüssen gab (https://blende-und-zeit.sirutor-und-comp...&thread=183) – und siehe da, es handelt sich offenbar um einen Verschluss aus Freital – von Stein & Binnewerg. Ich wusste gar nicht, dass ich so etwas besitze – an dieser Stelle vielen Dank für diesen Hinweis!
Ein zweites Exemplar zeigt eine Wölbung im Sucherdeckel, hier gibt es auch eine Sucherlupe, die mit dem seitlichen Hebel ausgeklappt wird, und eine Schärfetiefentabelle. Dieses Exemplar hat ein Rotfenster für die 6x6-Beschriftung und ist sogar mit einem Panschieber ausgestattet. Als Objektiv ist ein "Brillantar" 3,5/7,5 in Compur verbaut. Die Beschriftung für 6x6 muss Mitte der 30er Jahre aufgekommen sein. Ansonsten ist die Kamera weitgehend gleich, nur der Fokusgriff ist etwas kräftiger ausgeführt.
Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo zusammen,
bei der Einarbeitung der Kamera in das Online-Verzeichnis ist mir wieder mal klar geworden, dass gerade die Reflecta / Reflekta - Modelle nicht ganz einfach den Firmierungen KWT / Welta / VEB Reflekta Tharandt (mit und ohne VEB) zugeordnet sind. Auch die Schreibweise mit C oder K bringt weitere "Verwirrung".
Ich werde versuchen, das genauer in den Online-Verzeichnissen zuzuordnen.
Beste Grüße von Haus zu Haus Rainer (Forumbetreiber)
Analog: Aus Negativ wird Positiv. Digital: Pixel sind nicht alles, aber ohne Pixel ist alles nichts.
Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo Jan,
das sind ja auch zwei schöne Exemplare! Danke fürs Zeigen!
Meine Kamera hat ebenfalls einen flachen Deckel und verfügt nicht über die später übliche Einstelllupe. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Kameras mit drei Filmkontrollfenstern die älteren Exemplare sind. Zur Umstellung auf Mitteldruck für Format 6x6 auf dem Filmpapier habe ich anbei noch einen interessanten Artikel von Juli 1937 angefügt.
Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo Axel,
axel:Zur Umstellung auf Mitteldruck für Format 6x6 auf dem Filmpapier habe ich anbei noch einen interessanten Artikel von Juli 1937 angefügt.
Das ist ja sehr interessant – herzlichen Dank! Damit gibt es einen echten terminus post quem – bislang kannte ich nur eher vage Angaben, wonach die Beschriftung für 6x6 Mitte der 30er Jahre üblich wurde. Da sind die Filmhersteller wohl unterschiedlich verfahren; mit der Normierung wurde das dann verbindlich. Spannend. Was ist denn "FW" für eine Zeitschrift?
iIa Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta, Vitaflex, Varianten
Hallo Foristi,
ich hole diesen Beitrag mal wieder nach Oben da ich heute eine Vitaflex von Richter erhalten habe.
Diese ist in einem nicht so schönen Zustand, wird aber demnächst wieder aufgehübscht. Interessanterweise befindet sich ein Inventarschild an der Seite aufgenietet. Kann evtl. jemand von euch dieses Schild zuordnen?
Hersteller , Baujahr: Richter (Welta), Vitaflex Format: 6x6, 120 Film Objektiv: Pololyt 3,5. 1 Meter bis unendlich Verschluß: Stelo. T, B, 1/100, 1/50, 1/25 Sek. Blenden: 3.5, 4.5, 6.3, 8, 11, 16, 22, 32 Baujahr: ca 1940
Re: Kamera-Werk C. Richter Tharandt, Reflecta und Varianten
Hallo Benni,
ich kann das Schild nicht zuordnen, aber LMB war früher im Osten eine gebräuchliche Abkürzung für Leichtmetallbau. Da gab es verschiedene "VEB LMB" - zum Beispiel in Berlin oder in Dessau. War aber auch gebräuchlich für Landmaschinenbau - da ist die Zahl der ehemaligen VEBs wesentlich unübersichtlicher. Vielleicht passt das ja?